CHROME DIVISION - One Last Ride

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VÖ: 16.11.2018
Bandinfo: CHROME DIVISION
Genre: Heavy Rock
Label: Nuclear Blast GmbH
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Lineup  |  Trackliste

Motorräder, Lederklamotten, dicke Zigarren und leicht bekleidete Frauen – bevor DIMMU BORGIRs Shagrath Black Metal und Orchester irgendwann aus den Ohren rausgekommen wären, hatte er beschlossen, mit einem Side-Projekt namens CHROME DIVISION mal so richtig Rock & Roll-mäßig die Sau rauszulassen. Der Bandleader genieße es, mit CHROME DIVISION „mal etwas völlig anderes zu machen“ – trotzdem soll nun nach fünfzehn Jahren Schluss sein. Nach dem fünften Album „One Last Ride“ und einer letzten Tour werden Shagrath's Doomsday Rider ihre Motorräder in die Garage stellen.

Die Rückkehr des Reibeisen-Eddie

Die Vocals auf „One Last Ride“ kommen von keinem Geringeren als Eddie Guz, CHROME DIVISIONs ursprünglichem Fronter, der auch auf den ersten beiden Alben zu hören ist. Nachdem sein Nachfolger (und Vorgänger) Shady Blue die Band wieder verlassen hatte, holte man erneut den Ur-Sänger an Bord, um so den Kreis zu schließen. Dies ist für mich der erste Pluspunkt – Shady Blue hat zwar ohne Zweifel einen tollen Job gemacht, aber die versoffen und verquarzt klingende Reibeisenstimme von Eddie Guz war und ist einfach Teil der Identität CHROME DIVISIONs und hat dazu einen besonderen Reiz. Passend dazu gibt es auf „One Last Ride“ wieder manch prolligen Text: Zeilen wie „So fragile, so innocent, so pure, I’m gonna ruin it all for sure!“ sprechen für sich. Auch dies schreibe ich auf die Haben-Seite von „One Last Ride“, denn für wen das zu platt oder jenseits des guten Geschmacks ist, der war bei CHROME DIVISION ohnehin von Anfang an auf dem falschen Dampfer. Und dort, wo der Vorgänger „Infernal Rock Eternal“ nach Reife strebte und zuweilen mit angezogener Bremse fuhr, driftete man auch leider ein wenig in Richtung einer x-beliebigen Rockband ab. Insoweit freut diese Entwicklung, mit der man die Band auch wieder ein Stück weit als Spaßprojekt identifizieren kann.

Ist alles Chrom, was glänzt?

Spaßprojekt heißt auch, ordentlich abzurocken und Musik zu machen, die auf jeder feucht-fröhlichen Party die Stimmung hebt. Genau das können CHROME DIVISION und feuern direkt nach ihrem Desperado-Intro „Return From The Wastelands“ ein Triumvirat starker, partytauglicher Rocksongs ab. Neben dem bereits zitierten „So Fragile“ kann auch „Walk Away In Shame“ begeistern, bei dem man durch den selbstbewussten Gesang von Popsängerin Miss Selia nicht so recht verorten kann, wer nun morgens den Schlampengang begeht. „Back In Town“ lässt mit poetischen Versen wie „With whiskey in the morning and ladies every night I’m gonna kick some ass tonight“ Fans der Erstwerke Freudensprünge machen. Der Titelsong hat Ohrwurmcharakter und so manche Solopassage von Mr. Damage lädt zum Ausrasten ein, aber auch „One Last Ride“ läuft nicht ungebremst bis zum Ende durch.

So finden sich neben den erwähnten Spaßgranaten auch Songs, die erst nach einiger Zeit zünden und nicht so mitreißen, wie die Nummern davor (z. B. „Dead To Me“). Auch „I'm On Fire Tonight“, das es in der Limited Edition auch in der spanischen Version „Esta Noche Va A Quemar“ gibt, scheint zumindest stellenweise an Ladehemmungen zu leiden. Denn nach einer treibenden Strophe mit packenden Riffs muss man eine Ansage wie „I’m On Fire Tonight“ mit Feuer und Enthusiasmus in die Welt hinaus brüllen. Hier allerdings nimmt man CHROME DIVISION die namensgebende Aussage nur bedingt ab, weil der Drive fehlt und das Ganze ein wenig nach „I’m On Sparflamme Tonight“ klingt. Auch das ansonsten lustige „We Drink“ schwächelt in diesem Punkt.

Ebenfalls auf der Soll-Seite steht für mich der Sound, den ich mir bei CHROME DIVISION etwas ausgefeilter erhofft hätte. Neben der leisen Aufnahme wirkt der Sound im Gesamtbild etwas zu basslastig und dumpf. Die Gitarren hätten sich über mehr Zähne gefreut (more dirt, please) und bei ungestümen Passagen rauschen zudem die Becken. Sowas muss doch heutzutage nicht mehr sein und hat in der Vergangenheit schon besser funktioniert.

Nach einigen Durchläufen zünden aber schlussendlich fast alle Songs. In musikalischer Hinsicht ist am Ende also doch alles Chrom, was glänzt. Deswegen gäbe es für das Album an sich auch guten Gewissens vier Punkte. Aber soundtechnisch haben sich die infernalischen Biker leider einen Platten gefahren, über den man auf Dauer nicht weghören kann. Denn mit der Zeit und besonders in einer bunt gemischten Playlist drückt dieser Punkt etwas auf die Spaßbremse.

CHROME DIVISION verabschieden sich mit pompöser Orchestermusik „Towards The Unknown“

Ob es nun an der Rückkehr von Eddie Guz liegt oder ob die Doomsday Rock & Roller einfach nur Lust auf eine letzte Runde Drecksau-Rock hatten – auf „One Last Ride“ zeigen sich CHROME DIVISION wieder von ihrer „besten Seite“. Es gibt zwar weniger die Testosteron-Overkills der Erstwerke, dafür aber mehr mitreißendes Pentatonikgehopse und wieder eine gute Portion prolligen Rock & Roll. Die Norweger erheben dabei nicht (mehr?) den Anspruch, als allzu erwachsene Band wahrgenommen zu werden und das macht Spaß. Insofern ist es auch traurig, dass sie ihre Motorräder in die Garage stellen und man wünscht sich, dass es nicht für immer sein wird. Ob es dabei bleibt, wird die Zeit zeigen, aber für heute heißt es erst einmal: „but tonight it all feels alright, it’s time for one last ride“.



Bewertung: 3.5 / 5.0
Autor: Lord Seriousface (17.11.2018)

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