VOLA - Applause Of A Distant Crowd

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VÖ: 12.10.2018
Bandinfo: Vola
Genre: Modern Metal
Label: Mascot Records
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Lineup  |  Trackliste

Erst letztens noch hat sich Mårten Hagström von MESHUGGAH - wohl auch etwas ironisch - dafür entschuldigt, dass man das Djent-Genre erschaffen hat, da kommen ausgerechnet die Dänen VOLA, die zuletzt mit "Inmazes" aufhorchen liessen, mit ihrem Zweitwerk "Applause Of A Distant Crowd" und zeigen damit, dass man, anstatt wie ein Großteil dieser Subkultur zu den immergleichen Rhythmen, banalen Vocals und Alibi-Melodien davonzutreiben, das, was die Schweden dereinst erfunden haben, mit einer Prise Courage auch in völlig unbekannte Sektoren vorantreiben und dabei der unverkennbaren Einflüsse zum Trotz einen autarken Stil entwickeln kann. Die Euphorie bezüglich VOLA ist also nicht ganz unbegründet, aber gehen sie mit ihrer Experimentierfreudigkeit dieses Mal eventuell sogar ein oder zwei Schritte zu weit?

Hat man auf besagtem "Inmazes" noch relativ klare Grenzen gesetzt bzw. die metallische Komponente entgegen all der anderen Einflüsse klar pointiert, verschmilzt all das auf "Applause Of A Distant Crowd" zu einer homogeneren Klangwelt, in der stärkere Kontraste in Kauf genommen und die Gitarrendominanz für ein stimmigeres Gesamtbild aufgebrochen werden. Das heißt übersetzt, dass man nur noch selten an eine MESHUGGAH-mit-Klargesang-Variante denken muss und stattdessen in der vollendeten Eigenständigkeit angekommen ist. Damit habe ich genau dann meine leichteren Komplikationen, wenn "Ghost" trotz der energisch-eingängigen Hook ein bisschen zu sehr am frisch gefällten Süßholz raspelt oder der Titeltrack die euphorischen Elektro-Klänge von "Still" zum Anlass nimmt, noch deutlich positivere Vibes verbreiten zu wollen. Vielleicht ist das in Kombination mit der zeitkritischen Literatur hinter dem instrumentalen Grundstein auch als Zynismus zu werten, aber mir persönlich ist das dann doch eine Spur zuckerig.

Nichtsdestotrotz lebt "Applause Of A Distant Crowd" von genau diesen bipolaren Stimmungswechseln, die Texte sind intelligenter Natur und grundsätzlich überwiegen die positiven Momente doch stark; zumal man trotz der vielen eingebrachten Stilistiken einen roten Faden erkennen kann, der die zehn Songs auf einen Nenner bringt und die kleineren Probleme weitestgehend vergessen machen kann. Ich kann mich schlichtweg nicht entsinnen, wann ich in diesem Subgenre zuletzt so viel Kreativität zu hören bekam wie auf diesem Album und dennoch entsteht nicht der Eindruck, als handele es sich hierbei um eine Compilation. Der Opener "We Are Thin Air" kombiniert beispielsweise den harten Djent-Sound mit Alternative Rock und sphärischem Ambient, in "Smartfriend" gibt es teils gerappte Vocals zu Electronica, die ein bisschen an die schwedische EBM-Legende COVENANT erinnert, "Ruby Pool" umgarnt einen mit luftigem Dreampop, "Whaler" groovt einfach nur derbe und in "Alien Shivers" wird man abwechselnd mit metallischen und elektronischen Wellen überströmt.

Das alles gelingt deshalb so gut, weil VOLA offenbar ein natürliches Gespür dafür haben, was zusammenpasst und was nicht - und sicherlich auch das Talent, das so stimmig umzusetzen, wie man es auf "Applause Of A Distant Crowd" miterleben darf. Besonders beeindruckend ist für mich in diesem Zusammenhang "Vertigo", das auf abweisend-kalten, düsteren Ambient, vereinzelte Gitarrenharmonien und Myginds Gesang reduziert wurde und KATATONIA Meisterwerke à la "Departer" oder "Vakaren" reminisziert. Auf diesem Album ziehen sich vermeintliche Gegensätze also an und formen daraus das, was man nur selten für möglich hält: eine weitestgehend unerforschte Klangwelt. Für mich ist das der Inbegriff von Progressive und so lassen sich auch kleinere Unzulänglichkeiten locker verschmerzen. Denn in seiner Gesamtheit ist "Applause Of A Distant Crowd" schon ein ziemlich faszinierendes Erlebnis voller authentischer Emotionen, das in den letzten Wochen auch durch einen hohen Wiederspielwert überzeugen konnte.



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Pascal Staub (10.10.2018)

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