OMNIUM GATHERUM - The Burning Cold

Artikel-Bild
VÖ: 31.08.2018
Bandinfo: OMNIUM GATHERUM
Genre: Melodic Death Metal
Label: Century Media Records
Hören & Kaufen: Amazon
Lineup  |  Trackliste

Wirklich überzeugt hat mich "Grey Heavens", das bislang letzte Album der Finnen OMNIUM GATHERUM, bis heute nicht. Anstatt sich auf die eigenen Vorzüge, die sich davor immer in der etwas progressiveren Melodieführung und der gediegen-melancholischen Grundstimmung der Kompositionen finden liessen, zu konzentrieren, klang man an zahlreichen Stellen leider zu sehr nach INSOMNIUM (bei denen Markus Vanhala ebenfalls mitwirkt) sowie anderen finnischen Genrebands und zu selten nach OMNIUM GATHERUM. Einen Deal bei Century Media Records konnte man wohl auch aufgrund der bis dahin trotzdem immer interessanten Diskografie trotzdem unterzeichnen und nun schickt sich "The Burning Cold" zumindest bei mir an, den schwächelnden Vorgänger (hoffentlich) vergessen zu machen und neben KALMAHs "Palo" das zweite Finnland-Melodeath-Highlight des Jahres 2018 zu platzieren. Zu hohe Anforderungen oder müheloses Unterfangen?

Ein guter Indikator dafür, ob ein neues OMNIUM GATHERUM Album überzeugen kann, war in der Vergangenheit meistens der Einstieg, mit dem das Quintett stets gerne die musikalische Route vorgab. Wie schon auf "Beyond" setzt man dieses Mal wieder auf ein sphärisch-besonnenes Intro ("The Burning"), das den Charakter der Band besser als der unpassende Waffensound des Vorgängers widerspiegelt und das Album bedachtsam, also wie man das eigentlich von ihnen gewohnt ist, aufbaut. Das heißt aber gleichzeitig nicht, dass man die bekannte Formel in den Kopierer befördert hat: Schon im darauf folgenden "Gods Go First" zeigt sich vor allem Keyboarder Aapo Koivisto besonders risiko- und experimentierfreudig, indem er dem klassischen Melodic Death-Konstrukt einen starken 80's-Disco-Vibe überträgt und damit nicht nur eine anregende Single, sondern auch einen unproblematischen Auftakt garantiert. Ebenfalls eher ungewöhnlich: Die mit ihren Akustikgitarren an IN FLAMES' "Whoracle"- und "Colony"-Zeiten erinnernden "The Frontline" und "Cold", deren Riffs, Melodiebögen und Soli ebenfalls aus der 90er-Jahre Göteborg-Schule abstammen könnten. Ob gewollt oder ungewollt - ein gelungener Tribut.

Davon abgesehen gibt es aber auch genügend klassisches OMNIUM GATHERUM Material höherer Güteklasse zu entdecken. Ohne Scheuklappen oder irgendwelche vorgeschriebenen Gesetze darf in den ruhigeren "Rest In Your Heart" und "Be The Sky" auch mal klar das melancholische Keyboardspiel im Zusammenspiel mit den eingewobenen Gitarrenharmonien dominieren, was in diesem Fall, wie auch schon bei früheren, ähnlich ausgerichteten Songs, zu einem zuverlässigen Albumhighlight. Dazu gibt es mit "Refining Fire" den üblichen Melodeath-Kracher und mit "Over The Battlefield" sowie "The Fearless Entity" auch wieder die dezent progressiven, vielseitigen Arrangements zwischen atmosphärischem Unterbau, verspielten Soloparts, immer noch klischeefreiem Klargesang und wuchtigem Riffing. Damit sichern OMNIUM GATHERUM automatisch ihren gewohnten Abwechslungsreichtum und zeigen in der qualitativen Steigerung (nicht nur im Vergleich zum Vorgänger) bzw. in den flüssigeren Übergängen und dem Selbstbewusstsein auch, wie sehr man sich seit dem Debüt "Spirits And August Light" als Songwriter und auch als Techniker weiterentwickeln konnte. Da stört es auch kaum, dass man mit "Planet Scale" den typischen kleineren Durchhänger, den man bisher selbst auf den besten Alben immer hatte, in das Jahr 2018 transportiert.

Man könnte auch sagen, dass OMNIUM GATHERUM auf "The Burning Cold" das perfekte Kontrastprogramm zu den KALMAH'schen Sumpfwanderungen oder die gerne mal tödlich endenden Ausflüge an den Bodominjärvi zelebrieren; quasi das musikalische Äquivalent zu einem entspannten, spätherbstlichen Tag an der finnischen Küste mit stimmungsvoller Klangkulisse. Keine Spur mehr vom Einheitsbrei eines "Grey Heavens", dafür aber umso mehr Anzeichen, dass OMNIUM GATHERUM wieder voll auf Kurs sind und die Szene wieder mit ihrer eigenständigen Suomi-Melodeath-Melange bereichern. Und wer die Chance haben sollte, einem Konzert dieses Fünfers beiwohnen zu können, sollte diese unbedingt wahrnehmen, denn: die Spielfreude und sympathische Ausstrahlung dieser Herren sind schlichtweg ansteckend. Dass man dort dann "The Burning Cold" abgreifen sollte, versteht sich von selbst. Gerne aber auch schon davor!



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Pascal Staub (03.09.2018)

ANZEIGE
ANZEIGE