FOLLOW THE CIPHER - Follow The Cipher

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VÖ: 11.05.2018
Bandinfo: FOLLOW THE CIPHER
Genre: Power Metal
Label: Nuclear Blast GmbH
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Lineup  |  Trackliste

Ken Kängströms Soloprojekt ist nun endlich da. Und es hat sogar so viel Power, dass es gleich zu einer vollwertigen Band herangewachsen ist. Sagen Band und Label. Ken wer? Fragt ihr zurecht? Kängström wird nur den absoluten SABATON Puristen unter euch etwas sagen, war er federführender Songwriter bei insgesamt drei Stücken (unter anderem "Carolus Rex") und Aushilfsgitarrist während der Studiosessions zum Album "Heroes". Joah, öhm, das wars dann auch schon im Großen und Ganzen mit der bisherigen Vita Kängströms. Seinem "lang erwarteten" Soloprojekt, was zur "Band herangewachsen" ist, darf man also definitiv kritisch gegenüberstehen. Es riecht alles schwer nach zusammengecastetem Sammelsurium, um noch mehr Momentum aus der, nennen wir sie "Recent Wave Of Scandinavian Power Metal" (das Adjektiv "New" verwende ich bewusst nicht...auch der Begriff "Metal" darf angezweifelt werden), herauszuquetschen. SABATON, BLOODBOUND, BATTLE BEAST, BEAST IN BLACK. AMARANTHE und Konsorten haben unabstreitbar Erfolg dieser Tage, wieso also nicht noch mehr davon? Und so klingen FOLLOW THE CIPHER auf ihrem Debüt exakt wie eine Melange aus genannten Kapellen, ohne auch nur irgendeinen Funken Eigenständigkeit.

Schauen wir zunächst auf den Rest der Mannschaft. Drummer Karl Löfgren kann Credits als Live Schlagzeuger bei BLOODBOUND einheimsen, Jonas Asplind hat Erfahrung in der ebenfalls wie SABATON aus Falun stammenden Power Metal Band ORPHAN GYPSY. Gitarrist und Sänger Viktor Carlsson und Frontdame Linda Toni Grahn sind relativ unbeschriebene Blätter. Auf dem selbstbetitelten Debüt ist die Leistung der einzelnen Teilnehmer praktisch gar nicht zu beurteilen, da man ausschließlich Trigger, Autotune, Preamping und mindestens 50 Spuren an Sample und Keyboard-Gekleister zu hören bekommt. Was in dieser Fülle stuzig macht, da es im Line Up gar keinen festen Keyboarder gibt. FOLLOW THE CIPHER klingen dermaßen steril, dass dagegen selbst AMARANTHE wie eine ambivalente Band wirkt. Blockbuster-Bubblegum-Pop eben, durchproduziert, bis die letzte musikalische Seele panisch geflohen ist. Die Stücke an sich sind kompositorisch demnach auch kaum der inhaltlichen Analyse wert. Darf man sagen und könnte man auch so stehen lassen. Zumindest aus Sicht eines puristischen Metalheads.

Wenn wir uns jetzt gedanklich in Gelegenheitsrocker, Pop-Fanatiker und Anhänger von "Gateway" oder auch Einsteiger Bands versetzen, dann werden wir auf jeden Fall den ein oder anderen Hit entdecken. Fangen wir beim Intro und Quasi-Titelstück "Enter The Cipher" an, welches mit einer sommerlichen Hookline und ein paar dezent drückenden Modern Metal Riffs aufwartet. "Valkyria" arbeitet mit allerhand Metalcore-Elementen, während "A Mind's Escape" zumindest in der Strophe und dank Carlssons Zweitstimme ein wenig an KORN erinnert. Zumindest bis der zuckersüße Refrain das ganze wieder in die Ausgangsposition zurückschleudert. A propos zuckersüß: Das ist eine Disziplin, die Kängström noch besser beherrscht als seine Kumpels bei SABATON. So generisch die Refrains von "My Soldier" und "Winterfall" auch klingen, sie zünden. Wer Melodic Metal liebt, der wird bei FOLLOW THE CIPHER und ihren Hooks auf alle Fälle fündig. Außerdem sind manche Songs perfekt für die Live Situation konzipiert. Man kann sich bildlich vorstellen, wie Linda Toni Grahn die Massen zu "Winterfall" zum Springen auffordert, während bei "Titan's Call" schunkelnd die "Oh-Oh-Oh"-Chöre mitgerölt werden. Ja, das funktioniert. Und Hand aufs Herz, so weit ist das Ganze in diesem Fall von BATTLE BEAST nicht entfernt. Gut, Linda Toni Grahn muss sich Live noch beweisen, da man auf dem Album faktisch nicht erkennen kann, wie viel Leistung sie eingebracht hat. Das geübte Ohr hört auf jeden Fall einige Autotunes heraus. Aber das sind dann die wenigen Lichtblicke, welche man aus oben beschriebenen Blickwinkel erkennen wird. Ach ja, "Starlight" hat sogar ohne gespielte Pop-Affinität das Zeug zum guten Song, da hier die Kontraste zwischen Härte und Melodie gut abgepasst sind, die melodischen Passagen aber gleichsam nicht zu altbacken und ausgelutscht klingen. Zum Abschluss dann das beinahe obligatorische SABATON Cover zu "Carolus Rex", welches man nicht als Bonus Track, sondern als tatsächlichen Bestandteil des Albums mit aufnimmt. Kann es was? Ja, kann es! Das Original ist aber auch nicht schwer zu übertreffen...

Fazit: Seelenloses, überproduziertes Modern-Melodic-Pop-Metal Album, was ganz stark nach Casting riecht. Die durchaus griffigen Hooks werden den Melodic Puristen, Einsteigern und Gelegenheitshörern gewiss ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Aber mit Metal hat das Ganze derzeit noch genau so wenig zu tun, wie mit ehrlicher Musik. Aber wir werden sehen, was die Zukunft bringt und ob es für FOLLOW THE CIPHER nach dem ersten Album und Tour Zyklus weitergeht, beziehungsweise wohin der Weg gehen wird. Ansätze sind vorhanden, sie müssen nur auch genutzt werden.



Bewertung: 2.0 / 5.0
Autor: Christian Wilsberg (04.05.2018)

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