CYPECORE - The Alliance

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VÖ: 16.02.2018
Bandinfo: CYPECORE
Genre: Melodic Death Metal
Label: Cargo Records
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Lineup  |  Trackliste

Melodic Death Metal ist ja schon ziemlich ausgelutscht, wenn wir einmal ehrlich sind. Drölfzigtausend Schwedenmelodische Klone buhlen, mal mehr, mal weniger gut, um die Gunst der Hörer eines teils schon übersättigten Genres. Die Größen der melodischen Todesmetall-Schublade verstricken sich in endlose Wiederholungen oder brechen gar zu gänzlich anderen Genre-Ufern auf, während manch kleinere Gruppe frustriert das Handtuch wirft. Um noch echte Innovation zu finden, müssen wir uns in die ferne Zukunft begeben. Genauer gesagt ins Jahr 2133, in dem sich die menschliche Rasse nach dem dritten Weltkrieg beinahe vollständig eigenhändig ausgelöscht hat. Weite Teile der Erde sind zerstört und radioaktiv verseucht und die wenigen Überlebenden sind nur noch mithilfe synthetischer Ersatzteile lebensfähig. Die spärlichen Ressourcen sind von hochtechnisierten Schwadronen hart umkämpft und mitten in diesem postapokalyptischen Szenario hämmern die Beats von CYPECORE den Soundtrack des Weltuntergangs.

Nach einem cineastischen Intro wird der Hörer mitten in das Kampfgeschehen geworfen, pfeilschnell-hämmerndes Riffing prasselt wie die Kugeln eines Maschinengewehrs auf einen ein - „We are the Alliance!“, erschallt das Gebrüll der zusammengeschweißten Horde an Überlebenden aus dem brodelnden musikalischen Kessel. Der nächste Brecher folgt auf dem Fuße, denn in „Dissatisfactory“ zeigen uns CYPECORE, in wunderbarer Balance zwischen getragener Melodik und derben Riffs und Growls, die Schönheit der Brutalität. Über die Rifforgie und den großartigen Refrain von „Dreamsmasher“ geht es hin zu „Aeons“, welches mit ansprechender Brutalität ein weiteres Mal die volle Härte der postapokalyptischen Welt entfesselt, doch immer wieder jene melodischen Einschübe hervorbringt, die einem schier die Tränen über die staubverkrusteten Wangen strömen lassen – bis der Klang der Sirenen die Welt, und den Hörer mit ihr, unwillkürlich in eiskalter Angst erstarren lässt.

Der verzweifelt wirkende Refrain von „Reject The Stream“ erhebt sich aus der Ödnis, danach verspricht das getragene „Remembrance“ geschwindigkeitstechnisch ein wenig Verschnaufpause und überrascht mit teils stark verfremdeten Vocals in der Strophe, die den endzeitlichen Charakter des siebenminütigen Midtempo-Brechers aber perfekt auf den Punkt bringen. „The Voice Of Conviction“ schmettert einen zurück in die Kampfhandlungen und zeigt einmal mehr die Ausweglosigkeit des tödlichen Schicksals in diesem apokalyptischen Albtraumszenario. „Leviathan“ jagt einen kalten Schauer über den Rücken, doch es gibt keine Zeit, zu verweilen. „Values Of Death“ lockt süß mit harmonischem Refrain und die Falle schnappt zu – das ist die Regel dieses Endzeitlichen Wahnsinns: Jedes kleine bisschen Freude muss mit Schmerz und Leid bezahlt werden – wie Peitschenstränge sausen die Riffs auf das nackte, entblößte Selbst, sodass selbst die Schutzanzüge nutzlos werden. Erst als das Ende da ist, erfahren wir, welchen Preis wir zu bezahlen haben. „The Gift Of Failure“ hämmert es uns unbarmherzig in die Ganglien, gnadenlos, brutal, ohne Ausweg.

Getragen und beinahe hoffnungsvoll erlöst es uns dann endlich von unseren Leiden. Sanfte elektronische Klänge begleiten uns, während wir unseren Blick über die zerstörte, tote Welt schweifen lassen. Wir blicken zurück auf die düstere, apokalyptische Zukunftsvision, an der uns CYPECORE teilhaben ließen. Wir fühlen noch einmal die Tragik des Lebens und die Schönheit des Verderbens, während wir uns gewiss sind: Wir haben überlebt.

CYPECORE bewegen sich auf ihrem vierten Album „The Alliance“ irgendwo in der Schnittmenge zwischen hämmerndem Industrial und melodisch geprägtem Todesmetall und ziehen mit ihrem sorgfältig ausgearbeiteten Endzeit-Image, inklusive entsprechend detailliertem Outfit, in Verbindung mit absolut hochklassiger musikalischer Leistung ein wahrhaft beeindruckendes Produkt hoch. Spannend und überzeugend, und mit eben diesem Schuss Eigenständigkeit und Innovation, den man in Zeiten musikalischen Einheitsbreis oftmals mit der Lupe suchen muss. Speziell der eröffnende Dreierschlag aus dem Titeltrack "The Alliance", „Dissatisfactory“ und „Dreamsmasher“ enwickelt musikalisch und atmosphärisch eine Wucht, dass die schrecklich-schöne Vision der Apokalypse nicht nur vor dem inneren Auge Gestalt annimmt, sondern geradezu körperlich gespürt werden kann. Selbst wenn einige wenige Titel („Reject The Stream“, „Leviathan“) nicht ganz das durchgängig extrem hohe Niveau des Albums halten können, ist „The Alliance“ unterm Strich ein wahres Monster geworden, das den Hörer vollkommen in seinen Bann zu schlagen vermag. Und das alles ohne Kitsch oder übertriebenen Pathos, dafür mit ernsthafter Überzeugung perfekt auf den Punkt gebracht. CYPECORE sind definitiv eine der spannendsten derzeit im deutschsprachigen Raum auf dem Markt befindlichen Bands und verdienen es unbedingt angetestet zu werden – vor allem auch live!

 



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Anthalerero (21.03.2018)

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