THE CROWN - Cobra Speed Venom

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VÖ: 16.03.2018
Bandinfo: THE CROWN
Genre: Melodic Death Metal
Label: Metal Blade Records
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Lineup  |  Trackliste  |  Credits

Ist man eigentlich vergrämt wenn man gerne einfach ein Abum hätte, welches Gitarren mit sich brächte, die einfach nur heavy sind? Es gibt von SLAYER eine DVD namens "War At The Warfield" (2003, American Recordings) auf selbiger man sich an Kerry Kings Gitarrensound einfach so erfreuen darf. Es klingt, als zöge ein finsterer Geselle mit ebensolchen Absichten einen Grabsteig über einen möglicherweise mit Steinen ausgelegten, vielleicht auch betonierten, Untergrund. Das ist neben dem Eröffnungsriff von "Total Destruction auf BATHORYs "The Return..."-Album (1985, Black Mark/Tyfon) das heavieste was es an Gitarren gibt. Man kann schneller spielen, langsamer, man kann den Hobel tiefer stimmen oder 19 Saiten aufziehen, es wird nicht mehr härter. Aber man könnte sich doch vielleicht auch ab und zu zurücklehnen und den eben aufgenommenen Gitarrentrack anhören. Vielleicht, idealererweise, über einen Kopfhörer um alles Störende außen vor zu lassen. Und wenn das Resultat verwaschen und nicht, äh, richtig klingt sollte, nur als Vorschlag, der Gitarrist sich ein anderes Effektpedal suchen oder dem Produzenten durch heftiges Winken zu Verstehen geben, dass man doch etwas anderes versuchen könnte. Oder in der Produktionsphase des Albums/Demos/Split-EP-Dings eben jenem Produzenten sagen, dass das nicht ganz so hinhaut.

Wird man alt, wenn man den bei angrymetalguy und angry metal-fi geparkten Artikeln über die "Loudness Wars" nahezu vollinhaltlich zustimmt? Ist es Vergreisung, wenn man unter/hinter/neben/über den Gitarren auch gerne die Drumfills hören würde, sehnt man sich nach dem weißen Licht, wenn die Overheads die Snare verschwinden lassen?

Und wie wie geht man damit um, wenn all das eine prinzipiell weit von schlecht entfernte Veröffentlichung einer honorigen Institution im Death/Thrash-Bereich betrifft? Ist man ein Erbsenzähler, erkennt man die Größe hinter der auralen Blendgranate nicht, macht man sich dann doch nur wichtig, weil die eigene Musikkarriere drei Songs und keinen Auftritt umfasste?

Kontemplation, Introspektion. Resignation.

Oh ihr, meine Legionen, meine Apologeten, meine Jünger, ihr wisst, dass ich trotzdem versuche, dem Produkt gerecht zu werden. Dem zehnten Album der schwedischen Institution THE CROWN nämlich, "Cobra Speed Venom" betitelt. 

Die Eckdaten dürften dem Fan bekannt sein, seit 1990 schon existiert die Band, hat sich aufgelöst, umbenannt, einige Mitstreiter wurden verschlissen und Sänger Johan Lindstrand ist, mittlerweile auch schon wieder seit 2011, zum dritten Mal dabei. Warum auch nicht.

Elegisch ruhig beginnen wir unsere kurze Rundreise durch den schwedischen Extrem-Metal, bis dann eben die Gitarren und das Schlagzeug eine Soundwand kreieren die in vielen herzzereissenden Reviews als brutal und unmenschlich beschrieben wurde, mir aber wirklich deutlich zu weit geht. Der Song ist natürlich gut, eine schöne KREATOR-Hommage im Chorus und knackige Melodien heben "Destroyed By Madness" deutlich über den Genredurchschnitt. Nur, wenn hier Lautstärkenrekorde im Mastering gebrochen werden dann hält sich die enthemmte Freude in recht engen Grenzen. Der Song an sich ist eine schöne Mischung aus Schweden-Death/Black Metal mit einem wohltuenden Schuss Crust am Ende.

"Iron Crown" hechtet deftig und pfeilschnell aus der Startbox, penetriert mit stahlhart eregiertem Metalphallus den Neocortex und punktet mit schönen SLAYER-Anleihen, mittig im Song angesiedelt. Dreieinhalb gelungene Minuten.

Der Fünf-Minüter "In The Name Of Death" schindet anfangs etwas Zeit und ist eines der grandios-melodiösen Highlights auf dem Album. Der Chorus klingt wie WATAIN es einst bei "Sworn To The Dark" gerne noch öfter getan hätten und seither nicht einmal annähernd mehr geschafft haben. Ein knackiger Death/Thrash-Metal-Song der über die Distanz ein wenig ausfasert. Rock´n´rollig hoppelt man eher belanglos durch den Mittelteil der wieder von diesem üblen Doppelbassdrumsound zerstört wird. Kinder, wenn METALLICA so etwas machen flippt ihr alle aus, aber außerhalb der Bay Area ist so etwas scheinbar gerne gesehen. Das Songwriting wird hier etwas durchsichtig, mit einem leidlich guten Grundgerüst, unterbrochen durch etwas Rock´n´Roll oder Thrash und dann noch einmal der Spaten mitten ins Gesicht, wiederholt man sich gerne und oft. 

Das Album hat dann doch noch zwei Highlights. "Cobra Speed Venom" mit seinem extrem mitshoutbaren Chorus und der Instrumental-Extremmetalballade "Where My Grave Shall Stand". Hat man so auch noch nicht oft gehört.

Zum Abschluss wird es noch episch. Mit über sieben Minuten entlässt uns "The Sign Of The Scythe" in den Feierabend und hinterlässt uns zwiegespalten. Einerseits ein Extremmetalalbum das sicher über dem Durchschnitt liegt, wenn auch bei weitem nicht so sensationell wie es an anderen Orten abgefeiert wird, andererseits ist der Sound wirklich nicht gut. Wie schwierig ist es, beim Mastering nicht alle Zacken aus dem Spektrum rauszuziehen um ein einigermaßen dynamisches Gesamtbild zu bekommen? Das ist nur Lautstärke um der Lautstärke willen und hat nichts mehr mit Härte oder Brutalität zu tun. Wenn man aufgrund der Lautstärke (fast schon eine Alliteration) in den Vollgasabfahrten nur mehr den Gesang aus dem Soundbrei einwandfrei identifizieren kann dann ist meiner bescheidenen und völlig unwesentlichen Ansicht nach das Thema klar verfehlt.

Hätte ein gutes Album werden können, bleibt aber wegen des Sounds und des bisweilen einfallslosen Songwritings nur knapp über dem Durchschnitt.

 

 

 



Bewertung: 3.0 / 5.0
Autor: Christian Wiederwald (12.03.2018)

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