SERENITY - Lionheart

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VÖ: 20.10.2017
Bandinfo: SERENITY
Genre: Melodic Metal
Label: Napalm Records
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Lineup  |  Trackliste

SERENITY oder der Geschichtsunterricht mit dem AMA-Gütesiegel, der es inzwischen bis zur sechsten Ausgabe gebracht hat, ist wieder da! War man beim Vorgänger, dem sperrigen Bombast-Monster „Codex Atlanticus“ noch einigermaßen schaumgebremst ob der im Mix abgesoffenen Gitarren (wir erinnern uns an dieser Stelle mit Schaudern an das glorreich-groteske Gangbang-Review, das ein für alle Beteiligten überraschend schlechtes Ergebnis erzielte...), so können sich die Tiroler nun mit „Lionheart“ beim Rezensenten und der gesamten Stormbringer-Belegschaft rehabilitieren.

Denn nach dem epischen Intro „Deus Lo Vult“, welches wieder einmal an großes Kino gemahnt, donnert „United“ frisch und frei aus den Boxen. Sofort fällt auf, dass die Saiteninstrumente wieder ein deutliches Stück knackiger und mehr im Vordergrund agieren als auf dem Vorgänger und die Orchesterarrangements sich an neuralgischen Stellen wieder zurückzunehmen wissen. Das sind SERENITY wie man sie mag und wie sie am stärksten agieren!

Ohrwurmalarm gibt es dann gleich beim Titeltrack „Lionheart“, dessen Melodie, die das Keyboard kokett mit dem Vibe schottischer Highland-Bagpipes flirten lässt, sich nachhaltig im Gehirn festfräst. Dabei wird aber trotzdem wieder deftig gerifft, wie es sich für ein Metal-Album gehört – so wie auch im bockstarken „Hero“, welches zu den Highlights der Scheibe gehört. Ein sehr abwechslungsreicher Titel, der die sanften und härteren Momente schön rund zusammenführt – für den opulenten Anstrich im flotten Titel sorgt eine Bridge in schleppendem Tempo, die Georgs prägnante Stimme wunderbar in Szene setzt. Die Gitarren gut im Vordergrund, von klug eingesetzten, nicht zu überladen wirkenden Arrangements eingerahmt – fertig ist ein weiterer schnell zündender Song der auf den Namen „Rising High“ hört.

Doch was wären SERENITY ohne Balladen? Ohne Duett? Das ginge ja gar nicht! So nimmt der Mittelteil des Albums das Tempo heraus und präsentiert mit „Heaven“ eine wunderbare, epische und mitsingbare Ballade mit hohem Ohrwurmfaktor. Mit der folgenden Interlude „King's Landing“ wird dann wieder Spannung aufgebaut, um den nächsten Geschwindigkeitsausbruch mit einem Ausrufezeichen zu versehen.

„Eternal Victory“ galoppiert los, die Gitarre singt, das Keyboard spielt sich in den richtigen Momenten bombastisch in den Vordergrund, um dann wieder den Gitarren den Raum zu geben, den sie brauchen, um den perfekten, rauen Gegenpart zu Georgs samtener Stimme zu bilden. Auch der symphonische Refrain geht runter wie Öl und sitzt schon nach ein paar Durchläufen. Bei „Stand And Fight“ kommt augenscheinlich wieder Bassist Fabio D'Amore zu gesanglichen Ehren, während „The Fortress (of Blood and Sand)“ sich trotz reduziertem Tempo hochdramatisch gibt. In „Empire“ kommen nicht nur die SERENITY-Trademarks, die man kennen und lieben gelernt hat, perfekt heraus – es gibt überdies mit einer Sprechpassage in tiefer, sonorer Stimme eine kleine Überraschung. Etwas knackiger in den Strophen und mit einem Überrefrain, der von Georgs unverwechselbarer Intonation getragen wird, spielt sich der Song schnell in die Oberliga der Tiroler Ohrwürmer.

Einen der beiden längsten Titel, nämlich „The Final Crusade“, hat man sich bis zum Schluss aufgehoben, um in ihm noch einmal die volle Palette aufzufahren. Wie in seligen Zeiten des Debütalbums keift da jemand zwischendurch mal kräftig ins Mikro, ehe der ultra-klebrige Refrain sich in den Gehörgang pickt – das gefällt! Und dann lässt sich auch die Balladen-Duettpartnerin von Georg noch einmal zu einem Gastspiel im hinteren Drittel des Songs hinreißen – ein enorm abwechslungsreicher, epischer Titel, der SERENITY mehr als gerecht wird und das Album zu einem würdigen Ende bringt.

Man darf also festhalten: Mehr ist nicht immer auch besser – ein wenig zurückgenommen in den opulenten Arrangements, spielen SERENITY ihre Stärken endlich wieder voll aus. Statt Zuckerwattemelodien und kaum vorhandener Härte hat man die Opulenz wieder ein Stückchen zurückgeschraubt und dafür den Gitarren wieder ordentlichen Schub von unten heraus spendiert, der „Lionheart“ auch wieder den Charakter eines Metal-Albums gibt, den man auf dem Vorgänger so schmerzlich vermisst hatte. Gerade durch die wieder ausgewogene Balance zwischen seichten Melodien und knackigem Riffing entfalten die Songs ihr Potenzial und können sich nachhaltig festsetzen. In Verbindung mit den wie immer akribisch aufbereiteten geschichtlichen Themen (wer, wenn nicht Richard Löwenherz, könnte wohl einen epischeren Themenbereich anbieten?!) gelingt den Tirolern somit wieder ein unheimlich starkes Album das von Vorne bis Hinten zündet und beinahe ohne Ausfälle auskommt. Faith in SERENITY restored!

 



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Anthalerero (21.10.2017)

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