SELENE - The Ravages of Time

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VÖ: 23.06.2017
Bandinfo: SELENE
Genre: Symphonic Metal
Label: Eigenproduktion
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Lineup  |  Trackliste

Als SELENE vor ca. eineinhalb Jahren „The Forgotten“ auf den Markt brachten, war ich positiv überrascht. Die klare und helle Opernstimme von Sängerin Shonagh passte ausgezeichnet zu den ratternden Doublebass-Einsätzen und knackigen Riffs, aber genauso zu den ruhigeren Songs, die mit Pianobegleitung waren. Die nordirische Band zeigte mit ihrem Longplayer, dass sie das Potenzial haben, mit den ganz großen „Female-fronted“ Bands im Symphonic Genre verglichen zu werden.

Insofern war ich nun neugierig, ob es bei der neuen Scheibe „The Ravages of Time“ eine Weiterentwicklung oder Neues gibt.
Das erste Durchhören enttäuschte mich leider und auch nach mehreren Durchläufen wurde es nicht besser. Ein Vergleichshören mit „The Forgotten“ bestätigte, dass es leider einen Step zurück geht. Wobei das jetzt nicht unbedingt auf Details zurückzuführen ist, sondern ganzheitlich bzw. soundtechnisch. „The Forgotten“ klingt nach „mit viel Zeit und Liebe gemacht“, „The Ravages of Time“ eher nach „wir haben Songs und einen Termin und jetzt veröffentlichen wir - egal, ob das nun perfekt ist oder nicht".

Hinter „The Ravages of Time“ steckt nicht die Hingabe und Klarheit, die mit dem Vorgänger geliefert wurde. Natürlich ist es wieder die Kombination aus Opernstimme und harten Klängen – es gibt eingängige Riffs, verspielte Soli, den bekannten Doublebass, umfangreichen Einsatz von Programming und somit Symphonischen Klängen, sowie auch zarte Pianostücke. Das Klangbild ist aber in seiner Gesamtheit nicht recht überzeugend. Da gibt es schwammige und unklare Stellen bzw. haben einige Songs einen Nachhall - das ist sicher eine Technik-Sache; Keine Ahnung, ob Zufall, nicht beachtet, oder erwünscht. Und dann gibt es auch die Stücke, wo weniger mehr wäre. Manchmal wird zu viel Spielerei hinein gepackt, einfach weil man zeigen will, was man alles kann. Kommt aber leider nicht unbedingt so rüber.

Leider ist der erste Song "New Era" einer, wo gleich mehr nicht passt (verschwommener Sound und zu viel reingepackt). Ist es bei den ersten Takten noch stimmig, driften dann während des Songs mal die Vocals ab und dann auch der Sound - und das liegt jetzt nicht an meiner Anlage, weil die Songs reihenweise ein unterschiedliches Verhalten zeigen. "New Era" sorgt für mich daher für einen schwierigen Start des Albums.

Bei "The Great Heart" wird es aber schon besser, zumindest beim Sound. Das Mittelding aus Arie, symphonisch-epischem Werk und Kirchenlied hätte ein wenig weniger Spielerei vertragen, gelegentlich sind die Töne und Instrumente im Hintergrund nicht mehr klar heraus zu hören. Insgesamt hätte der Song das Zeug zur Filmmusik, mit den bombastischen Einsätzen von Orchester und Chor. Noch einen Schritt besser: "Ashes", ein ruhigerer, langsamerer Song, bei dem die Vocals und Chöre gut kommen. Er lebt von den Gegensätzen mit der flotten Gitarre auf der einen Seite und den getragenen Stellen mit Shonaghs schönem Gesang auf der anderen Seite.

"Calm Before The Flame" ist rhythmisch einwandfrei und basiert auf einem melodischen Hardrock-Rhythmus, hat Symphonische Spielereien sowie den typischen Opergesang. Leider kommt zwischendurch das Schlagzeug wieder sehr dumpf aus den Boxen. "Burning Bridges" ist ein lässiges Duett mit Power, bietet gute Gitarrenarbeit, verliert jedoch hie und da wieder an Qualität.

Die nächste metzal-symphonische Opern-Nummer kommt mit dem Titel "If Tomorrow Never Came". Die harten, knackigen Riffs, das dezente Solo und die Opernstimme bilden einen mehrseitigen Kontrast bei dieser Nummer. [Anm. d. Lekt.: Da muss man aber von vielen Seiten hinsehen.] Bei "Our Regrets" versucht es Shonagh am Anfang mit bearbeiteter Stimme und geht es zwischendurch mal nicht so hoch an. Recht rhythmisch, aber irgendwie fehlt das gewisse Etwas, das einen vom Hocker reißt.

Nur von Piano und etwas Orchester unterstützt, klingt "This LIfe" nach einem Kirchenlied. Optisches Bild: Eine typisch irische Kirche, ganz vorne die Solo-Chorsängerin, die an einem hohen Feiertag ihr Bestes gibt. Auch der Ausklang des Albums, "The End Of Time", bewegt sich am Anfang in diesem Fahrwasser: Ruhige Töne, Piano, dezente Symphonic und reiner, klarer Sopran. Dann werden mit bombastischen Tönen (Pauke, Riffs, Schlagzeug, Programming) Höhepunkte gesetzt und der Song bildet einen alles umfassenden Abschluß.

Tipps zum Reinhören sind das verspielte "Kingdom" mit seinen epischen Anleihen und den nicht oft zu hörendem Klang eines Spinetts, oder "Wonderland", das zwar nicht das volle Symphonic Programm fährt, dafür aber ein schöner, runder Song ist.

Fazit: Wie man liest, bin ich mit dem Ergebnis dieses Albums nicht zufrieden, bzw. habe meine Erwartungen nach "The Forgotten" ziemlich hoch angesetzt. Ein Teil liegt aber sicher an der nicht optimal abgemischten Version, die ich erhalten habe. Wenn man davon absieht, sind die Songs nicht schlecht. SELENE orientieren sich stark am Mainstream, versuchen hier und da ihren eigenen Sound zu kreieren und zeigen, dass auf jeden Fall Potenzial da ist. Sie sind für meine Ohren noch immer nicht dort angekommen, wo sie hin möchten oder könnten. Ich wünsche Ihnen, dass sie es beim nächsten Album besser umsetzen können.



Bewertung: 3.0 / 5.0
Autor: Lady Cat (29.06.2017)

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