RAPHEUMET'S WELL - Enders Door

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VÖ: 26.05.2017
Bandinfo: RAPHEUMET'S WELL
Genre: Epic Metal
Label: Test Your Metal Records
Lineup  |  Trackliste

Die Weiten des Universums faszinieren und inspirieren seit jeher die Fantasie der Menschen. Was mag es da draußen in den ewigen Weiten geben? Wissen? Anderes Leben? Oder aber bietet das Meer aus Licht und Finsternis, in dem wir ziellos umhertreiben, nicht auszumalende Gefahren? Geheimnisse über Geheimnisse, die der Mensch nach und nach beginnt zu verstehen, obgleich noch so viel im Dunklen liegt. Dieses große Mysterium veranlasste nicht wenige dazu, ihre eigenen Welten innerhalb der herrschenden Leere zu erschaffen, sie mit Leben zu füllen und damit ganz nebenbei unzählige Menschen auf dem Globus zu erfreuen. Ganz egal, ob nun in Büchern, Spielen, Filmen oder irgendwas dazwischen, Sci-Fi ist in der modernen Popkultur nicht mehr wegzudenken, und das ist auch gut so! Was wäre die Welt denn ohne Aliens, die aus Menschen während dem Abendessen herausbrechen, was wäre die Welt ohne Luke und seinen asthmatischen Vater, und was wäre die Welt bitteschön ohne eine gewisse Raum-Zeitmaschine, die aussieht wie eine britische Telefonzelle? Aber warum bei einem Universum bleiben? Seit Jahren hält sich die Theorie, dass es neben unserer Welt noch andere Parallelwelten gibt, die unserer zwar ähnlich, aber nicht ident mit ihr sind. Warum nicht diese Idee dann mit Dark Sci-Fi verbinden und dieses neue, düstere Szenario ohne Rücksicht auf Verluste auf die nach Geschichten von fremden Welten nahezu lechzenden Massen loslassen? Wer seit Jahren auf etwas in dieser Größenordnung wartet, der hat hier genau das gefunden, was er gesucht hat. Die ambitionierten Musiker von RAPHEUMET'S WELL schicken die Hörer ihrer Geschichten seit ihrem ersten Full-Length Release im Jahre 2014 in ein Sci-Fi-Setting rund um interdimensionale Reisen innerhalb eines riesigen, multidimensionalen Kosmos und die Zivilisationen, die darin agieren, alles unter dem wachsamen Blick des für die Band namensgebenden göttlichen Wesens "Rapheumet". Während frühere Veröffentlichungen der Band noch eher mit den Anfängen und der Erschließung dieser riesigen Welt zu tun hatten, verschlägt es uns nun mit ihrem dritten Album, genannt "Ender's Door", in ein ganz anderes Szenario: Das Album verfolgt die Erlebnisse eines Reisenden, der zum Träger eines Artefaktes werden sollte, das seinen Platz in den Weiten des Multiversums für immer verändern würde. Nach dem Auffangen eines Notrufs von einem (augenscheinlich) unerschlossenen Planeten wendet sich das Schicksal des Helden, als er sich immer weiter in den Bann von Geheimnissen gezogen sieht, die das Verständnis eines normalen Sterblichen bei Weitem übersteigen. Neugierig geworden? Gut so, denn die Band bietet neben einer ausgeklügelten Rahmenhandlung auch musikalisch noch einiges mehr.

Angesiedelt irgendwo im Bereich des epischen, progressiv angehauchten, symphonischen Death Metal (was ne Genre-Klassifikation) bieten die Musiker von RAPHEUMET'S WELL vor Allem Komplexität und Atmosphäre. Hierbei gleich einmal vorweg eine Warnung: Wer auf der Suche nach leicht zugänglichen, beschwinglichen Melodien, die man auch mal nebenbei laufen lassen kann ist, der ist hier definitiv falsch. Wer die Musik von RAPHEUMET'S WELL voll auskosten möchte, der muss dafür bereit sein, genau hinzuhören, das gerne auch mehrmals, um das große Ganze sehen zu können. Ein gewisser Fable für obskuren Einsatz von Keyboardklängen ist beim Hören von "Ender's Door" auch hilfreich. Das alles mag jetzt zwar abschreckend klingen, doch wenn man bereit ist, sich auf das ambitionierte Projekt einzulassen, dann eröffnet sich Einem die Tür zu einem gut durchdachten Sci-Fi Epos für's Ohr, was teils sehr früh offensichtlich wird, sich dann aber immer mehr im dichten Schleier des extremen Metal versteckt und sich nur dem geneigten Hörer offenbart. Dies ist sowohl eine große Stärke des Albums, allerdings auch dahingehend eine Schwäche, dass sich viele von dem schieren "Getümmel" an verschiedenen Tonebenen erdrückt fühlen und deswegen schon vor dem vollen Wirken von "Ender's Door" abgeschreckt werden könnten. Hier ist das Rezept der Band, anfangs immer wieder mit sehr schnellen, progressiv angehauchten Passagen, die zusätzlich unterlegt mit hintergründigen Keyboardklängen und dramatischen Effekten von einem anderen Stern sind, ihr Publikum zu verwirren, nur um es dann plötzlich wieder mit wesentlich melodischeren und oft auch zarteren Passagen, die oft schon Arien ähneln ("Distress on the Aberrant Planet") sanft aufzufangen. Oftmals wird das, was in Wirklichkeit ausgeklügelte, von plötzlichen Tempowechseln gesäumte Artillerieattacken auf die Ohren sind, beim ersten Durchhören schlichtweg als disharmonischer Lärm verstanden, ein Gefühl, das sich beim zweiten Durchhören jedoch legt und oftmals auch durch Faszination für die hintergründigen, außerirdischen Klänge verdrängt wird. Man ist verwirrt, und dennoch will man mehr davon. Zu fesselnd ist das Konzept des finsteren Werkes aus einer weit, weit entfernten Galaxie. Anzumerken ist, dass "Ender's Door" ab dem namensgebenden Song stellenweise etwas ruhiger und melodischer zu werden scheint, so beinhaltet der im Vergleich relativ kurze Song "Prisoner of the Rift" eine längere tatsächlich akustische Passage des Albums, etwas, das im später folgenden "Nastarian Waltz" wieder aufgegriffen wird. Ebenfalls erwähnt werden sollte "The Diminished Strategist", welches zwar überaus brutal startet und den Hörer nach der zuvor herrschenden Ruhe nahezu in Stücke reißt, sich dann allerdings (nach einem nervenaufreibenden Solo) auf die Ruhe besinnt und in einem wirklich erinnerungswürdigen Highlight des Albums endet.

Auch bei den Vocals geht RAPHEUMET'S WELL ungewöhnliche Wege. Die Range dessen, was man auf dem aktuellen Album zu hören bekommt, beläuft sich nämlich bei Weitem nicht nur auf die für die Stilrichtung typische, agressiv gescreamte Herangehensweise des Erzählens einer Geschichte. Daneben sind auch andere, wesentlich klarere Dinge zu hören, die sonst eher von einem Werk aus der Schiene á la NIGHTWISH 'n' Friends zu erwarten sind: Oftmals säumen verträumte, manchmal beinahe fremdartig anmutende Ariengesänge die ruhigen Passagen zwischen den instrumentalen Supernovae, die sonst auf den Hörer hereinprasseln, sie wirken wie das Auge eines finsteren intergalaktischen Sturms, das einem kurze Ruhe gönnt. Selten gesellen sich dazu auch noch klar gesungene, männliche Vocals, die in den richtigen Augenblicken nochmal mächtig Energie in die Songs bringen und gerne für Aufhorchen sorgen. Abgesehen von diesen Besonderheiten verlässt man sich auf "Ender's Door" zu großen Teilen auf Mid-Range Growls. Diese sind zwar weniger besonders als die Beiträge der anderen Vocalisten sind, allerdings stimmungstechnisch grundsolide für den Vortag der Geschichte, die das Album zu erzählen hat.

Den Hörer des etwas Progressiveren, Extremeren und Finstereren erwartet hier ein musikalischer Ausschnitt aus einer dunklen, geheimnisvollen Welt, weit weg von unserer Heimat. Das Konzept hinter dem Album lässt deutlich spüren, dass die verantwortlichen Musiker selbst bekennende Sci-Fi Fans sind, mehr noch, einige unter ihnen haben auch eine viel eher realitätsnahe Vorstellung von dem, was in den Weiten des Alls liegen könnte, durften sie doch Ausbildungen auf diesen Gebieten genießen. Echte Zuneigung zur Thematik, sag ich da nur! Ihre Musik ist komplex, durchdacht und phasenweise wirklich düster, bietet allerdings zwischendurch immer wieder Lichtblicke, die sich klar differenziert in das Gesamtpaket einbinden, was vorerst zwar auf den Hörfluss schlagen könnte, sich nach und nach aber in eine schwer einzuordnende Routine einfügt und das Gesamtwerk bereichert. Es sei jedoch auch gesagt, dass "Ender's Door" hier eindeutig eine Zielgruppe anspricht, die fernab von jeder Massentauglichkeit ist. Hier erwartet einen teils knallharter, teils verspielter, extremer Metal, der bei Freunden des Genres für seine Komplexität und Anspruch vor Allem in Hinsicht auf die Handlung und dem damit verknüpften Universum sicher seine Fans gewinnen wird, Freunde der zugänglicheren Kost dürften aus der Erfahrung, die RAPHEUMET'S WELL hier zu bieten versucht, allerdings höchstens Kopfschmerzen mitnehmen.

 



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Daniel Csencsics (25.05.2017)

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