MUCC - Myakuhaku

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VÖ: 25.01.2017
Bandinfo: MUCC
Genre: J-Rock
Label: Gan-Shin Records
Lineup  |  Trackliste

Wenn man Geburtstag hat, freut man sich auf eine Torte (am liebsten mit überschaubarer Anzahl von Kerzen – oder dem dementsprechenden Lungenvolumen), ein Ständchen – oder wahlweise das passende Volumen an Freibier und im besten Fall auch über ein paar Geschenke. Bei den Japanern von MUCC gestaltet sich dies ein wenig anders: die Band hat 20-jähriges und hat für uns alle etwas – nämlich eine neue Scheibe.
 
1997 startete MUCC als Vierling und stieg recht schnell in die in Japan entstandene Visual Kei-Szene ein. (Für alle, die mit dieser Bezeichnung nichts anfangen können: Visual Kei ist weniger eine musikalische Genre-Richtung, sondern mehr eine Art modische Erscheinung, bei welcher die Bands in verschiedensten, sehr auffälligen Bühnen-Outfits ihren Erkennungswert festigen. Oft und sehr beliebt waren schon immer viel Schminke und Punk-Style mit toupierten Haaren und dementsprechenden Klamotten, aber auch Bands in einheitlicher Barock-Klamotte, im typischen Manga-Anime-Style oder in Kimonos waren keine Seltenheit. Musikalisch schweift Visual Kei von Pop über Rock und Metal bis zum Punk, wobei auch problemlos elektronische Einschübe oder andere Intermezzi erlaubt waren. Und alles gemischt ging natürlich erst recht. Da diese Richtung allerdings Stoff für ganze Abhandlungen bietet, würde dies hier den Rahmen sprengen und ich lasse den Leser hiermit mit ebensolchem Halbwissen zurück). 

Auch wenn Visual Kei in Japan wohl auch etabliert war, machte es keinen sehr hohen Marktanteil im Musik-Business aus, dafür bildete sich weltweit eine fest bestehende Subkultur, an welche sich diese Bands stützen konnten. So auch MUCC, die sich ihren Fanstamm international schnell aufbauten und auch dann halten konnten, als deren Visu-Style ein wenig in den Hintergrund trat, während die Musik nach wie vor mannigfaltig und sehr abwechslungsreich blieb und sich selten in eine direkte Genre-Schublade hat drücken lassen. Mal rockiger, mal elektronischer, es wurde auch gern ein wenig experimentiert – doch eines blieb bei MUCC immer gleich: Die sehr gitarrelastigen Kompositionen und die abwechslungsreiche und wandelbare Stimme, die von Screams über rau und rockig, bis sanft und klar alles auf der Palette zu bieten hat. 

Mit der neuen Scheibe „Myakuhaku“ sind MUCC wieder da! Zu ihrem 20jährigen Jubiläum feiern sie mit geschlagenen 14 Songs und bringen damit genau das auf den Punkt, was im gesamten Werdegang entwickelt und experimentiert wurde. Treibenden, gitarrelastigen und spannungsgeladenen Rock, der mal härter einschlägt und manchmal auch mit anderen Elementen gespickt ist. Doch die klare Linie bleibt, MUCC haben das Experimentieren zurückgestellt und nun erst einmal da stehengeblieben, was bisher an Stilrichtungen schon erforscht wurde. Darüberhinaus klingt die Scheibe wie ein gewähltes Picken von musikalischen Delikatessen aus der Band-Laufbahn, kann doch so gut wie jeder Song stilistisch an ein bisher erschienenes Album (und auf derer kann MUCC zuhauf blicken), angeknüpft werden. 

Musikalisch hat das Album, das mit Fug und Recht als würdige Geburtstagsscheibe gehandelt werden darf, von punk-rockigen Songs wie „Billy2 entwines ROCK STAR“  oder „Zettaisetsumei“, verspielten Melodieschmeichlern wie „Classic“ oder experimentierfredigen Einlagen („Himitsu“) so ziemlich alles zu bieten. Fast schon verträumt-psychodelisch angehaucht präsentieren sich auch „Fuka“ oder „Commune“, während sich typische Pop-Rock-Ohrwurm-Weltmeister a la „Sirius“ dazwischen tummeln. Natürlich werden etwaige Lücken abschließend noch mit angenehmen balladesquen Songs gefüllt und alles gut durchmischt, klar und trotzdem spannend und mit der ein oder anderen rauen Kante präsentiert. So kann sich „Myakuhaku“ durchaus als würdiges Geburtstagsalbum hören lassen. 

Selbst nach 20 Jahren Bandgeschichte und einer ganzen Bandbreite an Alben, musikalischen Bespielungen verschiedener Genreeinflüsse und dem Etablieren in einer kleinen, aber feinen internationalen Szene wird MUCC eines wohl niemals – langweilig. Auch hier, selbst wenn eine erneute experimentelle Weiterentwicklung zugunsten einer Art musikalischen Rückblicks stehen geblieben ist, bleibt definitiv spannungsgeladener und abwechlungsreicher Rock mit vielen Facetten und Ideen, der selbst Altbekanntes neu und frisch und hörenswert zu präsentieren vermag.

 



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Lisi Ruetz (25.02.2017)

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