DEVILMENT - II - The Mephisto Waltzes

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VÖ: 18.11.2016
Bandinfo: DEVILMENT
Genre: Dark Metal
Label: Nuclear Blast GmbH
Lineup  |  Trackliste

Welches ist das Hauptproblem einer Band mit Dani Filth am Mikrofon, die nicht CRADLE OF FILTH heißt? Eigenständig zu klingen. Filth ist nunmal einer der markantesten Sänger unserer Zeit, und seine Vocals alleine geben einen maßgeblichen Teil der Klangcharakteristik seiner Hauptband vor. DEVILMENT, Filths noch recht junge Zweitband, sah sich nun unter Hauptsongwriter Daniel Finch mit dieser Herausforderung konfrontiert und umging das Problem gewollt oder ungewollt recht charmant: "The Great And Secret Show" klang moderner, kompakter, melodischer und eingängiger als das Filth'sche Hauptwerk. Irgendwie ein bisschen nach "Thornography", aber macht nichts, da der Stil dieses Albums eh nicht von den CRADLE Fans angenommen wurde. Unter neuem Banner allerdings könnte man ebendiesen Ansatz ganz ohne Erwartungshaltung ausbauen. Nun ist Finch seit kurz nach dem Release des Debüts aber nicht mehr dabei, und der Rest der Band musste songwriterisch zusammenrücken, was auch Filth Himself dadurch wieder ein ganzes Stück näher an das Endprodukt rückt. Aber Überraschung: "II - The Mephiso Waltzes" klingt nur noch ganz wenig nach CRADLE OF FILTH. Nach dem Debüt aber auch nicht mehr.

Das Eröffnungsdoppel "JudasStein" und "Hitchcock Blonde" holt den Hörer noch ziemlich exakt da ab, wo er mit "The Great And Secret Show" gelassen wurde: Schweres, modernes, thrashiges Riffing gepaart mit düsteren Melodiebögen und Gothic-Feeling zu Filths typischem Gesang. MARILYN MANSON auf Breitbildformat ausgedehnt, irgendwie. "Hitchcock Blonde" ist dabei eine dermaßen simple, im Umkehrschluss aber fürchterlich eingängige Nummer, welche einen monatelang verfolgt. So weit, so gut. Aber die Single "Under The Thunder" deutet bereits an, dass da zusätzlich zu Filth eine neue Person ins Scheinwerferlicht gerückt ist, nämlich Keyboarderin und Sängerin Lauren Francis. Dass Filth gerne mit weiblichen Vocals arbeitet, ist nicht erst seit "Nymphetamine" bekannt, doch auf "II" nehmen diese gut 40 Prozent des Gesamtwerkes ein. Nicht nur Laurens Präsenz überrascht da zu Anfang, auch die Tatsache, dass ihr Melodien und Hooks praktisch zugeschrieben werden. "Dea Della Morte", "Life Is What You Keep From The Reaper", "Entangled From Your Pride" und die bereits angesprochene Single gehen somit fast als reine, mitunter poppige Gothic Metal Stücke durch. Fast, weil hier und da dann doch die metallische Komponente überhand nimmt und den Härtegrad mit wirklich ordentlichen Thrash Riffs ziemlich in die Höhe schraubt. Eine unterm Strich sehr gelungene Kombination und ziemlich einzigartig. Die Hooks an sich erinnern dabei vornehmlich an die Band, die DEVILMENT auf ihrer ersten Tour supporten durfte, nämlich LACUNA COIL. Der Refrain von "Life Is What You Keep From The Reaper" könnte wunderbar auf einem Album wie "Comalies" oder "Karmacode" stehen. Bei "Full Dark, No Stars" übernimmt Francis dann die komplette Führung. Die Strophen, unterstützt durch die Leadgitarren, erinnern strukturell tatsächlich ein ganz kleines bisschen an "Nymphetamine", obwohl die Ähnlichkeiten nur den wenigsten auffallen dürften, da das Stück eine gänzlich andere Stimmung erzeugt. Filth selbst gibt sich dabei recht häufig mit der Rolle des Supporters von Francis zufrieden. Anstatt Screams im Sekundentakt begnügt er sich auch mal mit rauhen, aber zurückhaltenden Backingvocals. Und es steht ihm außerordentlich gut zu Gesicht. Hier darf man gespannt auf künftige Live-Darbietungen warten. Natürlich klingt Filth immer noch nach Filth, keine Sorge. Auch textlich, zumal er auf DEVILMENT lyrisch weitaus gelöster agiert, als dass er es sich bei CRADLE erlauben dürfte (Ich kann mich verhören und täuschen, aber bei dieser einen Stelle in "Dea Della Morte" verstehe ich zum Beispiel immer "Heidi Klum").

Mit "Shine On Sophie Moon" und "Hell At My Back" haben sich dann noch zwei waschechte Moshpit-Attacken auf das Album geschlichen. An sich sehr gelungene Stücke (ersteres würde sich auf CRADLEs "Manticore" nicht schlecht machen, letzteres überrascht mit melodischen Twin-Leads Göteborger Schule), wollen sie aber zum Rest nicht passen. Wie schon angesprochen verlieren DEVILMENT trotz des hohen Melodieanteils nie den Metal aus den Augen, doch diese beiden Stücke sind härtetechnisch soweit vom Kern des Albums entfernt, dass sie wie zwei Fremdkörper wirken.


Fazit: Die wichtigste Aufgabe, nämlich die Positionierung als eigenständige Band und nicht als ein Dani Filth Soloprojekt, gelingt DEVILMENT auf ihrem Zweitwerk bravourös. Klar, ganz weg von CRADLE-Vergleichen wird man niemals kommen, dafür ist der Gesangstil Filths einfach zu charakteristisch und ganz aus seiner Rolle kann er trotz hörbarer Zurückhaltung auch nicht. Dank Lauren Francis als zweite vollwertige Lead Vocalistin ist die gewollte Abgrenzung dennoch in allen Takten spürbar. Auch kompositorisch hat man einiges zu sagen und bietet enorm viele Details und Abwechslungsreichtum. Als Kritikpunkt muss man lediglich anführen, dass ab hier absolut nicht klar ist, wohin man als Band nun gehen möchte. Death und Thrash? Oder doch lieber Female Fronted Gothic Metal? Was ist mit dem "ursprünglichen", groovebetonten Stil von DEVILMENT? Es ist auf der einen Seite schön, dass man sich selbst keine Schranken setzt, auf der anderen Seite wird es für die Band schwierig, ein für sie passendes Publikum zu finden. So bleibt als kleinster gemeinsamer Nenner eben doch wieder "nur" ein Name stehen, nämlich Dani Filth.



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Christian Wilsberg (17.11.2016)

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