EMMURE - Look At Yourself

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VÖ: 03.03.2017
Bandinfo: EMMURE
Genre: Deathcore
Label: Sharptone Records
Lineup  |  Trackliste

Preisfrage: Welche Band ist im Begriff, ein neues Album zu veröffentlichen, wenn mal wieder ein kontroverses Shirtdesign heiß in der Öffentlichkeit diskutiert wird? Richtig, EMMURE. Und weil Frank Palmeri dieses Mal mit einer runderneuerten Mannschaft um Member und Ex-Member von GLASS CLOUD sowie TONY DANZA TAPDANCE EXTRAVAGANZA aufkreuzt, halten dieses Mal keine Amokläufe oder dergleichen als Inspiration für's Merch her, sondern ein Vorher-Nachher-Vergleich zwischen einer gänzlich unversehrten Dame und einer verprügelten Version ihrerselbst, natürlich mit dem geistreichen Albumtitel "Look At Yourself" darunter platziert. Frei nach dem Motto: Jegliche Art von Publicity ist gute Publicity. Davon kann man einerseits natürlich halten, was man mag, andererseits überrascht es mich dennoch, dass man sich über solche bewusst eingesetzten Provokationen überhaupt noch brüskiert zeigt.

Das soll die Aktion logischerweise nicht legitimieren, aber wir reden hier immerhin von Frank Palmeri, also der Person, die, nebst Chris Fronzak von ATTILA, nunmal eine der schillerndsten, gleichzeitig aber wohl auch cleversten Figuren des Corebiz ist und, bei all der Kritik und dem Hate, die ihr entgegenwehen, genau weiß, wie sie sich zu vermarkten und zu verhalten hat, um die eigene Person und Band im Gespräch zu halten. Das führt natürlich unweigerlich zu der Frage, ob "Look At Yourself" diesen Bohei überhaupt wert ist und - viel wichtiger - ob es dank der Lineup-Runderneuerung überhaupt eine musikalische Weiterentwicklung zum teils doch eher laschen "Eternal Enemies" gibt. 

Und ja, die gibt es. Wenn auch nicht in dem Ausmaß, wie es manche gerne fordern, um, wie sie selbst behaupten, "ihre Meinung bezüglich EMMURE ändern zu können". Abgesehen von den Mini-MESHUGGAH-Songs "Smokey" und "Russian Hotel Aftermath" bleiben sich die Amis also weitestgehend treu, komponieren aber in jederlei Hinsicht detailverliebter, grooviger und hitlastiger als zuletzt. Man könnte auch sagen, dass man eine perfekte Schnittmenge zwischen Frank Palmeris Vision der Band und dem Talent eines Josh Travis gefunden hat, wofür "Natural Born Killer" und "Call Me Ninib" mit ihrer Mixtur aus simplem, eingängigem und Breakdown-lastigem Metalcore sowie einem Schuss Komplexität als zwei Musterbeispiele zu vermerken sind. 

Die klare Verbesserung in nahezu allen Bereichen wurde in meinem Fall aber nicht nach einem Durchgang offensichtlich, sondern erst nach mehrmaligem Zurückkehren zu "Look At Yourself": Das Album klammert sich im Gehörgang fest und macht immer wieder richtig viel Spaß. Da stört es nullinger, dass es nur knapp 31 Minuten auf den Tacho bringt, denn dafür hat es praktisch keine Durchhänger und mit dem fast schon melodischen "Ice Man Confessions", den derben Walzen "Torch" und "Shinjuku Masterlord" sowie dem finalen "Gucci Prison" eine Vielzahl an Hits im Schaufenster. Selbst die völlig abstrusen "I don't give a single fuck"-Attitude-Lyrics sind auf eine gewisse Art und Weise unterhaltsam und tragen immerhin zur Aggressivität von "Look At Yourself" bei.

EMMURE werden in diesem Universum also kein anspruchsvolles Tech-Monster mehr, aber müssen sie das überhaupt? Nein, müssen sie nicht. "Look At Yourself" ist eine straighte Dampfwalze, eine groovige Abrissbirne, die den aktuellen Stil zu einem höheren, noch markanteren Level treibt. Fans der ersten zwei Alben werden damit womöglich genauso wenig warm wie die ganzen urkomischen Witzbolde, die sich immer noch über die Guitartabs amüsieren, aber das kann EMMURE eigentlich auch völlig wurscht sein, da sie mit ihrem eigenen Stil und der neuen Formation, die an den richtigen Stellen zur Verbesserung angesetzt hat, wieder Anschluss gefunden haben und mit "Look At Yourself" sicherlich eines der besseren Alben in ihrer Diskografie veröffentlichen, das überdies auch noch unfassbar fett abgemischt wurde.



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Pascal Staub (01.03.2017)

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