STARKILL - Shadow Sleep

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VÖ: 04.11.2016
Bandinfo: STARKILL
Genre: Modern Metal
Label: Prosthetic Records
Lineup  |  Trackliste

Heutzutage ist es fast schon undenkbar, dass ein Newcomer anhand seiner Qualitäten beurteilt wird. Stattdessen stürzen sich sämtliche Szenewächter lieber zähnefletschend auf das Erscheinungsbild, das bediente Genre und und und - bei der abertausendsten Metalcore-Kopie vielleicht auch gar kein Wunder. STARKILL hingegen wurden als junge Band trotz heroischer Posen auf ihrer Promotionfotografie nie auf ihr Aussehen oder sonstige Oberflächlichkeiten reduziert, sondern stets für ihr technisches wie auch songschreiberisches Talent und vor allem ihr Debüt "Fires Of Life" gelobt/bewundert. STARKILL waren aber auch von Anfang an keine gewöhnliche Truppe, die sich nach musikalischen Trends gerichtet hat, sondern eine sehr eigenständige, symphonische Melodic-Death-Metal-Melange pflegte. Umso verwunderlicher ist daher anfänglich zumindest für mich, dass sie auf ihrem Drittwerk "Shadow Sleep" teilweise eine deutlich poppigere Richtung einschlagen und auch vermehrt auf Klargesang setzen.

Zunächst aber fühlt man sich durch den Synth-Einsatz und dessen erzeugte Stimmung in "Walk Through The Fire" ganz stark an IN FLAMES und deren "Reroute To Remain"- bzw. "Soundtrack To Your Escape"-Phase erinnert. Keine spieltechnischen Mätzchen (abgesehen vom Solo natürlich), kaum Tempo, dafür aber ein recht eingängiger, klar gesungener Refrain. Diese Querverweis-Momente sollen im Verlaufe der Anfangsphase noch öfter folgen, beispielsweise bei einem "Burn Your World", das ich aufgrund der doch deftigen Rhythmus-Sektion und den Clean Vocals als Kontrast in ähnlicher Prägung wohl auch auf dem kommenden ARCH ENEMY Werk sehe. Nach anfänglichen Berührungsschwierigkeiten muss ich STARKILL hier aber auch zugestehen, dass sie diesen Stilwandel überwiegend glänzend bewältigen und man schnell ein Ohr für die Band-typischen Feinheiten, die sich ebenfalls in den Stücken tummeln, entwickeln kann.

Gänzlich von ihrem bisher bekannten Stil haben sich die Kanadier nämlich auch nicht abgewandt, obzwar Fans der ersten Stunde mit den sphärisch-melancholischen Harmonien eines "Through The Darkness" (mitsamt seiner Enthaltsamkeit in Sachen harscher Vocals) einiges an Geduld abverlangen, die dann aber der deutlich knackigere Titeltrack, ein "Into The Grey" oder auch ein "No Savior" mit gewohntem STAR-Over-KILL belohnen. Ein Faktor ist in dieser Hinsicht natürlich auch, dass das Quartett zu keiner Zeit komplett in den Kitsch abdriftet ("Piece Of Paradise" befindet sich noch im Grenzbereich), sondern stets einen guten Mittelweg findet, der auch die Aussage, dass man es hier mit dem bis dato persönlichsten aber eben zu keiner Zeit weinerlichen Album der Diskografie zu tun habe, bekräftigt. Und genau dabei springen auch einige Hits wie das orientalisch-anmutende "Ruin", das abschließende "Captive Of Night" (sehr geschickte Stilsprünge) oder eben beispielsweise auch die ersten beiden Tracks raus.

Bei STARKILL ist 2016 also vieles neu und viele Experimente klappen auch unerwartet gut. Kennt man das bisherige Schaffen dieser Jungs, wird man anfangs wohl definitiv noch eine Art Kulturschock erleiden und diesen vielleicht auch gar nicht überwinden können, aber "Shadow Sleep" ist gerade in meinem Fall auch ein Album, das von Hördurchgang zu Hördurchgang einen Wandel von "Was zur Hölle ist das denn?" bis hin zu "Nicht von schlechten Eltern, so implementiert man neue Einflüsse in seinen Sound!" durchgemacht hat und deshalb auch die Punktezahl erhält, die weiter unten verzeichnet ist. Es hätten zwar nicht unbedingt gleich 13 Songs sein müssen, aber ein Großteil dieses Albums ist richtig guter, unabhängiger Modern Melodic Death Metal (seine Einflüsse hat jeder irgendwo), dessen Ausgewogenheit zwischen Catchiness, Heaviness und technischem Anspruch beispielhaft ist. Die Geister werden sich daran trotzdem (berechtigterweise) scheiden, aber dieses Risiko wurde, wenn man das Ausmaß der Kurskorrektur bedenkt, wohl bewusst in Kauf genommen.



Bewertung: 3.5 / 5.0
Autor: Pascal Staub (04.11.2016)

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