Sabaton - The Last Stand

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VÖ: 19.08.2016
Bandinfo: SABATON
Genre: Power Metal
Label: Nuclear Blast GmbH
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Lineup  |  Trackliste

Wir schreiben das Jahr 2006. Irgendwo mitten in der brütend heißen Pampa im deutschen Nirgendwo liegt ein durchgeschwitzter kleiner Noch-Nicht-Stormbringer-Schreiberling in seinem gefühlt 1.000 Grad heißen Zelt, in dem es von der Zeltkuppel tropft und gart in seinem eigenen Sud. Ein Song ertönt aus einer brüllenden Soundanlage einige Zelte weiter, und ein Refrain fräst sich in die Gedankengänge des zerfließenden Festivalgängers: „Through the gates of hell, as we make our way to heaven...“

Schnitt! Wir springen zehn Jahre nach vorne, in das Hier und Jetzt. Der damalige Geheimtipp hat sich zu einem der bekanntesten und bestverkaufenden Acts des Metal-Genres gemausert, verkauft reihenweise Hallen der größeren Bauart aus, kann auf Gold- und Platinauszeichnungen zurückblicken – und geht mit seinem Geschichtsexkurs inzwischen in die achte Runde. (Oder auch die Neunte – je nachdem ob man die als Doppelalbum veröffentlichten „Fist For Fight“ und „Metalizer“, die die eigentlichen ersten Alben der Band darstellten, nun als eigenständige Alben zählt, oder nicht.) Der Metalhead mit zumindest rudimentären Kenntnissen wird es bereits erraten haben – die Rede ist von SABATON, die ihren ureigenen Stil hymnischen, melodischen Powermetals mit geschichtlich inspirierten Texten über die Jahre hinweg perfektioniert haben.

Entsprechend weiß man auch was man von den Schweden zu erwarten hat, wenn ein neues Album in den Startlöchern steht. „The Last Stand“ nennt sich dieses und wartet mit allem auf, was man von SABATON gewohnt ist. Breitwandig aufgestellter, hymnisch-melodischer Schwermetall, strukturell mit wenigen Überraschungen, dafür von einer Eingängigkeit, dass man die Refrains nur schwer wieder aus dem Schädel geschüttelt bekommt. Von der Tauglichkeit der Titel konnten sich die Kollegen Manfred und Walter bereits am Sweden Rock Festival überzeugen, wo sie zur Listening Session von „The Last Stand“ geladen waren. Dankenswerterweise wurde in diesem Artikel auch schon ausgiebig auf die geschichtlichen Hintergründe der einzelnen Titel eingegangen, somit kann sich der Rezensent mit seinem Review rein auf die Musik und die langfristige Wirkung des Albums konzentrieren.

Da wird wieder einiges geboten – schon der Opener „Sparta“ trägt mit seinem fast cineastischen Breitwandsound ordentlich dick auf und liefert gleich einmal den ersten im Ohr verweilenden Chorus. Im weiteren Verlaufe des Albums findet man den einen oder anderen feinen Ohrwurm, wie „Rorke's Drift“ mit seiner starken, an „Primo Victoria“/“Attero Dominatus“-Zeiten erinnernden Hookline, bei dem es live bestimmt ordentlich im Karton rappeln wird. Auch mit „Hill 3234“ und „Shiroyama“ haben SABATON starke Uptempo-Titel im Talon, während „Last Dying Breath“ im besten und bekannten Schweden-Midtempo episch dahinstampft.

Die größte Stärke von SABATON, nämlich ihre gnadenlos eingängigen, partytauglichen Refrains, manifestieren sich allerdings auch als ihre größte Schwäche. Denn an einigen Stellen des Albums kommt man - speziell als länger dienender Hörer - nicht umhin zu bemerken, dass eine gewisse Stagnation eingesetzt hat, die sich darin äußert, dass so mancher Titel Referenzen an ältere Songs der Schweden in sich trägt. Wenn man frech wäre, könnte man nun behaupten SABATON kopierten schamlos bei sich selbst, denn die Ähnlichkeit des Titels mit heimischem Bezug (Stichwort Türkenbelagerung von Wien!), „Winged Hussars“, mit dem sattsam bekannten Kracher „The Art Of War“ ist schon mehr als offensichtlich. Die Keyboardlinie ist gefühlt fast 1:1 übernommen! Auch das eingängige „The Lost Battalion“ wird den Nimbus des 'irgendwo in der der SABATON-Diskografie schon einmal gehört' nicht so ganz los, auch wenn die Reminiszenzen nicht so offensichtlich sind.

Doch bei all dem, gibt es auch in homöopathischen Dosen frischen Wind zu vermelden – beispielsweise beim Titeltrack „The Last Stand“, der, ganz entgegen seiner tragischen Lyrics, die von den im Zuge der Plünderung Roms heldenhaft kämpfenden, aber dennoch dahingemetzelten Schweizer Gardisten handeln, mit einer derart überbordend kitschbeladenen Epik einher kommt, dass sich so manche Zuckerguss-Metaller noch eine Scheibe abschneiden können. Stilistisch könnte der Titel allerdings wiederum ohne Probleme auf „The Art Of War“ stehen. Die Überraschung des Albums liefert allerdings „Blood Of Bannockburn“, in denen SABATON riffmäßig gar ein wenig in guten alten RUNNING-WILD-Gewässern fischen – der kurz und knackig gehaltene Titel ist durchaus ein wenig rifforientierter und wartet mit für die Schweden ungewöhnlichen Dudelsack- und Hammond-Klängen auf. Definitiv der überraschendste Titel des Albums, der zeigt, dass SABATON trotz aller von Fans geforderter und diktierter Stagnation, noch nicht gänzlich im Sumpf der ewiggleichen Strukturen versunken sind. Auch die von Jon Schaffer (ICED EARTH) gesprochene Interlude „Diary Of An Unknown Soldier“, die Auszüge aus dem Tagebuch eines Kriegsveteranen zitiert, setzt einen erfrischenden Punkt zwischen den fanfarengeschwängerten Geschichtsunterricht.

Auf „The Last Stand“ liefern SABATON demzufolge genau das ab, was man von ihnen erwartet. Gnadenlos eingängige Titel mit tonnenschweren Chören, verknüpft mit Geschichtsunterricht einmal quer über den Erdball und durch die Epochen – ein Thema, das dazu passend auch im Cover aufgegriffen wird. Das mag dem Einen oder Anderen sauer aufstoßen, andererseits möchte die Fanschicht auch entsprechend bedient werden. Und genau das machen die Schweden auch mit ihrem neuen Album – Stilpflege vom Feinsten. Ein solides Album mit ein paar Hängern und einer Überraschung, das live aber zweifelsohne wieder abgehen wird wie ein Zäpfchen. Es bleibt die Frage, wie lang es dauert, bis ein gewisses Maß an Übersättigung schlagend wird – so lange sei es SABATON gegönnt, auf der Welle des Erfolgs, den sie sich hart erarbeitet haben, zu reiten, und die liebgewonnenen Trademarks zu pflegen.

Damit einhergehend die Empfehlung: Hirn aus, mitgrölen, fertig. Und wer's nicht mag, der hört's einfach nicht an – so einfach isses.



Bewertung: 3.5 / 5.0
Autor: Anthalerero (18.08.2016)

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