YGFAN - Köd

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VÖ: 03.06.2016
Bandinfo: YGFAN
Genre: Post-Metal
Label: ATMF (Aeternitas Tenebrarum Music Foundation)
Hören & Kaufen: Webshop
Lineup  |  Trackliste

Lieber Leser! Stell dir vor, du wärst Musikkritiker – also genauer gesagt ein amateurhafter Online-Schreiberling (z.B. bei Stormbringer), der seine Freizeit damit verbringt, Promo-CDs anzuhören, um dann den Lesern im Internet (z.B. dir) eine Geschichte zu erzählen. Oder ein Album schmackhaft zu machen. Oder von einem Album abzuraten. Bist du bereit?

Heute hat sich wieder einmal "Köd" von der ungarischen Underground-Band YGFAN in deinen Player verirrt (die EP liegt schon seit drei Monaten bei dir rum und dir ist trotz unzähliger Versuche bisher nicht gelungen, ein gutes bzw. kreatives Review zu schreiben). Du schaltest auf Repeat und das Teil wird jetzt so lange abgespielt, bis du deinen Text fertig abgetippt hast. Habe ich schon erwähnt, dass du die Band nicht kanntest, dich aber vom Teaser deines Redaktions-Promo-Zuständigen (Anm. d. Red.: bei Stormbringer Promominister genannt) angesprochen gefühlt hast?

Jetzt möchtest du eigentlich mal wissen, was der Name YGFAN überhaupt bedeutet. Also googelst du einfach mal danach, ungarische Freunde hast du ja keine (hast du überhaupt Freunde?). Und Tada! – die Suche ergibt nichts. Wenigstens weißt du jetzt, dass "Köd" tatsächlich Ungarisch ist und Nebel heißt. Ergo: YGFAN steht sicher nicht für Kreativität. Und in der Encyclopaedia Metallum, auf Facebook oder in deiner Nase hast du auch nichts Hilfreiches finden können. Was ist also als Nächstes zu tun? Richtig, nachdem du dir ein Bier aufgemacht hast, liest du dir mal den Promo-Text durch, da stecken doch immer interessante und hilfreiche Infos drin: "Ein dichter Nebel (das hast du ja selber schon rausfinden können) voll von Emotionen, eine surreale dunkle Schönheit, bei der Hörer ihren Verstand verlieren und in einen Zustand der Halluzinationen reisen … Black Metal, dessen düsterer Anteil Post Rock und Indie-Einflüsse küsst … nicht 08-15, sondern ein solider und persönlicher Style … Für Fans von JESU, ALCEST, KATATONIA, NOVEMBRE."

Tja, glaubst du, das sei ein unterdurchschnittlicher Promo-Text? Glaub mir, sie sind alle so (nämlich austauschbar): Band XY klingt wie (beliebige Naturlandschaften und beliebige Emotionen hier einfügen), macht ABC mit XYZ-Einflüssen (beliebige mehr oder weniger stimmige Musikgenres hier einfügen) und hat ihren eigenen Stil (ja welchen denn sonst? Es wird hier natürlich nicht erwähnt, dass eine Band den Stil von beliebigen Idolen kopiert) etabliert. Jetzt fehlt nur noch der Vergleich mit halbwegs passenden, bekannten (!) Bands und fertig ist der einzigartige Promo-Text!

Verdammte Scheiße, dir fällt plötzlich auf, dass "Köd" schon dreimal fertig abgespielt wurde (vier Songs mit einer Gesamt-Spielzeit von 32 Minuten) und du noch nicht einmal richtig angefangen hast, etwas zu schreiben (die Betonung liegt auf "richtig", was hier gleichbedeutend ist mit "sinnvoll"). Es wird doch am Ende des Abends nicht schon wieder kein Review zu "Köd" geben? Was wird der Chefredakteur wohl dazu sagen? Das Veröffentlichungsdatum ist auch schon mehr als zwei Monate überschritten. Und die Ausreden von wegen "Urlaub blabla", "viel echte Arbeit blabla", "mein Hund hat die CD gefressen blabla", "ich hab voll die geile Alte kennengelernt" usw. werden nicht mehr ewig ziehen…

Wenn du einfach nicht rankommst an ein Album, dann könntest du ja mal versuchen, ein "etwas anderes Review" zu schreiben. Gesagt – getan. Und das, obwohl "Köd" beileibe keine schlechte Musik beinhaltet: Vier erdige, bodenständige und melodisch-melancholische Post Rock-Songs mit Black Metal-Einflüssen und den einprägsamen Titeln "I", "II", "III" und "IV". Du kennst und schätzt ALCEST und KATATONIA, aber entgegen dem Promo-Text (siehe oben) kannst du keine stilistischen Parallelen zwischen genannten Bands erkennen. Egal, die Jungs vom Balaton (ein Klischee: keine Ahnung, ob YGFAN wirklich von da herkommen) verstehen ihr Handwerk – mit Ausnahme der Clean-Vocals: Gesangsunterricht oder ein echter Sänger wären eine echte Bereicherung.

Nachdem das Review jetzt entgegen aller Erwartungen doch gelungen ist, musst du nur noch richtig formatieren und den Text dann von irgend 'nem Redaktions-Heini lektorieren lassen (und glaub mir, die Arschlöcher finden immer massenweise Fehler, also bemüh dich gefälligst, sonst werden sie deinen Text so zerfetzen und umbauen, dass du nicht mal mehr erkennen wirst, dass er von dir stammt).
[Anm. d. Lekt.: *pflichtbewusst die Peitsche schwing* Einen Rechtschreibfehler gefunden! Komplettes Review auseinandergebaut und neu zusammengesetzt. Anschließend angezündet, die Asche zusammengekehrt und den Rest hier ausgestellt.] - [Anm. d. Captain's: *besserwisserisch grinsend* Das Lektorat hat also den absichtlich eingebauten Fehler gefunden, dabei aber sofort selbst einen gemacht...] Und schon, lieber Azubi, siehst du, was passiert!
Eine Kleinigkeit fehlt noch… Genau: das abschließende Urteil, manchmal echt schwierig zu fällen. Gibst du zu viele Punkte, heißt es dann meistens: "Das kannst du doch nicht machen, hat dich die Band etwa bestochen? Mit Nutten und Koks? Die haben niemals 4,5 Punkte verdient, wo kommen wir denn da hin?" Gibst du zu wenig Punkte, bekommst du allerdings folgende Worte zu lesen: "Das ist wieder mal typisch. Nur weil dir die Band nicht gefällt, musst du sie gleich runtermachen. Wie kannst du nur so subjektiv sein? Hättest dir gleich BABYMETAL zum Verreißen checken können, da stört sich wenigstens keiner dran. Ist ja auch kein echter Metal!"

 

Captain's Fazit:

Bewerten fällt mir hier wirklich schwer, "Köd" ist kein Burner, aber auch kein Flop und jedenfalls eine solide erste Veröffentlichung. Steigerungspotential ist zudem definitiv vorhanden, also wähle ich die faire Mitte mit 3 von 5 Punkten.



Bewertung: 3.0 / 5.0
Autor: Captain Critical (18.08.2016)

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