Seiler und Speer - Live In Wien

Artikel-Bild
VÖ: 01.04.2016
Bandinfo: Seiler und Speer
Genre: Pop
Label: Eigenproduktion
Lineup  |  Trackliste

Das Duo SEILER UND SPEER ist so etwas wie ein innerösterreichisches, popkulturelles Phänomen. Es besteht aus dem Komiker und Schauspieler Christopher Seiler und dem Filmemacher Bernhard Speer, die bereits auf mehrere filmische Kollaborationen zurückblicken können (zB "Horvathslos") und sich irgendwann aus Spaß an der Freude über ein Musikalbum getraut haben, bei dem sie sich kein Blatt vor den Mund nehmen. Vom Musikbiz zunächst einfach ignoriert, entwickelte sich das Duo zum Internet-Hit, brachte es schlussendlich mit ihrem Album "Ham Kummst" bis zum Dreifachplatin und räumte dann auch bei den Amadeus Music Awards ab. Nicht schlecht für ein "Spaßprojekt", oder? Was liegt also näher, als den zugrunde liegenden Erfolg auch mit einer ersten Live-DVD zu unterstreichen - "Live in Wien", aufgenommen bei ihrer Weihnachtsshow im Gasometer, vor ca. 4.000 Besuchern.

Doch sind SEILER UND SPEER - irgendwo zwischen Kabarett, funkig-fluffigem Pop, einer Prise EAV-Irrsinn und einer Portion ALKBOTTLE-Proll - wirklich nur Spaß und sonst nichts? Mitnichten - ob man den Schmäh der Beiden nun mag oder nicht - so klingt Austropop heute. Am Puls der Zeit, mit so einer gewissen "scheiß dir nix"-Attitüde und natürlich auch im breitesten österreichischen Dialekt. Und ja, ihr habt richtig gelesen - wir reden über Pop! Denn das was SEILER UND SPEER abliefern ist reduzierter, nach Handwerk und nicht Plastik klingender Pop, mit rockig-funkigem Einschlag. Gut, einen Härtepreis gewinnen die Beiden samt ihrer Begleitband "MeliBar Kombo" nicht unbedingt, dafür gibt es immerhin nebst bunter Haut bei Bernhard Speer auch in der Band Tätowierte und langhaarige Bombenleger - das wars dann aber auch schon mit den Querverweisen in unser heimatliches Genre.

Größtenteils zieht sich so ein gewisser funkiger Unterton durch das gesamte Konzert - für den Mainstream-Hörer geeignet, sind entsprechend die Musik und auch die gelegentlichen (Gitarren-)Solos recht zahm. Unsereiner ist da eben einfach anderes gewöhnt. Dafür huscht bei den Kabarettlastigen Ansagen zwischen den Songs doch des Öfteren ein Grinsen übers Gesicht, wenn sich SEILER UND SPEER gegenseitig die Wuchteln zuschieben. Zwar sind manche Songs schon so ein wenig dahinleiernd ("Serwas Baba"), dafür gibt es aber auch kleine Ohrwürmchen wie "Soits Leben" oder "Heite Nocht". Bei Letzterem erklettert Tommy Lee als Gast die Bühne - da werden Erinnerungen an Kult-Nummern von STS wach (das österreichische Trio Steinbäcker-Timischl-Schiffkowitz, nicht die Abkürzung der deutschen Mittelalterrocker oder der finnischen Schwermutsmetaller!) - allerdings saßen ebenjene nur rum, während die Drei auf der Bühne lieber herumhampeln wie auf Speed. Passt auch besser zu ihnen.

Richtig abgehen darf das Publikum dann natürlich, wie zu erwarten, bei dem Youtube-Hit "Ham Kummst" (Die "Gitte"-Sprechchöre konnte man bereits im Vorfeld des Konzertes hören, wie man erfahren durfte) - da werden die, während des Konzertes schon sehr zahlreich in die Höhe gereckten Smartphones gleich noch einmal mehr und auch der häufig ins Bild gerückte Riesenplüschteddy (wir wissen noch immer nicht, ob der nun eine Karte hatte, oder nicht!) darf wieder mitwippen. Bühnentechnisch kann man SEILER UND SPEER kein schlechtes Zeugnis ausstellen - sogar eine Schneekanone ("Der letzte Schnee") wird aufgeboten, um das Publikum zu beeindrucken. Und das funktioniert auch ziemlich gut - beim Gelegenheitskonzertgeher. Warum man den Abschluss allerdings sooooo extrem in die Länge ziehen musste bleibt dem Seher (und evtl. auch dem vor Ort befindlichen Konzertgänger) verschlossen - immerhin kommt man damit auf etwa 90 Minuten Gesamtspielzeit.

Fazit: Eigentlich sogar ziemlich gut, was SEILER UND SPEER da abliefern! Allerdings, als Freund der kernigen schwermetallischen Klänge, sollte man nicht allzu viel erwarten, was die Härte angeht - man bekommt einfach ein feines Stückchen Kabarett-Pop in breitem Dialekt serviert. Bis auf das streckenweise etwas flache Bild, kann "Live in Wien" somit, genau wie SEILER UND SPEER selbst, überzeugen. Einzig das in geradezu quälende Längen gezogene "Ham Kummst" (über 20 Minuten!) samt Bandvorstellung, Herumgeschwafel und Trallala, wirkt auf seine volle Distanz enervierend und ruiniert die starke Vorstellung hinten raus ein wenig. Schade, denn bis dahin hatte man mit der DVD wirklich Spaß.

So, und was hat das Ganze nun auf einer sich vorwiegend mit Rock und Metal beschäftigenden Seite zu suchen? Weil's österreichisch ist. Und weil's irgendwo zum Kult wurde. Oder so. Oida, herst.

Approved - weitermachen die Herren! Aber nächstes Mal vielleicht das Ende ein bisserl einkürzen...



Bewertung: 3.0 / 5.0
Autor: Anthalerero (30.04.2016)

ANZEIGE
ANZEIGE