Textures - Phenotype

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VÖ: 05.02.2016
Bandinfo: Textures
Genre: Progressive Metal
Label: Nuclear Blast GmbH
Lineup  |  Trackliste

Während überall auf der Welt der moderne Prog-Metal auf dem Vormarsch war, hat sich ein niederländisches Sextett seit seinem 2011 erschienenen, grandiosen "Dualism" eine kreative Pause gegönnt. Die Rede ist natürlich von TEXTURES, die dieser Tage mit "Phenotype" den ersten Abschnitt eines zweiteiligen Konzepts veröffentlichen und vor allem damit zu kämpfen haben, dem in der Zwischenzeit von vielen Hochkarätern besetzten und geprägten Genre wie einst eine eigene Klangnote zu verpassen.

Zunächst kommen die Tilburger mit "Oceans Collide" allerdings schwerlich in die Gänge. Das polyrhyhtmische Riffing mit all seinen Taktwechseln und Daniel de Jonghs Gebell sind zwar wie gewohnt ordentlich, wissen aber erst später, in Kombination mit sphärischen Ambient-Einflüssen und vereinzelten Gangshouts, zu überzeugen. Dafür entschädigt aber bereits das fortfahrende "New Horizons", bei dem TEXTURES ihr komplettes Repertoire enthüllen und einen einmalig vielschichtigen Song vorlegen, bei dem man nicht so richtig weiß, ob man nun das verspielte Gefrickel, die vereinzelten Grooves oder doch die eingängigen Cleangesang-Parts hervorheben soll.

Genau diese Bandbreite hat die Jungs zu einem der interessantesten Acts der damals neuen Djent-Musikkultur geformt und je weiter "Phenotype" foranschreitet, desto stärker untermauert es diese These, denn wirkliche Ausfälle leistest es sich nicht mehr. Vielmehr kriegt man mit "Shaping A Single Grain Of Sand" einen weiteren Vieltakter serviert, der sich im Refrain und seiner Tempopassage aber auch angenehm schlicht darbieten kann, bevor sich "Illuminate The Trail" als das eindeutige Highlight des Albums abzeichnet und sogar das Zeug zu einem der besten Songs des Genres überhaupt hat. Hier treffen dissonante Riffwände auf catchy Synths, atmosphärische Ruhepausen auf mitreißenden Klargesang und Luftgitarren-taugliche Soli auf fette Grooves, wobei man auch noch die Kür besteht, einen stets nachvollziehbaren Faden einzuflechten.

Davon lässt sich der Rest von "Phenotype" allerdings mitnichten beeindrucken und auch wenn das Instrumental "Meander" vorerst deplatziert erscheinen mag, stimmt es mit dem treibenden Charakter des Schlagzeugs auf die letzten gut 20 Minuten des Albums ein, die mit "Erosion" einen weitaus vielversprechenderen Polyrhyhtmik-Einstieg erwischen und in "The Fourth Prime" einen ähnlich begnadeten Siebenminüter wie "Illuminate The Trail" bereithalten. In dieser "Hitdichte" bzw. dem allgegenwärtigen Hörfluss liegt auch die größte Stärke des TEXTURES'schen Fünftlings, der nach seiner leicht zähen Einleitung wie entfesselt auftritt. Da fallen auch ein rein auf Keyboardspiel basierendes Interlude wie "Zman" und der fast schon poppige Abschlusstrack "Timeless" nicht aus der Rolle, sondern beschließen die imposante Rückkehr der Niederländer.

So ist "Phenotype" wie schon das PERIPHERY-Doppelalbum "Juggernaut: Alpha/Omega" letztes Jahr ein modernes Progmetal-Ausrufezeichen zum Jahresbeginn. Ein wenig schade ist, dass TEXTURES und Nuclear Blast beschlossen haben, "Genotype" seperat und vor allem zu einem anderen Zeitpunkt zu veröffentlichen, aber irgendwas werden sich die Herren dabei schon gedacht haben. Kommt jener zweite Teil auch nur ansatzweise so abwechslungsreich, in sich schlüssig und durchweg großartig durcharrangiert daher, vergolden sich TEXTURES das Denkmal, das sie sich mit "Phenotype" erbaut haben. Man darf aber so oder so gespannt sein, was die Jungs für ihre Hörerschaft bereithalten, weil alleine schon das Halten des Niveaus eines "Dualism" eine Kunst für sich ist. Pheno-menal.



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Pascal Staub (03.02.2016)

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