BARREN EARTH - On Lonely Towers

Artikel-Bild
VÖ: 27.03.2015
Bandinfo: BARREN EARTH
Genre: Death Metal
Label: Century Media Records
Hören & Kaufen: Amazon | Ebay
Lineup  |  Trackliste

Ich steck' die drei Euro schon mal in's Phrasenschwein, Leute. Nicht nur im Fußball gibt's Floskeln, die immer und immer wieder bis zum Erbrechen gepredigt werden, sondern auch im Musikbereich. Beispiel gefällig? Sängerwechsel sind nie einfach. Weil Identifikationsfigur. Andererseits muss man wohl auch zugeben, dass solche Formeln irgendwo auch ihre Berechtigung haben. Man denke an das Theater bei NIGHTWISH. Bleiben wir in Finnland: BARREN EARTH. Ganz anderes Genre, zumindest auf dem Papier aber nach der Trennung von Mikko Kotamäki trotzdem brisant. Denn mit "On Lonely Towers" steht das wichtige dritte Album in der Banddiskografie an. Jetzt sind's schon sechs Euro.

Zurück zur Seriösität und das Wichtigste vorweg: BARREN EARTH haben definitiv einen adäquaten Ersatz rekrutiert und die klaffende Lücke meisterhaft geschlossen. Grund für dies überschwängliche Lob? Jón Aldará, der mit dem Färöer-Geheimtipp HAMFERD in letzter Zeit für Aufsehen gesorgt und auch bewiesen hat, dass er für diese Art Musik geradezu prädestiniert ist.

Zunächst aber beginnt das Sextett mit einem hoffnungsvollen Schimmer namens "From The Depths Of Spring" als stimmungsvolles Intro, bevor der Band-Neuling im Refrain von "Howl" oder in "Set Alight" seinen einzigartigen Klargesang Taten sprechen lassen kann. Hinter dem liegt aber auch nur das halbe Erfolgsrezept von "On Lonely Towers", denn BARREN EARTH haben schon auf ihren bisherigen zwei Werken nachgewiesen, dass sie weit mehr als der AMORPHIS-Klon sind, zu dem sie mancherorts degradiert wurden. So erinnert "Frozen Procession" in seinem melancholischen Keyboardprolog zwar an die Kollegen, agiert infolgedessen aber rockiger und mit zunehmender Spieldauer verspielter, schlicht gesagt progressiver. Und wenn dann auch noch Mr. Aldará hier die höheren Gesangsregionen ausspielt, wird klar, dass er seinen Vorgänger locker vergessen und das Schaffen der Band auf das nächste Level hebt.

Die werkelt auf "On Lonely Towers" wie entfesselt, hörbar leichtfüßiger und verspielter als noch auf dem etwas blassen "The Devil's Resolve". So vergehen die fast acht Minuten von "A Shapeless Derelict" trotz des zähen Death-Doom-Charakters und dem spät gestreuten Psychedelic-Rock-Vermächtnis behände. Gleichzeitig stellt er auch die Weichen für den zweiten Albumteil, in dem BARREN EARTH angefangen mit "Set Alight" (wunderbar treibender, ausgiebig exerzierter Solopart) deutlich fordernder werden und primär die beiden 11-Minüter "The Vault" und der Titeltrack mit ihren gemächlichen Aufbauten, Progressive Rock Versatzstücken, heftigen Death-Metal-Ausbrüchen und dem stets emotionsgeladenen Atmosphäre einige Durchgänge bedürfen, um letztlich sagen zu können: Wow, BARREN EARTH klettern mit "On Lonely Towers" an die Spitze ihres Œuvre.

Dass "Chaos, The Songs Within" dazwischen ein wenig erdrückt wird, ist in Anbetracht der schieren Intensität dieser beiden Longtracks kein Wunder, macht das Stück handwerklich aber nicht minder brauchbar. Und eigentlich ist es auch die Gesamtheit des Albums, mit der BARREN EARTH anno 2015 zu bestechen wissen. Anstatt den eigenen Schuh weiter runterzuspielen, ist der nordische Sechser den unterschiedlichen Einflüssen noch offener geworden und geht dabei auch einige bis dato für ihn unbekannte Wege, deren Ziele für den Hörer ein außergewöhnlich gutes Hörerlebnis sind. Potenzial hat diese Allstar-Truppe immer gezeigt, bestätigen tut sie dies allerdings erst mit "On Lonely Towers" so richtig. Anstatt also in's eingangs erwähnte Phrasenschweinchen zu investieren, sollte man ein paar Taler mehr berappen, um dieses stets leidenschaftlich eingespielte Kunstwerk zu erstehen, es lohnt sich.



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Pascal Staub (29.03.2015)

ANZEIGE
ANZEIGE