Zgard - Contemplation

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VÖ: 23.06.2014
Bandinfo: ZGARD
Genre: Pagan Metal
Label: Svarga Music
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Lineup  |  Trackliste

Der osteuropäische Raum ist in Sachen Pagan Metal ein verdammt schwieriges Pflaster: Bevor es überhaupt zur musikalischen Diskussionen kommt, muss man als Liebhaber ehrlicher Naturverbundenheit und klischeefreien Songwritings vor allem durch den meist subtil schwebenden, politischen Schleier, der viele Bands umgibt, durchdringen. Ein kompliziertes Thema, welches durch Rechts- sowie Linksfaschismus, Halbwahrheiten im Internet und manchmal zweifelhafte, manchmal unklare Aussagen seitens des Interpreten auch heute noch Brisanz besitzt. Etwas losgelöst davon kann man ZGARD betrachten - ein Projekt der Herren Yaromisl, der auch in der Folk Metal Band GOVERLA tätig ist, Jotunhammer, der seit neuestem für's Schlagzeug zuständig ist, und Dusk, der zusätzliche Vocals beisteuert.

Kennengelernt habe ich die Band erst gegen Ende letztes Jahr, als ich einmal mehr die dichten Wälder des atmosphärischen Black Metal durchforstet habe, um neue Sprösslinge zu entdecken. So ganz beheimatet sind ZGARD in diesem Genre zwar nicht direkt, doch hat es vor allem das Debüt "Spirit Of Carpathian Sunset" mit intensiver Stimmung und tollen Arrangements geschafft, sich dauerhaft in die Playlist zu schmuggeln. Vielleicht auch der ungeheuren Produktivität geschuldet, konnten "Reclusion" (erschien im selben Jahr wie das Debüt) und "Astral Glow" (folgte nur ein Jahr später) qualitativ nicht anknüpfen, wo der Erstling sein Ende fand und nun haben wir also - 1 weiteres Jahr später - den nächsten Streich der Arbeiterbienen aus Lviv: "Contemplation".

Thematisch hat man sich von der astrologischen Richtung der Vorgänger wieder ein wenig losgeeist und stattdessen orientiert man sich wieder naturbewusster, bietet schneidende Winde sowie ritualistische Frauengesänge als Intro von "Highlands" an, die dann in typisch osteuropäische Black-Metal-Riffwände übergehen, die in ihrer Inspiration irgendwo zwischen Norwegen, Schweden und einem Schuss Eigenständigkeit liegen. Mittels sphärischer Keyboardnuancen, Background-Chören und der Zugabe von reichlich Natursounds weiß der Opener zudem direkt, den Hörer in seine Welt zu entführen. Diese lässt einen dann auch nur schweren Herzens wieder los, was nach den beiden schwächeren Vorgängern durchaus als Kompliment zu deuten ist, wenngleich das Songwriting an manchen Stellen trotzdem weiterhin dezent fahrig ist, und die Verwebungen einzelner Passagen wie in "Through The Forest" nicht immer formschlüssig gelingen will. Dort sind mir die Übergänge von den rasend schwarzmetallischen hin zu den epischen Tasten-Klangwelten deutlich zu ruppig, wobei beide Passagen für sich und auch die später einsetzenden Flöten musikalisch astrein umgesetzt werden und eine ungeheure Intensität verbreiten. Dabei ist das Repertoire im Vergleich zu früheren Werken deutlich erweitert, wie z.B. der "Incarnation Memory" belegt: Die Folkeinlagen von Maultrommel bis hin zu den urigen Klargesängen werden intelligenter platziert und vermitteln den Eindruck eines verbesserten Songwritings. Dass dies keine bloße Fata Morgana sondern für ZGARD ein tatsächlicher Schritt nach vorne ist, offenbart sich darin, dass sich "Contemplation" wirklich am Stück hören lässt - Abwechslung hat im Soundgewand der Ukrainer eine größere Rolle zugesprochen bekommen. So darf man sich im charakteristisch benannten Interlude "Silence" auch mal entspannen, wobei jenem die Überleitung zu "Incarnation Memory" entgegen der zuvor angewandten Kritik bestens gelingt.

Somit ist ZGARD mit "Contemplation" das beste Album seit dem Debüt und nebenbei ein ziemlich starker Genre-Ableger gelungen, den ich in dieser Form aufgrund der Quantität ihrer Veröffentlichung eigentlich nicht erwartet habe. Musikalisch gibt es bei diesem Projekt zwar noch den ein oder anderen Punkt (fließenderes Songwriting an der ein oder anderen Stelle), den es zu verbessern gilt, dafür entnimmt man den Kompositionen die Leidenschaft und Hingabe für Musik und Texte sowie eine gewisse atmosphärische Dichte, die man so, und da werde ich felsenfest auf meiner Meinung beharren, eigentlich auch nur von skandinavischen oder eben osteuropäischen Interpreten kennt. ZGARD mögen nicht fehlerfrei sein, repräsentieren aber trotzdem das, was das Genre eigentlich ausmacht. Und das ist meiner Meinung nach viel wichtiger als glattpolierte Produktionen und Trendhascherei. "Contemplation" ist Musik von passionierten Naturliebhabern für Liebhaber passionierter Pagan-Metal-Vorträge und in dieser Rolle fühlt es sich auch pudelwohl.



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Pascal Staub (01.09.2014)

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