Suicide Silence - You Can't Stop Me

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VÖ: 11.07.2014
Bandinfo: SUICIDE SILENCE
Genre: Death Metal
Label: Nuclear Blast GmbH
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Lineup  |  Trackliste

Wenn eine Band in den letzten eineinhalb Jahren einstecken musste, dann waren es wohl SUICIDE SILENCE. Erst der überraschende Tod ihres Ausnahmesängers und der Vorzeigefigur schlechthin Mitch Lucker, dann die über die ganze Welt verteilten, zahlreichen Shitstorms ob Glaubwürdigkeit verschiedenster Charity-Projekte zugunsten seiner hinterlassenen Tochter und zu guter letzt natürlich die endlosen "Expertendiskussionen" über Gott, die Welt und warum die Amis die Band mit einem neuen Sänger aber immer noch unter dem Banner von SUICIDE SILENCE fortführen. Jaja, wenn man sonst keine Probleme hat, macht man sich eben welche - die Ankündigung des neuen Albums "You Can't Stop Me" hat da bei einigen grenzdebilen Hasspredigern sicherlich nicht gerade zur Heilung beigetragen, aber das war der Truppe um Neusänger Eddie Hermida wohl ohnehin scheißegal.

Natürlich ist es der tragische Verlust, der bei vielen Dialogen mitschwingt, aber ab einem gewissen Zeitpunkt muss man eben auch ein Stückweit abschließen können, um voranzukommen, anstatt sich in unendlichen und nicht zielführenden Debatten zu verlieren oder ständig irrational, beleidigend oder eben diffamierend zu werden. SUICIDE SILENCE haben sich letztlich auch nicht eingebuddelt, sondern die Öffentlichkeit gesucht, aufgeklärt und der Familie in schweren Zeiten geholfen. Trauer ist die eine Seite, die Zukunft eine andere.

Nun sind wir also hier. Etwas weniger als 2 Jahre sind seit dem Unfall in's Land gezogen. SUICIDE SILENCE haben ihr künftiges Glück im ehemaligen ALL SHALL PERISH Fronter Hermida gefunden und "You Can't Stop Me" flugs in trockene Tücher gewickelt. Wie man dem Albumtitel, Cover sowie einigen Songnamen allerdings entnehmen kann, hat der Fünfer mit der Zeit danach und vor allem den vielen, aus allen erdenklichen Ecken abgefeuerten Unkenrufen noch eine Rechnung offen. Da wurde "M.A.L." vermutlich auch nur als kurzes Atmo-Intro vorgeschoben, damit man sich auf die kommende, gut 40 Minuten andauernde Prügeleskalation gefasst machen kann, die "Inherit The Crown" mittels stampfenden Rhythmen äußerst bandtypisch einleitet. Deutlich schneller geht's da in der ersten Vorab-Single "Cease To Exist" zu, welches immer wieder auch von kurzen Tempodrosselungen, groovenden Mosh-Parts und von einem kurzen Solo erweitert wird. Negativ ist hierbei, dass Sänger Eddie ein bisschen zu sehr versucht, nach seinem Vorgänger zu klingen, was er eigentlich nicht nötig hat, positiverweise aber auch nur in diesem Song ausgiebig praktiziert.

Was den Amis auf Anhieb gut gelingt, ist das Aufbauen eines gewissen Abwechslungsreichtums: Sie hauen zwar nach wie vor gerne auf die Kacke, bringen mit "Sacred Words" aber dann zum richtigen Zeitpunkt eine melodischere Nummer, die sich wie der Titeltrack (textlich noch aus der Feder von Mitch Lucker) im Metalcore wohler fühlt und die beteiligten Musiker um Gitarrist Mark Heylmun im Vergleich zum Debüt oder "No Time To Bleed" in Sachen Songwriting gereifter darstellt und für einen ordentlichen Fluss im Albumgefüge sorgen. Dem zugute agierend sind auch die dazwischen platzierten Stücke "Control" und "Monster Within", die durch den Corpsegrinder und Greg Puciato (THE DILLINGER ESCAPE PLAN) jeweils profitieren, aber auch vom Grundgerüst aus betrachtet überzeugen können. Während sich "Control" vor allem durch eine starke Death Metal Schlagseite definiert und äußerst flink durch den Gehörgang sägt, ist "Monster Within" deutlich corelastiger und beschränkt sich auf tonnenschweres Stakkato-Riffing.

Ebenfalls auffällig ist, dass SUICIDE SILENCE auch vermehrt mit verschiedensten Techniken arbeiten, um sich nicht in einem bestimmten Strickmuster festzufahren. In typischen Band-Songs wie "Warrior" (ein Marsch-Sample untermauert den stampfenden Rythmus) oder dem abschließenden "Ouroboros" (atmosphärische Keyboardparts im Mittelteil) führt das dazu, dass man die Band zwar nach wie vor wiedererkennt, man aber trotzdem die Frische spürt, die man nach drei Alben einfach braucht, um nicht in die Beliebigkeit abzudriften.

Das widerrum dürfte aber ohnehin ein Weilchen dauern, denn selbst ohne diese Neuerungen im Sound klingen SUICIDE SILENCE auch im Jahre 2014 nach SUICIDE SILENCE. Wer tatsächlich glaubte, die Truppe würde nur von ihrem Sänger Mitch Lucker leben, wird auf "You Can't Stop Me" Lügen gestraft. Das liegt nicht nur daran, dass Eddie Hermida wunderbar mit der Band harmoniert, sondern auch daran, dass sich die Instrumentalabteilung stetig weiterentwickelt hat und dem Gros dieser völlig von Quantität überschwemmten Deathcore-Szene den nackten Mittelfinger zeigt. Während andere Kapellen ein ganzes Album auf ihr pseudo-komplexes Dissonanzgeschrubbe stützen und damit wie ca. 1 Millionen andere Bands in diesem Genre klingen, sind SUICIDE SILENCE technisch besser geworden, haben an ihrem eigenen Stil gefeilt und mit "You Can't Stop Me" ein hervorragendes weil abwechslungsreiches und eigenständiges Album geschaffen - SUICIDE SILENCE are back with a vengeance.



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Pascal Staub (09.07.2014)

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