THE BEAUTY OF GEMINA - Ghost Prayers

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VÖ: 21.02.2014
Bandinfo: THE BEAUTY OF GEMINA
Genre: Dark Rock
Label: Eigenproduktion
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Lineup  |  Trackliste

Michael Sele und seine Bandkollegen von THE BEAUTY OF GEMINA sind eine schwarze Institution. Spätestens seit „Iscariot Blues“ oder „The Myrrh Sessions“ haben sie die Grenzen der kleinen Schweiz überschritten.

Bandleader Michael Sele ist ein Gesamtkunstwerk, im wahrsten Sinn des Wortes die Seele von TBOG. Die Vergleiche mögen mittlerweile oft wiederholt und abgelutscht sein – es bleibt eine Tatsache, dass seine Stimme in der Liga eines NICK CAVE spielt. Ebenso gehören seine Songwritings, seine Kompositionen und Arrangements innerhalb des Genres zum Besten, was es aktuell zu hören gibt. Und das ist umso eindrücklicher, als TBOG sämtliche Genregrenzen überschreitet, die unterschiedlichsten Stile vermischt und daraus einen einzigartigen Sound kreiert.

Was hat man der Truppe schon an Attributen zugeteilt? „Speerspitze der internationalen Wave/Gothic Szene“ ist nur eines davon – und wahrscheinlich ein Zutreffendes. Illuster und wenig verwunderlich auch die Liste der Bands, welche sich durch TBOG supporten ließen, angefangen bei UNHEILIG, den SMASHING PUMPKINS, DAF, HURTS über DAMNED bis hin zu RAMMSTEIN - ein eindrückliches Palmares.

Nachdem das letzte Jahr ganz im Zeichen der akustischen, melancholischen und trotzdem vor Freude sprühenden Akustikausgabe von „The Myrrh Sessions“ stand, tritt das Trio, das sich auf der Bühne öfters in ein Quartett, Quintett oder Sextett verwandelt, wieder mit einer deutlich rockigeren, elektronischeren Version ihres Sounds an.

„Ghost Prayers“ ist eine Ode an die Sehnsucht, mit Leidenschaft und Inbrunst vorgetragen von einem Mann dessen Stimme den Zuhörer mit auf eine Reise zwischen stählernen Industrial-Beats und lebhaften Folk-Rhythmen nimmt.“

Dem bleibt nicht viel hinzuzufügen – und doch würde es der enormen Kreativität der Band nicht gerecht werden, es bei diesem Satz zu belassen. Vielmehr erfüllt die Kapelle erneut die Erwartungen des Publikums, der Fans und wohl auch der meisten Schreiberlinge – und lotet andererseits neue musikalische Gefilde aus.

THE BEAUTY OF GEMINA sind immer noch diese Symbiose zwischen einer grandiosen Stimme, dezent umgesetzter musikalischer Ideen und einer subtilen Art von Stilmixes, welche keine Langeweile aufkommen lässt.

Was macht es aus, dass eine Band, welche in ihrer musikalischen Entwicklung konsistent geblieben ist, nicht eintönig, festgelegt erscheint?

Die Mischung aus Melancholie, Nachdenklichkeit, Lebensfreude und Humor sind dermaßen menschliche Attribute, dass sie beinahe beliebig vermischt, permanent neu definiert und in Szene gesetzt werden können. Eigentlich ein einfaches Rezept, wenn man denn die notwendige, kreative Power besitzt, welche TBOG auszeichnet – und im Besonderen deren Mastermind Michael Sele.

Bereits mit „Mariannah“, der Vorab-Single zum Album, hat die Band einen Track geliefert, der zwar an gewisse frühere Songs erinnert, dennoch anders ist. Mir erscheint „Mariannah“ wie die kleine Schwester des genialen „Dark Rain“.

Der Versuch, das Album „Ghost Prayers“ auf „die wichtigsten Songs oder Anspieltipps“ zu reduzieren, scheitert kläglich – und das nicht zum ersten Mal. Sele braucht keine Konzeptalben zu schreiben, um eine Einheit zu kreieren, ein Album als dichtes Webwerk ineinandergreifender Tracks zu gestalten. Es muss die Kongruenz des Musikers und Komponisten mit seiner Musik einerseits sein, andererseits das Zusammenspiel dreier Musiker, welche diese anspruchsvolle Aufgabe mittragen und umsetzen können.

Mit dem „Myrrh Sessions“ im Zürcher Moods haben THE BEAUTY OF GEMINA für eines meiner Konzerthighlights des letzten Jahres gesorgt. Sich auf das Konzert vom März im Zürcher X-Tra zu freuen ist ein Ding, das sich von selbst versteht.

Also, wenn denn schon keine Anspieltipps, warum fasziniert das Album, warum sollte man es sich anhören und aneignen?

Weil TBOG besser als die meisten Bands aus der schwarzen Ecke dezente und herausfordernde Töne kombinieren, sanfte Pianoklänge, akustische Gitarren und jazzige Schlagzeugrhythmen zusammenbringen und damit einen Art folkig-rockig-elektronischen Sound zu kreieren. Zwei gute Beispiele dafür sind „Hundred Lies“ oder „Darkness“.

Punkige und rockige Tracks finden sich mit „Time For A Heartache“ oder „Run Run Run“ oder ganz besonders „All Those Days“, jazzige Elemente enthält „Dancer On A Frozen Lake“ – „One Million Stars“ und „I Wish You Could Die“ stünden jeder Indie- oder Alternativeband gut an. Und letztlich finden sich – selbstverständlich – melancholische Balladen, „When We Know“ und „Dragon“ entführen geradezu in die Stille und Einsamkeit.

Man würde TBOG nicht gerecht, würde man „nur“ ihre musikalische Seite betrachten. Wie weiter oben gesagt, Michael Sele ist ein Gesamtkunstwerk und zweifellos jemand, der seine Finger überall draufhält; auf die Musik, die Bilder oder die Videos.

Insbesondere die Videos haben es in sich, seien es „Stairs“, „Prophecy“, „Rumours“ oder der offizielle Clip zu „Mariannah“ – umgesetzt durch den genialen türkisch-schweizerischen Filmer Can Isik; wer die Musik mag, wird die Videos herrlich finden und die Kombination lieben.

Wie auch immer, „Ghost Prayers“ ist ein Album, das vor Kraft und Kreativität strotzt und mitreißt. Man darf sich also getrost auf das neue Album und die anschließenden Liveacts freuen.



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Danny Frischknecht (14.02.2014)

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