Stilla - Ensamhetens Andar

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VÖ: 01.02.2013
Bandinfo: STILLA
Genre: Black Metal
Label: Nordvis Produktion
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Lineup  |  Trackliste

Dass STILLAs Debütalbum "Till Stilla Falla" eine wahnsinnige gute Scheibe ist, hat sich noch gar nicht richtig herumgesprochen, weil die Platte erst im März erschienen ist. Das juckt die Schweden rund um BERGRAVEN-Macher Per Stille, DERANGED-Basser Andreas Johansson und die beiden DE ARMA/LÖNNDOM/etc.-Tausendsassa Johan Marklund und Andreas Petterson wenig - mit "Ensamhetens Andar" legen sie noch vor Jahresfrist die zweite Platte vor und entwickeln sich in Rekordgeschwindigkeit weiter.

In diesem Fall heißt das, dass "Ensamhetens Andar" sich stilistisch mehr als deutlich von seinem Vorgänger abhebt. Wo vor einem Dreivierteljahr noch auf altmodischste Weise die 90er-Meloblack-Keule geschwungen und vor allem Vorbildern wie KVIST gehuldigt wurde, ist der Zweitling eigener, verschlossener, auch sperriger, zugleich in eine etwas modernere Produktion gekleidet. Das folgt dem melancholischen, einzelgängerischen Konzept des Albums und erinnert eher an den experimentellen, tendenziell depressiven BERGRAVEN-Stil als an die warmen, wohligen Einflüsse aus der LÖNNDOM-Ecke. Vor allem mit Songs wie dem Titeltrack machen es STILLA ihren Fans der ersten Stunde nicht unbedingt leicht - da gibt es wenig Bekanntes, an dem man sich festklammern kann. Die ersten Hördurchläufe lang entzieht sich einem "Ensamhetens Andar" wie ein scheues Reh. Besonders die erste Hälfte der Scheibe macht es einem nicht zwingend leicht, sie zu mögen, weil sie einfach zu dissonant und verschroben ist. Dazu kommt die unschöne Tatsache, dass "Ensamhetens Andar" zum Teil etwas voreilig aus nicht immer rund zusammenklingenden Parts geschustert wurde und weniger wie eine runde Sache klingt.

Erst nach einigen Hörgenüssen mehr offenbaren sich die gut gehüteten Kronjuwelen des Albums: Zum Beispiel, dass es doch eine Menge bekannter Elemente gibt, wie die kvistigen, dünnen Streicher-Keyboardsounds, den wandernden Bass, das scheppernde Ridebecken und die durchgehend düstere und ungeheuer intensive Atmosphäre. Spannend ist auch, wie STILLA behutsam neue Elemente in ihren Sound eingebaut haben. Da sind die cleanen Vocals zu nennen, die charmant-schief klingen, aber dafür ungemein stimmungssteigernd wirken. Oder die kraftvollen Halbakustikgitarren und Gitarreneffekte, die feine Akzentuierungen setzen. Nicht zuletzt verstecken sich in einem Song wie "Til Slutet" Momente von einer derartigen Majestizität, dass einem die Schauer gleich rudelweise über den Rücken jagen. Die Stärken des Albums sind subtil, aber wenn man sie entdeckt, entfalten sie ungeahnte Emotionen.

Noch immer sind STILLA, leider, ein Geheimtipp. Wie jede andere Veröffentlichung von Nordvis Produktionen ist aber auch "Ensamhetens Andar" ein Qualitätsrelease, ein Stück Black Metal, wie er in dieser Güte woanders selten und stilistisch vermutlich nirgends sonst veröffentlicht wird - auch wenn man sich mit der Platte lange und intensiv auseinander setzen sollte und sie mir ein Stückchen weniger gefällt als das unübertroffene Debüt. Trotzdem ein tolles Album für einen langen, einsamen Winter vor dem Kamin.



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Florian Dammasch (27.12.2013)

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