MAYFAIR - Schlage Mein Herz, Schlage ...

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VÖ: 08.11.2013
Bandinfo: MAYFAIR
Genre: Noise Rock
Label: Pure Prog Records
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Lineup  |  Trackliste

Ihre (EP) "Behind" (1993) war ein früher Höhepunkt heimischen Prog-Schaffens, der aber - trotz Lobeshymnen allerorts - von der Grunge-Lawine erdrückt wurde. Nach zwei weiteren Longplayern verschwanden die Vorarlberger Ende des Jahrtausends von der Bildfläche, jetzt melden sich die Vier überraschend mit einem bemerkenswert unbequemen Album zurück. Schon der Titel lässt aufhorchen : "Schlage Mein Herz, Schlage ..." ist nicht wirklich der Genre-übliche Einzeiler, aber das Cover wirkt schon mal interessant. Genre-üblich waren MAYFAIR aber sowieso nie, und auch Anno 2013 entziehen sie sich gekonnt jeglicher Schubladisierung. Als erstes fällt auf, dass der vorliegende Zehntracker nicht wirklich im Metal verwurzelt ist, sondern eher im Wave- und im Trip-Rock. Was jetzt doch wie Sparten-Reiterei klingt ist der einzige Weg, die zehn Klanggebäude halbwegs unfallfrei zu umschreiben. Die zu großen Teilen deutschen Lyrics, die MAYFAIR auch früher immer wieder mal einbauten, tun den Songs manchmal zwar nicht unbedingt gut - so ist das ansonsten starke "Drei Jahre Zurück" ein wenig zu sehr von schwülstiger Poesie durchzogen - verleihen Songs wie "Du Allein" oder dem Titeltrack aber durchaus eine eigenständige, interessante Note.

Am ehesten noch mit alten MAYFAIR zu tun haben dürfte das schleppende Krach-Epos "Bitter Or Sweet", und auch im trippigen "Wwwrong" dominiert am Ende die wohl dosierte Härte. Das düstere "Der Abschied" und das nicht minder melancholische "Island" atmen ein wenig THE GATHERING-Luft, verstörend wirken bei letzterem nur wieder die zweisprachigen Lyrics, manchmal fühlt man sich ob der schrägen Vibes an Bands der Hamburger Schule wie DIE STERNE oder TOCOTRONIC erinnert. Neben bereits erwähntem Titeltrack finde ich vor allem "Abendporno" gelungen, Garage-Rock trifft auf Post-Grunge und alles scheppert und lärmt mit System. MAYFAIR wandern hier auf einem schmalen Grat, einige werden lange brauchen um mit diesem Album warm zu werden. Dabei versperrt nicht nur die Positionierung zwischen allen Stühlen und Genres am Anfang den Zugang, sondern auch der bewusst distanziert-kühle Wave-Ansatz.

Wenn man jedoch einmal den Spalt gefunden hat, durch den das Licht und die wohlig unterkühlten Klänge dringen, eröffnet sich einem ein spartanisches, aber umso intensiveres Klangerlebnis, zu dem mir momentan - außer PAUL WELLER hier oder ein wenig PINK FLOYD da - so überhaupt keine Parallelen einfallen. Alleine das sollte für MAYFAIR sprechen, die sich mit "Schlage Mein Herz, Schlage..." dem ganzen Metal-Einheitsbrei entschlossen entgegenstellen und auch heute noch schön galant damit anecken. Hoffentlich wird der Mut der Vorarlberger auch belohnt, denn es wäre schade um diese Band!



Bewertung: 3.0 / 5.0
Autor: Mike Seidinger (01.12.2013)

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