18.01.2023, Saarlandhalle, Saarbrücken

HEAVEN SHALL BURN + TRIVIUM + OBITUARY + MALEVOLENCE

Veröffentlicht am 20.01.2023

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Über Kontraste...

Mittwochabend, 17:00 Uhr: Ein einsamer Lord bahnt sich bei erfrischenden zwei Grad seinen Weg durch den Saarbrücker Feierabendverkehr zur Saarlandhalle, wo an besagtem Date der zweite Stopp der Co-Headliner-Tour von TRIVIUM und HEAVEN SHALL BURN stattfindet. Im Gegensatz zur im Dezember besuchten POWERWOLFsnächte-Tour erscheint die Schlange vorm Eingang nahezu putzig – und dennoch erkennt man bereits, man, dass der heutige Abend ein kontrastreicher werden wird. Gespräche und Einparkvorgänge erfolgen gemischterweise in Deutsch und Französisch [...liebe Freunde in Ö, glaubt mir: Die Unterschiede hinterm Lenker gibt es!], alteingesessenes Kuttenvolk – wie der Verfasser – mischt sich unter leger-modern gekleidete Fans der jüngeren Generation und auf einer der Kutten sieht man den Thüringer Co-Headliner direkt über einem STEEL PANTHER-Schriftzug prangen. Was will man sagen? Tuttifrutti auf die Mucke und los geht's!

MALEVOLENCE

Wie schon am Eingang zu erahnen war, wird die Hütte heute nicht so brechend voll, wie noch vor wenigen Wochen den bei den ortsansässigen POWERWÖLFEN. Insofern wird den groovigen Briten von MALEVOLENCE die undankbare Aufgabe zu Teil, das Eis in der bis dahin spärlich besetzten Saarlandhalle zu brechen. Und womit kann man besagten Aggregatszustand besser in ein wohlgefälliges Fluidisieren überführen, als mit einer satten Portion Breakdowns? Ok, Freibier zieht bekanntlich immer am besten – aber dafür beherbergt die Venue dann der Durstigen doch zu viel. Bleibt also nur der geübte Einstieg in die körperliche Ertüchtigung, in deren Rahmen Vorturner Alex Taylor wie der fleischgewordene Flummi der Verdammnis über die Bühne heizt und dabei nach Leibeskräften shoutet. Dabei avanciert der agile Waliser nicht nur zum Alptraum eines jeden Fotografen, sondern auch zum erfolgreichen Anheizer, dem es gelingt, die homogen übers Parkett verteilte Besucherschar schon nach wenigen Songs vor der Bühne zu konzentrieren.

Setlist MALEVOLENCE:

  1. Malicious Intent
  2. Life Sentence
  3. Still Waters Run Deep
  4. Self Supremacy
  5. Higher Place
  6. Remain Unbeaten
  7. Keep Your Distance
  8. On Broken Glass

OBITUARY

Nachdem Bad Cop Wiederwald es bereits geschafft hat, nach "einstimmigen" Leserangaben das "schlechteste Review aller Zeiten" abzuliefern und Bad Cop Seriousface es obendrein fertiggebracht hat, zusammen mit einem externen Kollegen von Donald Tardy persönlich als "Idiot" bezeichnet zu werden und obendrein noch ein Angebot für eine kostenlose Fiebermessung zu bekommen [Anm. d. Verf.: nix da lieber Donny, an meinen Arsch lass' ich nur Wasser und CD!], stellt sich die Frage, ob man als Träger eines Stormbringer-Patches überhaupt noch vor der Bühne vegetieren kann, ohne dabei instant mit der schmutzigen Tourwäsche der Tardy-Brüder beworfen zu werden. Da dem glücklicherweise nicht so war, konnte sich auch der Kritiker unter den OBI-Testhörern von den berühmten Live-Qualitäten der Kultband überzeugen. Und er wurde nicht enttäuscht – zwar klingt Trevor Peres' Klampfe neuerdings auch live wie ein Modell von Fisher-Price, wofür jedoch Kenny Andrews' Axt mit einem richtig fetten, dreckigen und authentischen Death-Metal-Sound entschädigt. In dieser Gewissheit vor der richtigen Box positioniert, wird ein Song wie "Dying Of Everything" zu einem Fest für die Ohren. Kein Wunder: Nachdem einem schon beim Soundcheck die Ohren wegzufliegen drohten, deutet ein tiefenentspannter Donald Tardy seinen Tech-Kollegen, den Sechssaiter noch einen guten Schub weiter aufzudrehen. Klarer Fall: Wer hier mit heilem Gehör rausgeht, hat was falsch gemacht. Und John Tardy schafft es auch ohne Mikro noch, den letzten Winkel der Halle zu beschallen. OBITUARY sind und bleiben halt eine Liveband – amtlicher Sound, in dem die gewöhnungsbedürftige Peres-Keule nicht so derbe dominiert, eine gute Songauswahl (auch vom ambivalent rezipierten Neu-Dreher) und eine Stimmung zum Ausrasten. Geht doch!

Setlist OBITUARY:

  1. Redneck Stomp
  2. Sentence Day
  3. A Lesson In Vengeance
  4. Visions In My Head
  5. Circle Of The Tyrants (CELTIC FROST)
  6. The Wrong Time
  7. I'm In Pain
  8. Dying Of Everything
  9. Don't Care

TRIVIUM

Nach dem Umbau hinter schwarzen Gardinen lassen TRIVIUM ihre Fans zuerst mal "Run To The Hills" (...immerhin nicht "Empire Of The Clouds") in voller Länge aufsingen, bevor man nach dem Droppen des Vorhangs ein herrlich überdreht buntes Backdrop und einen Fronter in passendem Hemd bestaunen darf. Durch die Crowd hinweg scheint sich ein partieller Generationenwechsel zu vollziehen, wobei die vertretene Newschool-Fraktion zusehends auftaut und man nach wenigen Tracks bereits die ersten Leute auf der Meute schweben sieht. Matt Heafy übt sich derweil in trilateraler Kommunikation und spricht seine Ansagen in Englisch, Deutsch und Französisch – Deibel bewahre, dass bei diesem Lingualmanöver nicht der Leckmuskel krampft. In der schweißtreibenden Show der Drachenzähmer aus Florida sitzt jeder Ton, wobei insbesondere die unbarmherzigen Gitarren ihren profunden Beitrag zu einem (zweiten...) nachhaltigen Hörschaden leisten – schönes Ding. Und während an vorderster Front die "TRIVIUM!!"-Chöre gar nicht mehr versiegen wollen, kommuniziert die nonverbale Kommunikation einiger Oldschool-Fraktionisten im verlängerten Séparée des Konzertsaals dezente Zurückhaltung (vom Aufzeigen des inneren Nachbarn eines Ringfingers in Begleitung eines verschmitzten Lächelns wollen an dieser Stelle lieber nichts verraten...). Hier treffen wahrlich zwei Welten aufeinander, höchst interessant.

Setlist TRIVIUM:

  1. In The Court Of The Dragon
  2. Catastrophist
  3. Down From The Sky
  4. The Deceived
  5. Strife
  6. Amongst The Shadows & The Stones
  7. Inception Of The End
  8. Rain
  9. To The Rats
  10. The Heart From Your Hate
  11. In Waves
  12. Pull Harder On The Strings Of Your Martyr

HEAVEN SHALL BURN

Auch HEAVEN SHALL BURN üben sich während des Umbaus in Geheimniskrämerei. Im Sinne der kollektiven Spannungssteigerung leisten sie sich einen alles umhüllenden Vorhang mit "Tirpitz"-Artwork und die dazu passende, gespenstische Klangkulissen-Untermalung, die während der gesamten Umbaupause ertönt. Es scheint, als würde man während des Wartens auf die nahende Materialschlacht sinnbildlich zu einem (nicht vorhandenen – so viel historische Akkuratesse muss sein...) Wrack hinabtauchen. Auch bei den grundsympathischen Thüringern dauert es nicht lange, bis sich über den Köpfen der Besucher ein reger Flugbetrieb einstellt, der die Sicht aus den hinteren Reihen erschwert. Insofern scheint die obligatorische Frage, warum der geneigte Mattenträger heute nicht zwei Straßen weiter bei GRAVE DIGGER und Co. den Haarventilator anschmeißt, allenfalls rhetorischer Natur zu sein. Mit dem wuchtigen Schlachtfest von HEAVEN SHALL BURN erreicht die Party ihren Höhepunkt, zu dem sich auch der unlängst als langjähriger Fan geoutete Matt Heafy für ein Gastspiel auf die Bühne gesellt und zusammen mit HSB "Whatever It May Take" zum Besten gibt. Kurz darauf lassen Marcus Bischoff und Co. einen der ganz kleinen Gäste für einen Song auf die Bühne kommen und mit den Großen abgehen – einfach saumäßig sympathisch, diese Jungs. Darauf ein brachiales Finale mit "Tirpitz" als perfektem Rausschmeißer und der Kahn ist versenkt.

Setlist HEAVEN SHALL BURN:

  1. My Heart And The Ocean
  2. Bring The War Home
  3. Übermacht
  4. Voice Of The Voiceless
  5. Hunters Will Be Hunted
  6. Whatever It May Take (With Matt Heafy)
  7. March Of Retribution
  8. Thoughts And Prayers
  9. Behind A Wall Of Silence
  10. Profane Believers
  11. Black Tears (EDGE OF SANITY)
  12. Endzeit
  13. Numbing The Pain
  14. Tirpitz

...und Harmonie

Wie das ein oder andere Mal erwähnt, ist die Kluft zwischen alter und neuer Schule heute vor der Bühne so präsent wie darauf. Doch fernab unterschiedlicher Vorlieben und liebevoller Stänkereien unter den Fraktionen zeigt sich auch hier, dass die schwermetallische Gemeinde ein angenehmer Menschenschlag ist, in dessen Gesellschaft man sich so gut wie immer guter Stimmung erfreuen kann – ob die Hauptgänge auf der Bühne nun stilistisch harmonieren oder eher wie ein bunter Obstsalat mit Thunfisch sind. Schade nur, dass das Merch-Sortiment der Übersee-Fraktion mit Shirtpreisen bis 40€ und Patches bis 10€ offenbar Pate für die gestiegenen Reise- und Gemeinkosten steht...so gerne ich hier mehr abgeräumt hätte, vergnüge ich mich am Ende doch primär mit einem (mehr oder weniger) regionalen HSB-Shirt mit tagesaktuellem Aufdruck. Was die Show angeht, war's allerdings eine runde, wenn auch bunte Sache.


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