22.02.2020, Kasino Kornmarkt, Trier

REVEL IN FLESH + TORMENT OF SOULS + SOULDEVOURER

Text: Lord Seriousface | Fotos: FiniMiez
Veröffentlicht am 24.02.2020

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Qual der Wahl

Schwere Entscheidungen prägen den Abend des 22. Februar im rheinland-pfälzischen Trier. Das bunte Treiben ritualisierter Bespaßung (Karneval) dürfte den bodenständigen Metaller weit weniger ködern als die miefige Intimität eines Undergroundkonzerts, aber was tun, wenn an just demselben Abend gleichzeitig HELRUNAR und REVEL IN FLESH an verschiedenen Orten spielen? Trotz eines extremmetallischen Zielkonflikts und wenig ernstzunehmender Konkurrenz durch kakophonierende HÖHNER-Chöre folgen schätzungsweise 150 Besucher dem Ruf des Rächers - genug, um das Trierer Kasino Kornmarkt weitgehend zu füllen. Die Location, die sonst überwiegend für bürgerliche Events wie Hochzeiten, Firmenfeiern und dergleichen genutzt wird, erfährt heute die ungestüme Leidenschaft der schwedisch geprägten Fleischeslust und bietet dazu eine imposante, wenn auch ungewöhnliche Kulisse.

SOULDEVOURER

Wie bereits angerissen, wissen glücklicherweise noch genug Leute, wie man richtig feiert und finden sich entsprechend pünktlich zum Startschuss der ersten Band SOULDEVOURER im prunkvollen Festsaal ein. Sänger Oliver entert stilecht mit Schlabberhose und Notenständer die Bühne und erfüllt mit seinem feierlichen Gegrunze den Raum. Der Frontmann zeigt Leidenschaft, brüllt sich zuweilen an den Rande des epileptischen Anfalls und erinnert mit seinem prächtigen Organ an FLESHCRAWLs Frontbären Svenson Groß. Lied für Lied blättert der Hüne die Vorlage auf seinem Notenständer um, würdigt aber das dort befindliche Papier keines weiteren Blickes. Wir hätten zu gerne erfahren, ob hier womöglich die Setlist in Schriftgröße 256, die Lyrics als obsolete Gedankenstütze oder womöglich die aktuelle Ausgabe der "Gesäße von Welt" hinterlegt sein sollten. Während die schlüpfrige Wahrheit dahinter ein Mysterium bleibt, tauen die Besucher vor der Bühne allmählich auf. Zunächst trauen sich nur vereinzelte Headbanger und eine einsame Fotografin bis vor den offenen Raubtierkäfig, was sich im Laufe des Gigs sukzessive in einen freundlichen Dialog entwickelt. Zum Abschluss spendiert die Truppe, deren neuer Basser sich im Nachhinein als alter Kumpel des Verfassers entpuppt, noch den allseits beliebten DEATH-Klassiker "Evil Dead" und alle sind happy.

Setlist SOULDEVOURER:

  1. Intro Motsod
  2. The Grave
  3. Primitive Instincts
  4. Patience
  5. Rot In The Sea Of Flames
  6. Khaoz Lords
  7. Operation Mind-Crime
  8. Dismembered To Death
  9. Taste Of Decay
  10. Blood On My Hands
  11. Evil Dead (DEATH)

TORMENT OF SOULS

Mit Torturen...ähm Balsam für die Seele geht es weiter im Text. Der teils deutschsprachige Death Metal von TORMENT OF SOULS lockt instant die Besucherschaft vor die Bühne, um die zweite Band des Abends gebührend zu begrüßen und mit Bierdeckeln zu bewerfen. Wie es scheint, hat das sechsköpfige Abrisskommando gleich seinen versammelten Fanclub am Start, der die Einladung ins "Schlachthaus" mit lautstarker Unterstützung würdigt und permanent nach "Der Hure" giert. Mit der eingängigen und leicht prolligen Poesie, die mit ausdrucksstarken Titeln wie "Mehr Hass", "Abgehackt" oder "Zombie Barbecue" aufwartet, steht dem feuchtfröhlichen Treiben vor der Bühne nichts mehr im Wege. Die erste Bierdusche verspüren wir noch während des ersten Songs. Leider ist die Gitarre von Markus Reger anfangs ziemlich leise, weswegen seine durchaus beachtlichen Fertigkeiten am sechssaitigen Langhals zeitweise dem Sehsinn vorbehalten bleiben. Im Laufe des Sets reguliert sich das Ganze allerdings wieder ein und wenn man es genau nimmt, hat die anfänglichen Soundprobleme inmitten der gehobenen Stimmung vermutlich eh keiner bemerkt. Und letztlich sind es doch die nur die positiven Schwingungen, auf die es ankommt - und die haben die Schlachthausveteranen ganz klar drauf.

Setlist TORMENT OF SOULS:

  1. Schlachthaus
  2. Aus Der Erde
  3. Legion
  4. Blooddawn
  5. Mehr Hass
  6. Bone Stone Brain
  7. Fidelis Ad Mortem
  8. Dämon
  9. Die Hure 1
  10. Walking Dead
  11. Es Ist An Der Zeit
  12. Abgehackt
  13. Every Bone Broken
  14. Zombie Barbecue

REVEL IN FLESH

Keine zwei Bier später schlägt die Stunde des Rächers. Die Gastgeber REVEL IN FLESH checken kurz ihren Sound, salutieren mit einer fünffachen Ghettofist und eröffnen mit dem Titelsong ihrer neuen Platte "The Hour Of The Avenger", die mit stolzen sieben Songs auskömmlich vorgestellt wird. Ralf Hauber posiert, als beschwöre er den Leibhaftigen und brilliert neben seinen zünftigen Growls auch mit markigen Urschreien, die an die Flugsaurier aus Jurassic Park oder wahlweise ein ausgewachsenes Seeungeheuer erinnern (#synchronschauspielentaugtalsnebenjob). Die TORMENT OF SOULS-Fanclub-These scheint sich insoweit zu bestätigen, dass sich die Schwaben den Ameisenhaufen zu ihren Füßen zunächst im Schweiße ihres Angesichts zurückerobern müssen - was jedoch nach wenigen Songs glückt. Nach einer kurzen Einmoshphase reißen auch hier die stetigen Liederwünsche, die mitunter obskure Zwischenrufe wie "Kölle Alaaf!" und "Deine Mutter!" hervorbringen, nicht ab. Selbstredend weiß das Publikum, dass Death Metal am besten schnell und hart serviert wird und würdigt die Uptempo-Brecher wie "Emissary Of All Pages" und "Deathblow" mit flotten Füßen und schwermetallischen Polonaisen. Das karnevalistische Treiben geht also selbst hier, im Schmelztiegel des Oldschool Death Metal, nicht ganz spurlos am Abend vorbei, macht aber in der dargebotenen Form ungleich mehr Spaß. Neben dem krönenden Abschluss mit MOTÖRHEADs "Rock Out" erheitert besonders der freundliche Hobbyreporter, der von irgendwoher ein Mikrofon entwendet hat und die Besucher nacheinander interviewt. Man könnte also subsummieren: "we are REVEL IN FLESH, and we play Rock'n'Roll!"

Setlist REVEL IN FLESH:

  1. The Hour Of The Avenger
  2. My Trial
  3. Fortress Of Gloom
  4. In The Name Of The Flesh
  5. Emissary Of All Pages
  6. Casket Ride
  7. Blood Oath
  8. Deathblow
  9. Cryptcrawler
  10. The Nihilistic Nothingness
  11. Torture Throne
  12. Shadowbreeder
  13. Sky Burial
  14. Rock Out (MOTÖRHEAD)

Selten so schön dahingeschieden

Auch heute erfahren wir wieder die Vorzüge des rumpelnden Untergrundes - offen gestanden entpuppt sich der heutige Besuch sogar als das bei Weitem entspannteste Konzert seit Langem. Trotz des anständig besuchten Venues kommt man sich kaum in die Quere und muss allenfalls sporadisch Wartezeiten in Kauf nehmen. Dass der schmucke Festsaal gänzlich ohne Wellenbrecher auskommt, erlaubt eine intensive Tuchfühlung mit den auftischenden Bands und trägt damit wesentlich zur familiären Atmosphäre des Abends bei. Das exquisite Ambiente und die reichlich bestückte Merchtheke runden die Sache ab und hinterlassen den abschließenden Eindruck, selten so nobel dahingeschieden zu sein...was wir natürlich gerne bei der nächsten Gelegenheit wiederholen!


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