10.02.2018, ((szene)) Wien, Wien

HARAKIRI FOR THE SKY & ANCST & ELLENDE

Text: Lee | Fotos: Kalti
Veröffentlicht am 14.02.2018

» Hier gehts zur Galerie...

ELLENDE haben den Abend mehr als nur gebührlich eingeleitet –  seit 2011 ist ELLENDE ein Begriff und wenn man sie live performen sieht, ist das eine mehrköpfige Erweiterung, sozusagen. ELLENDE ist eigentlich ein Soloprojekt, Lukas‘ ganz persönliches Ding – wer kann der kann, wie es so schön heißt.

Seit Anbeginn überschlagen sich die Kritiker und bei den meisten Reviews gibt es äußerst gute Bewertungen. Brachialer Black Metal (manche bezeichnen es als BURZUM-Sound) trifft Shoegaze trifft Atmospheric trifft Post-Black Metal – so, alle Schubladen bedient.

Live machen ELLENDE nicht ganz so nostalgisch wie auf Platte, das ist bestimmt auch der Atmosphäre geschuldet. Selbst als erste Band des Abends konnten sie auf einen gut gefüllten ((szene))-Saal blicken. Der einzige Wermutstropfen an einer Liveperformance ist nur, dass man sich nicht ganz so in die Musik fallen lassen kann wie zuhause auf der Couch bei einem Glas Whiskey [Anm. d. Lekt.: Do-hoch, das geht...] – qualitativ bleibt es hochwertig. Lukas‘ Gesang geht unter die Haut wie frisch geschliffener Stahl, das Einzige was sich ein wenig in der ((szene)) verloren hat waren die Klaviersounds. ELLENDE muss man gesehen haben – am Besten auf einem Festival, nachts, draußen unter dem tiefschwarzen Himmel, umgeben von dichtem Wald .. aber man nimmt was man kriegt, auch Indoor-Auftritte haben es in sich.
 


ELLENDE

ANCST hatten ein schweres Los nach ELLENDE, muss man ganz ehrlich sagen. Der Großteil des Publikums war wegen HARAKIRI FOR THE SKY oder/und ELLENDE da – und die beiden Bands stehen sich stilistisch auch um einiges näher als ANCST. Nun, aus purer Höflichkeit bleibt man natürlich trotzdem vor der Bühne und gibt jeder Band die gleiche Chance.

ANCST sind aus Berlin und machen (ich hasse diese Genrebezeichnung): Crust. Gemischt mit deutlich hörbaren Hardcore-Einflüssen und Entlehnungen aus dem Black Metal ergibt sich eine sehr energiegeladene Kombination. Das hat man auch den Bandmitgliedern angesehen, die auf der Bühne abgehen wie böse – teilweise musste man sich schon Sorgen machen dass eins der Instrumente, mit denen wild herumgefuchtelt wurde, eins der Bandmitglieder ausknockt. Ist nicht passiert, alles gut. Abgesehen von den Leuten im Publikum die mit der corelastigen Performance etwas anfangen konnten, haben sich einige Leute nach den ersten Songs mal zum Bier holen oder Merch bewundern verzogen. ANCST sind nicht schlecht, auch live nicht – aber halt nicht jedermanns Sache. Wer dem Hardcore nicht abgeneigt ist sollte unbedingt mal reinhören und sie sich auch live mal geben – man darf eine kurzweilige und musikalisch nicht uninteressante Show erwarten.
 


ANCST

HARAKIRI FOR THE SKY haben es dann geschafft - als die ersten Klänge ertönten, war es bereits kaum mehr möglich sich in dem vollgestopften Saal besonders viel zu bewegen. Das ist wohl das schönste Kompliment für eine Band und eine Freude für die Veranstalter – und man hat den Leuten angemerkt, dass sie von der ersten Minute an richtig viel Spaß hatten.

Post Black Metal erlebt eine ziemliche Schwemme an neuen Bands seit einiger Zeit und es scheint auch kein Abebben dieser Flut in Sicht – was natürlich, bei gegebener Masse, auch entsprechend viel Müll mit sich bringt. HARAKIRI FOR THE SKY sind umso willkommener, weil sie sich unaufgeregt über diesen Müll erheben und seit Beginn erfrischend sind – sowohl bei der x-ten Umdrehung der Platten zuhause, als auch auf der Bühne. Spätestens seit „Aokigahara“ (2014) sind sie ein fixer Bestandteil der österreichischen Szene und weit über die Landesgrenzen ein Begriff. Bei der Liveperformance spiegelt es genau das wieder – gelassen und ohne viel Aufheben darum zu machen verdrehen sie dem Publikum den Kopf.

Es ist jedes Mal aufregend eine Band live performen zu sehen die selbst sichtlich so viel Freude an ihrem Schaffen hat – egal wie oft man sie schon gesehen hat, das wird nie langweilig. HARAKIRI FOR THE SKY machen das Ganze mit einer gewissen Coolness, die man sich wohl im Laufe der Zeit erspielt. Von den Texten her sind HARAKIRI FOR THE SKY ebenso wenig wie ELLENDE auf der Sonnenseite angesiedelt, bei der Show geht jedoch das dumpf-triste Gefühl das die Musik teilweise vermitteln kann verloren, was der Atmosphäre geschuldet ist. Das nimmt dem Messer nicht unbedingt die Schärfe, sondern macht ein Konzert eben zu einer gänzlich anderen Erfahrung als wenn man mit ihrer Musik alleine ist.

Ebenso wie bei ELLENDE gilt auch hier eine unbedingte Live-Empfehlung. Sollte man mal gesehen haben. Oder mehrmals. Besser mehrmals.
 


HARAKIRI FOR THE SKY


ANZEIGE
ANZEIGE