30.11.2017, Rockhouse, Salzburg

SÓLSTAFIR & MYRKUR & ÁRSTÍÐIR

Text: Anthalerero | Fotos: Anthalerero
Veröffentlicht am 08.12.2017

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Ei der Daus, isländische Magie in Salzburg! Das hat man doch seit zehn Jahren damals noch in der kleinen Rockhouse-Bar gegenüber – nicht mehr gesehen! Entsprechend pilgerten auch eine ganze Menge, um nicht zu sagen, überraschend viele Leute an diesem Abend in den großen Rockhouse-Saal, um sich im kuschelig Warmen eine Dosis nordischen Eiseshauches abzuholen. Ein euphorisch-ausgelassenes Publikum gab es zwar nicht, doch zugegeben, die musikalische Welt der Isländer ist auch nicht dafür bekannt, mit seichten Humppa-Klängen das Partypublikum anzuziehen. Es herrschte also eine entspannte, ruhige Atmosphäre, die nur von einem renitenten Gast, der sich mit der Begründung „Ich hab auch gezahlt“ rücksichtslos nach vorne drängte und dort sowohl aufmerksam lauschenden Musikgenießern als auch den anwesenden Fotografen unangenehm auffiel. Mädels, wenn ihr das ernsthaft „cool“ findet, dass sich jemand gebärdet wie ein Alphamännchen im Arschlochmodus und versucht bei SÓLSTAFIR einen Moshpit anzuzetteln, dann geht bitte mitsamt euren stänkernden Gefährten nach Hause. Oder bleibt gleich dort – auf euch kann man nämlich echt verzichten.


Bevor man aber die isländischen Atmosphärenzauberer zu hören bekam, gab es erst noch zwei Vorbands auf die Ohren. ÁRSTÍÐIR eröffneten den Dreierreigen mit ruhigen Akustik-Folk-Klängen, vorgetragen in einer Mischung aus Hingabe und nordischem Stoizismus. Bedingt durch die wenige Bewegung, sowohl auf der Bühne als auch im leider sehr gleichförmigen und höhepunktslosen Songmaterial, zog sich das Set trotz seiner Kürze gefühlt stark in die Länge und konnte den Großteils des Publikums, das dennoch höflich und still lauschte, nicht so wirklich erreichen. Nicht einmal die Kurzzeit-Unterstützung des SÓLSTAFIR-Drummers während zweier Songs vermochte das Interesse der Besucher wirklich zu wecken, so boten ÁRSTÍÐIR ein letztendlich doch mehr entbehrliches Vorprogramm, das am Durchschnittsgeschmack des Publikums wohl deutlich vorbeischrammte.
 


Ganz anders danach die Dänen von MYRKUR, die trotz äußerst spezieller Mischung auf deutlich mehr Interesse zurückgreifen konnten. Die Verbindung aus glockenheller, beinahe elfenhaft anmutender Frauenstimme und hymnischen schwarzmetallischen Klängen mag nicht jedermanns Sache sein, dennoch verstanden es MYRKYR, das Publikum über die Dauer des Sets zu fesseln. Wohl mag dem einen die hohe, helle Stimme der zerbrechlich wirkenden Fronterin Amalie Bruun unangenehm in den Ohren klingen  und er möchte gerne mehr des nur selten, aber wirkungsvoll eingesetzten Kreischens hören  und dem anderen vielleicht die elegische, tiefschwarze Gitarrenraserei einen weniger wohligen Schauer verursachen, doch Geschmäcker sind bekanntlich verschieden und die konträre, aber wirkungsvolle Mischung, die MYRKUR kreieren birgt genügend Stoff für angeregte Diskussionen. Wiewohl der Berichterstatter sich eher zu ersterer Zuhörer-Gattung zählt, so konnte er sich dennoch nicht der seltsamen Magie dieser durchaus außergewöhnlichen Band entziehen...

Setlist: (Ohne Gewähr!)

  • Mareridt
  • The Serpent
  • Ulvinde
  • Onde Børn
  • Vølvens Spådom
  • Jeg Er Guden, I Er Tjenerne
  • Måneblôt
  • Elleskudt
  • Skøgen Skulle Dø
  • Skaði
  • De Tre Piker



 

... Ebenso wie bei SÓLSTAFIR, die die Anwesenden im beinahe vollen Rockhouse binnen weniger Takte tief in ihr musikalisches Universum ziehen konnten. Dass die Isländer an diesem Abend zu fünft auf der Bühne stehen, statt wie gewohnt zu viert, überrascht, haben sich SÓLSTAFIR doch den ÁRSTÍÐIR-Keyboarder Ragnar Ólafsson für ihre Live-Performance mit ins Boot geholt. Und dieser geht dann auch hinter den Tasten voll auf (oder ab, Anm. d. Lekt.) – genau wie der Rest der Band, die das Publikum mit Inbrunst für die Dauer des gut anderthalbstündigen Sets in eine andere Welt versetzt. Überhaupt scheinen viele der Anwesenden gar soweit entrückt, dass von ordinärem Gebrülle oder lautstarken Geräuschen abgesehen wird und stattdessen gefesselt der Show gefolgt wird. Nicht immer bedeutet ein vergleichsweise stilles Publikum Desinteresse – im Falle von SÓLSTAFIR bedeutete es wohl sogar das Gegenteil, nämlich ungeteiltes Interesse am Treiben auf der Bühne.

Dieses zeigte sich, wie von den Isländern wohl gewohnt, mit einer Prise Unnahbarkeit – so durften auch die Fotografen den Graben nicht betreten, um nur ja nicht zu viel Nähe zuzulassen. Gerade dadurch entfaltete aber der gegen Ende des Sets überraschend eingebaute „Seiltanz“ des Sängers Addi, der, auf die Hände der Besucher gestützt, singenderweise über das Absperrgitter spazierte (!), umso mehr Eindringlichkeit. Zwar konnte man als alter Konzertveteran, obwohl zum ersten Mal mit dem Phänomen SÓLSTAFIR live konfrontiert, hie und da Anzeichen für etwas zu sehr routiniertes Stageacting finden, doch den Großteil der Fans dürfte das an diesem Abend nicht gestört haben. Vor allem nicht, da sich die Isländer noch lange nach der Show am Merchstand dem direkten Kontakt mit den Fans stellten und bereitwillig Autogramm- und Fotowünsche erfüllten. Etwas, das nach den Maßstäben des Berichterstatters weit mehr zählt als distanziertes, routiniertes Verhalten auf der Bühne. Die Magie von SÓLSTAFIR liegt in der Verschmelzung dieser beiden konträren Welten, die sich sowohl in der Musik widerspiegeln als auch die isländische Seele besser beschreiben, als es Worte jemals könnten.
 


 

Setlist: (Ohne Gewähr!)

  • Silfur-Refur
  • Ótta
  • Lágnætti
  • Köld
  • Hula
  • Fjara
  • Bláfjall
  • Goddess Of The Ages
     

Ein paar mehr Fotos findet ihr wieder einmal bei Images Of Pain And Pleasure.


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