28.10.2017, Pfarrsaal Lenzing, Lenzing

Die Rache des Fenris 2017

Text: Anthalerero | Fotos: Anthalerero
Veröffentlicht am 04.11.2017

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Ja, ist es denn zu glauben! Ein Festival, fast direkt vor der Haustüre eines kleinen Schreiberlings! Ganz klar, da muss der ortsansässige (ok, weitestgehend... nennen wir es mal die selbe Region...) Stormbringer-Vertreter natürlich hin! Der Pfarrsaal von Lenzing war bis dato ein unbeschriebenes Blatt im Locationkatalog dieses Berichterstatters, doch das sollte sich nun mit dem kreativ „Die Rache des Fenris“ betitelten Festival ändern. Feinster Krawall aus der schwarzmetallischen und heidnischen Ecke wurde versprochen – und das alles direkt neben der (katholischen) Kirche von Lenzing. Ja sapperlot, Black und Pagan, die erklärten Gegenbewegungen zur bigotten katholischen Glaubensbewegung – Blastbeats und Gekeife im Schatten des wuchtigen Kirchturms – das birgt doch Zündstoff, oder?

Mitnichten. Denn wie man nach dem Festival erfahren konnte, gab es keinerlei Beanstandungen seitens der Gemeinde, hinsichtlich des doch teils ziemlich gesalzenen Krawalls, der den Pfarrsaal ordentlich durchrüttelte. Lenzing ist, was das betrifft, eine moderne, aufgeschlossene (Kirchen-)Gemeinde – wie man im übrigen auch anhand der Kirche selbst sehen kann. Sollte ein architektonisch interessierter Mensch diese Zeilen lesen, sei ihm ans Herz gelegt dieses Gebäude durchaus einmal aufzusuchen – es handelt sich nämlich um eine junge, sehr moderne Kirche. In den 1960ern erbaut, mit Einfachheit und klare Linien, verbindet sie wuchtigen Industriestil (passend zur Industriestadt Lenzing) mit einem filigranen Glasdach, welches für helles, lichtdurchflutetes und modernes Ambiente sorgt. Von wegen angestaubt und rückständig – sogar die heidnischen Krawallbrüder dürfen sich im Pfarrsaal unbehelligt austoben (die Kreuze hat man allerdings vorsorglich abgehängt). Damit also genug des trockenen Touri-Stoffs und zurück zum Kern des Abends: Musik!
 


SYNKENDE

Bitterböse durch und durch, rasend und voll der Energie: SYNKENDE eröffneten das Festival mit einer ordentlichen Breitseite an hämmernden Blastbeats. Stakkato-Riffs und durch Mark und Bein gehendes Geschrei stimmten die Besucher am Nachmittag auf das Festivalprogramm ein – fetter, fein ausbalancierter Sound und tolle Lichtshow schon bei der ersten Band, hoben die Laune gleich gewaltig. Auch das Zuschaueraufkommen zur frühen Stunde war bereits überraschend hoch, so konnte das schwarzmetallische Trio vom Fleck weg auf die Unterstützung der Besucher bauen und amtlichen Applaus einfahren.

Deutlich melodischer ging es weiter mit RAVENLORD, die eigens aus Bayern angereist waren. Deren hymnischer Pagan, bisweilen mit kleiner schwarzmetallischer Schlagseite, konnte das sich stetig mehrende Publikum schnell für sich einnehmen. Mitreißend und atmosphärisch präsentierte sich die Performance und es kristallisierte sich als perfekter Schachzug von RAVENLORD heraus, ihren durchaus beschwingten Humppa-Partysong als Abschluss des Sets hinauszuballern, da ein Partykracher mittendrin wohl die stimmige Atmosphäre des Auftritts ruiniert hätte. So konnte sich das Publikum nach aufmerksamem Lauschen aber, als Belohnung, im vom Sänger höchstselbst angezettelten Moshpit ordentlich die Kante geben. Starke Vorstellung!


RAVENLORD

ADAMON aus Niederösterreich konnten hier nicht so ganz anschließen, da ihr durchaus melodischer, von gelegentlichen kräftigen Härteeruptionen aufgelockerter Sound, der vom klassischen „Beauty And The Beast“-Zusammespiel aus gruzendem Herrn und starker Damenstimme lebte, vermutlich ein wenig aus dem Raster des Zielpublikums fiel. Das umschifften ADAMON gekonnt, indem sie gleich im Bus mit eigener Fan-Unterstützung anreisten, welche dann auch ordentlich Stimmung im Saal machten! Doch der letzte Funke zur Begeisterung wollte einfach nicht so recht überspringen, was angesichts des stimmigen Liedguts und der tadellosen Instrumentalleistung irgendwie schade war.

Dafür hatten REGNUM NORICUM als Lokalmatadoren leichtes Spiel – zum ersten Mal begann es voller zu werden in der Halle, die mit elegischen schwarzmetallischen Gitarrenläufen und deathigem Arschtritt so richtig durchgeprügelt wurde. Ein Übriges dazu tat der fett abgemischte Sound, der den Leuten den starken Black Metal vom eben erst veröffentlichten Debüt „Norici Erbo“ (Dessen Release auch am heutigen Tage gefeiert wurde!) so richtig ins Cerebrum prügelte. Einzig das Gekeife war im Gesamtsound fast einen Tick zu leise, doch das Publikum störte sich daran nicht und verlangte lautstark und hartnäckig eine Zugabe der Herren im Kilt – die allerdings leider nicht mehr drin war, da REGNUM NORICUM bereits ihr komplettes Album vorgetragen hatten. Eine wirklich starker, stimmiger Auftritt, von der Sorte man in Zukunft gerne mehr sehen möchte!


REGNUM NORICUM

Auf hohen Publikumszuspruch konnten auch die folgenden FINSTERFORST bauen, deren Auftritt sich dank erneut hervorragendem Sound äußerst mitreißend gestaltete. Da flogen die Haare nur so in den (vorwiegend weiblichen) vorderen Reihen, während dahinter der Moshpit tobte. Einzig ein vorwitziger Crowdsufer, der auf die Bühne flog, dort eine Monitorbox umriss und sein Bier auf dem Boden zwischen dem Equipment verteilte, sorgte für kurzfristige Irritation – wurde er doch weniger von duzenden Händen nach vorne gereicht, als einfach von mehreren Personen nach Vorne getragen und anschließend auf die Bühne geschmissen. Die Essenz des Crowdsurfings, quasi. Trotz umjubelten Auftrittes gestaltete sich das Ende der FINSTERFORST-Show etwas seltsam. Das Fehlen der eigentlich erwarteten Zugabe-Rufe ließ ein angespanntes Vakuum entstehen, das weder Besucher noch Band so wirklich interpretieren konnten – so wandten sich die einen etwas verwirrt zur Bar und die anderen räumten Schulterzuckend und nicht minder verwirrt ohne Abschiedsgruß die Bühne.

Zu NOTHGARD kehrte die Damenwelt angesichts des feschen Sängers und Gitarristen Dom R. Crey geschlossen an die Front zurück und wurde nicht enttäuscht. Zwar startete der Gig für den Vierer denkbar schlecht, streikte doch schon nach den ersten Takten der Bass. Dass sich die Probleme dann aber fast den halben Gig lang hinzogen, das war kaum absehbar. Es war der Band anzusehen, dass die Situation (nach dem Instrument selbst, wurde noch die halbe Peripherie getauscht, bis der Tieftöner endlich wieder ertönen konnte) alles andere als angenehm war, doch die vorübergehend zum Dreigestirn zusammengeschmolzenen NOTHGARD zogen die Show zunächst auch ohne Bass professionell durch – dafür dass es auch der erst zweite Auftritt mit Neu-Gitarrist Felix war, wirkte die Truppe bereits gut eingespielt. Als der Bass endlich funktionierte war die Welt dann auch wieder in Ordnung und die Besucher kamen auf ihre Kosten – und NOTHGARD konnten sich über Zugabe-Rufe freuen, denen sie nur zu gerne nachkamen.


WALDSCHRAT

Im Schein düsterer Beleuchtung, Nebel und dem Geruch von Räucherstäbchen wankten WALDSCHRAT auf die Bühne und zündeten ein Feuerwerk aus atmosphärischem, schwermütigem Schwarzmetall. Nach den eher schmissigen Partysongs waren WALSCHRAT ein ziemlicher Brocken zum schlucken, doch die Truppe lieferte einen derart machtvollen Auftritt ab, dass es einem die Gänsehaut schier bis in die Zehenspitzen jagte. Der Berichterstatter, ein erklärter Feind geruchsintensiven Räucherwerks, sah sich das elegische Liedgut der vollen Einsatz zeigenden WALDSCHRAT dann lieber aus sicherer, geruchsneutraler Entfernung an – wo dann auch noch eine kleine Meinungsverschiedenheit zwischen zwei Besuchern mit einer blutigen Nase und dem vollen Blaulichtprogramm endete. Das hätte es nun nicht gebraucht, aber schmälerte den Musikgenuss von WALDSCHRAT, die sich ihren lauten Beifall mehr als verdient abholen konnten, zu keiner Zeit.

Spiel – Satz – Sieg hieß es zum Abschluss des Abends für EQUILIBRIUM, die vom ganz und gar nicht müden Publikum heftigst abgefeiert wurden. Der Moshpit tobte durch die mit gut 300 Leuten inzwischen gut gefüllte Halle, die Fäuste wurden in die Luft gereckt und nach bestem Wissen und Gewissen mitgegrölt. Trotz Ausfall eines Gitarristen, was im Vorfeld der Show für einiges an Hektik gesorgt hatte, stellten EQUILIBRIUM einen amtlich böllernden Sound auf die Beine – lediglich ein Stricherl weniger am Lautstärkeregler hätte es auch getan, so sehr ertaubt konnten die Zuseher nach der acht Bands starken Vollbedienung noch gar nicht sein. Doch dem derbst steil gehenden Publikum war es wohl egal (zumindest der schon den ganzen Abend „Ich kann mich noch immer hören, es ist nicht laut genug!“-Rufer dürfte nun auf seine Kosten gekommen sein...), es gab sich einfach zu dem tanzbaren, pardon, moshbaren Pagan Metal so richtig die Kante. Der Schlussapplaus hallte dann auch dementsprechend lange nach!


EQUILIBRIUM

Und so ging die erste Auflage der Rache des Fenris laut und höchst erfolgreich zu Ende. Für die erste Ausgabe schlug sich das Organisationsteam mehr als wacker und bot den überraschend zahlreichen Besuchern ein gemütliches Ambiente, in dem man sich als Metalhead gleich zuhause fühlte. Sowohl Ton als auch Licht ließen keine Wünsche offen (ein Lob noch einmal an die Lichttechnik!) und auch an der Kulinarik ließ sich keine Beanstandung finden, dank großer Getränkeauswahl und exzellenter Verpflegung. (Die Burger waren wirklich sehr zu empfehlen, auch wenn das fresswütige Publikum zu fortgeschrittener Stunde bereits die meisten Soßen vertilgt hatte – das entspannte und improvisationsfähige Team reichte die Fressalien dann auf Wunsch auch ohne Soße zum reduzierten Preis. Top!) Einzig das Fehlen von genügend Mülleimern war zu bemängeln (was vielleicht für etwas weniger klebrigen Boden im Barbereich gesorgt hätte), während der Aufbau des Merchs am Balkon nur gelobt werden kann, trotz des für höheres Aufkommen von Kaufwilligen vermutlich etwas engen Treppenhauses.

Die Rache des Fenris lieferte einen perfekten Festivaleinstand, der Hoffnung darauf macht, dass das Event von nun an als Fixpunkt in die Landschaft kleiner Festivals aufgenommen werden darf! Stormbringer ist jedenfalls auch nächstes Jahr wieder mit dabei!

Schaut auch noch bei Images Of Pain And Pleasure vorbei, denn dort wird es die nächsten Tage noch ein paar mehr Fotos aller Bands geben!


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