16.04.2017, Backstage (All Area), München

Dark Easter Metal Meeting 2017 - Tag 2

Text: Anthalerero | Fotos: Anthalerero
Veröffentlicht am 23.04.2017

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Den ersten Festivaltag hatte das kleine Schreiberlein mit dem Klumpfuß also gut überstanden. Doch der Hauptteil des Festivals, mit der vollen Dröhnung Schwermetalls auf allen drei Bühnen, stand noch an. Stilecht am Ostersonntag, sollte im Backstage München ein weiteres Mal der Osterhase nach allen Regeln der unchristlichen Kunst geschändet und ausgeweidet werden – musikalisch natürlich, den herumhoppelnden wilden Stadtkaninchen (Kaninchen sind übrigens keine Hasen, bringen also demzufolge keine Ostereier! Nur um das an dieser Stelle klarzustellen.) im Umfeld des Backstage-Geländes (mal ehrlich, die Viecher müssen durch die Dauerbeschallung dort inzwischen stocktaub sein) geschah natürlich kein Leid. [Anm. d. Lekt.: Mit Klammerbemerkungen sparen wir heute aber auch nicht...] Zumindest keines, von dem man erfahren hätte...


DECEMBRE NOIR - Melancholie am Nachmittag, nur echt in Schwarz-Weiß

Wenig Leid, aber dafür knüppelharte doomig-schwarzmetallische Klänge, gab es zum Auftakt im Club von VALBORG auf die Lauscher. Die Tendenz zur Überfüllung aller Locations setzte sich auch hier fort, so konnten die Deutschen auf die unbedingte Unterstützung des Publikums bauen. Mit entsprechender Hingabe holzte sich die Truppe auch durch ihr knackiges Set und konnte mit ihren schweren Klängen, hypnotischen Riffs und nihilistischen, niederschmetternd-drängenden Vocals schon am frühen Nachmittag punkten.

Nahezu Avantgardistisches wurde zur Eröffnung des zweiten Hallentages von DECEMBRE NOIR kredenzt. Zwar zeigten sich einige Zuseher etwas irritiert durch das durch die Oberlichte einfallende Tageslicht (Dunkeldüstere Klänge und Tageslicht – ihr wisst ja...), doch die Band lieferte nichtsdestotrotz einen stimmungsvollen, äußerst starken Auftritt ab. Die bereits wieder aus allen Nähten platzende Halle zeigte sich von den atmosphärischen, von Schwermut und Melancholie geschwängerten Klängen sichtlich beeindruckt und wiegte sich teils entrückt in den machtvollen Klängen irgendwo zwischen Death, Doom und Gothic. Soundtechnisch hatte man in der Halle im Vergleich zum Vortag ordentlich nachgebessert, gab es doch nun auch hier einen schön ausgewogenen und nicht zu lauten Mix auf die Ohren, worüber man sich gerade aufgrund der musikalischen Feinheiten von DECEMBRE NOIR freuen konnte – und im Hinblick auf die noch kommenden Gruppen Großes erwarten konnte.


MOURNING BELOVETH - Schwermut und harsche Töne

Mit der Öffnung des Werks mit den irischen MOURNING BELOVETH konnte man das Festival dann als richtig angelaufen bezeichnen. Wahre Menschenmassen wälzten sich inzwischen durch das Backstage-Gelände, sodass selbst vor der Hauptbühne im großen Werk bereits überraschend viel los war. MOURNING BELOVETH dankte es den zahlreich Erschienenen mit einer hingebungsvollen, technisch einwandfreien Performance. Wie schon vorhin in der Halle, waberte Schwermut durchs Auditorium, als die Iren mit ihren harschen Death/Doom das Werk beschallten. Einzig das Publikum kam noch nicht so wirklich in die Gänge, was aber vermutlich an den immer frostiger werdenden Temperaturen im Außenbereich lag, die die teils zuvor in langer Schlange vor dem Backstage wartenden Leute ordentlich durchgefrostet hatten. Der geneigte Freund der extrem-metallischen Musik hat ja doch lieber frostige Klänge, als frostige Temperaturen...

Eine Prise Wahnsinn gefällig? Selbige stand im Anschluss in der Halle zur Abholung bereit, wo FÄULNIS unter riesigem Zuschauerzuspruch ihr durchaus melodisches Gebräu aus Death, Black und Doom zum Besten gaben. Der charismatische Fronter Seuche hatte das Publikum mit großen Gesten und irrem Blick, stets an der Grenze zum Wahnsinn zu stehen scheinend, vom ersten Augenblick an im Griff. Die Mischung aus kritischen Texten und arschtretendem Schwermetall zündete im Backstage ohne Umschweife und ließ die dicht gedrängt stehenden Leute gewaltig abgehen. Der Berichterstatter indes kehrte dem umjubelten Auftritt von FÄULNIS nach einiger Zeit den Rücken, um noch für einen Sprung im Club vorbeizuschauen.


FÄULNIS - Riesiger Publikumszuspruch

Dort war nämlich gerade die Todesmetall-Brigade von HAILSTONE am fuhrwerken. Die Truppe aus München konnte den kleinen Schreiberling bereits im Januar im Feierwerk überzeugen und legte auch am Dark Easter Metal Meeting pflichtschuldig einen ordentlichen Abriss hin. Es war schon fast unnötig zu erwähnen, dass auch die Lokalmatadore von HAILSTONE auf einen bis auf den letzten Platz gefüllten Club zählen konnten, in dem die knackigen Todesmetallischen Walzen ordentlich abgefeiert wurden. Mit sympathisch-witzigen Ansagen und energiegeladener Performance brauchten sich HAILSTONE vor dem restlichen Programm des Abends zu keiner Zeit zu verstecken und holten sich ihren redlich verdienten, lange andauernden Jubel zu Recht ab.

Wer dachte dass DECEMBRE NOIR schon Schwermut verbreiteten, der schlitzte sich vermutlich zu den Klängen von AHAB gleich die Pulsadern oder die Kehle auf. Die Deutschen doomten das Publikum regelrecht zu Tode, mit mächtigen Riffungetümen, die sich tief in die schwarzen Seelen der Anwesenden bohrten und die Gedanken mit schwarzer Lava überfluteten, die schmatzend über dem Selbst zusammenschlug und es in ewiger Schwärze begrub. Die magisch anmutenden, größtenteils schon im Funeral Doom angesiedelten Klänge entfachten im Werk eine unglaublich dichte, niederschmetternde Atmosphäre, die von den Anhängern selbiger Klänge begierig aufgenommen wurde. Die Freunde der Highspeed-Blastbeats kamen bei AHAB definitiv nicht auf ihre Kosten und ergriffen vermutlich die Flucht, für Doom-Freunde war das, was AHAB da boten, aber ganz großes Kino.


HARAKIRI FOR THE SKY - Gänsehaut.

Im Anschluss an die Doom-Walze im Werk, stand die schwierigste Entscheidung des Tages an. Die heimische Krawall-Fraktion bespielte gleichzeitig Halle und Club – HARAKIRI FOR THE SKY schickten sich an die Halle in Post-Black-Atmosphäre zu tunken, während die Tiroler von ASPHAGOR zur Blastbeat-Attacke auf den Club bliesen. Wohlwissend um die notorische Überfüllung der beiden kleineren Locations und bezugnehmend auf das jeweilig letzte Sichtungsdatum der Gruppen (ASPHAGOR konnte der Berichterstatter erst kürzlich am Alpine Steel Festival bewundern), fiel die Entscheidung zugunsten der heimischen Vorzeige-Postler. Und die Entscheidung zahlte sich auf voller Länge aus, entfachten HARAKIRI FOR THE SKY doch eine Stimmung in der Halle, wie man sie dort die Tage noch nicht gesehen hatte. Ein dicht gedrängtes Meer an wirbelnden Haaren honorierte drinnen die magischen Kompositionen aus dem Klangkosmos der wohl aktuell besten österreichischen Band, während draußen noch ein erkleckliches Häufchen an Zusehern vergeblich auf Einlass in die rappelvolle Halle warten musste. Auch von Innen gab es kein Hinauskommen mehr – zum Einen aufgrund der dicht an dicht stehenden Besucher, zum Anderen wegen der einnehmenden, fesselnden Songs (ein Gutteil davon vom aktuellen Meisterwerk „Trauma“), die es unmöglich machten, sich von der Performance und der daraus resultierenden Atmosphäre überhaupt zu lösen.


ASPHYX - Die Blutkehle zertrümmerte das Werk!

Dem was die Österreicher gerade in der Halle entfesselt hatten, standen im Anschluss im Werk ASPHYX um nichts nach – doch... anders. Wo HARAKIRI FOR THE SKY mit Atmosphäre gefesselt hatten, entfachte die niederländische Death-Doom-Division einen akustischen Flächenbrand. Dabei mussten „Blutkehle“ Martin van Drunen und seine Mannen, wie alle Bands im Werk, mit einer deutlich eingeschränkten Bühnenfläche zurechtkommen, nahmen doch die bereits aufgestellten Bühnenaufbauten des späteren Headliners MAYHEM alleine etwa die Hälfte der Bühne ein. ASPHYX zeigten sich, gelinde gesagt, not amused über diese Tatsache, aber zogen ihren energiegeladenen Gig dafür mit umso mehr Wut und Vehemenz durch. Was für ein gottverdammtes Brett! „Death The Brutal Way“ kreischte das ab einem Dutzend Bieren erst funktionierende Silberhaar ins Publikum, während seine Instrumentalisten wie der leibhaftige Teufel über das bis zum Anschlag volle Werk hinweg pflügten. Hundertschaften an kreisenden Matten zerstörten ihre Gebeine zu den sägenden Klängen der todesmetallischen Schlachtmaschinerie. Ein Wunder, dass die Bude dem Dauerfeuer von ASPHYX überhaupt standhielt! Die nach Tod und Zerstörung gierende Meute feierte Van Drunen und seine Mitstreiter gnadenlos ab, und hebelte mit ihrem Gebrüll fast das Dach von der Halle. Was für ein Abriss!


ELLENDE - Atmosphäre mit Humor

Heftigst durchgenommen von ASPHYX schleppte sich das kleine Schreiberlein mit aufgeblähtem und schmerzenden Fuß weiter zu PILLORIAN in die Halle, wo es aber beim besten Willen kein Durchkommen mehr gab. So wandte man sich früher als geplant dem nächsten heimischen Beitrag zu, der parallel im Club atmosphärischen Schwarzmetall zum Besten gab. Auch bei ELLENDE konnte man den Innenraum nur noch mit Müh und Not entern, wurde dafür aber mit einer unheimlich dichten, in den Bann schlagenden Performance belohnt. Dass die Truppe abseits aller zur Schau getragenen Ernsthaftigkeit auch Spaß versteht, das bewiesen einerseits die Vermerke auf der Setlist, als auch der Zwischenruf eines Besuchers, der sich doch glatt ein Kind von Fronter L.G. wünschte. Da müssen wir aber noch einmal darüber reden, Leute... das geht vermutlich nicht gut aus. Dafür ging der Auftritt für ELLENDE umso besser aus – ihr mystischer und getragener Black Metal, zwischen betörend melancholischen Melodien, von Verzweiflung getragenen Screams und rasender Blastbeat-Wut konnte die Besucher angemessen beeindrucken und lauten, hochverdienten Applaus verbuchen.

Geschlossen pilgerten die Jünger des Schwarzmetalls anschließend ins Werk, wo sich der Panzer von MARDUK anschickte die Frontschweine unter den ratternden Ketten zu zermatschen. Live sind die Schweden ja seit jeher eine Macht – sofern sie auf starken Sound zurückgreifen können. Was sie an diesem Abend im Backstage aber nicht konnten, da aus den Boxen nur eine brüllende, undefinierbare Masse aus infernalischen Tönen quoll. Den Zuschauern, die der unbarmherzigen Schwarzmetall-Maschinerie aus der Hand fraßen, war das jedoch egal – sie zerstörten ihre Nackenwirbel reihum und gingen zu den brutalen Klängen von MARDUK ab, als gäbe es kein Morgen. Der kleine Schreiberling kämpfte sich schmerzenden Fußes aus dem vollen Werk und legte die lange notwendige und hochverdiente Pause ein. Was die schwedischen Schlächter währenddessen drinnen abzogen, war selbst draußen nicht zu überhören – die Mauern hielten dem Dauerfeuer zumindest stand.


MARDUK - Frontschweine werden unterm Kettenpanzer zermatscht

Gerade so, schaffte man es dann noch zu HELRUNAR in die Halle, die ebenfalls mit, wie alle Bands, großem Publikumszuspruch gesegnet waren. Doch für den stimmungsvollen Pagan/Black Metal blieb nur wenig Zeit, denn parallel im Club beanspruchten auch noch CARONTE Aufmerksamkeit. Der Club war zwischenzeitlich zu einem wahren Nebelloch geworden, was der Stimmung dort aber keinen Abbruch tat. Die Italiener erwiesen sich als willkommene Abwechslung im Billing, da sie ihre bleischweren Doom-Klänge mit einem dezenten Stoner-Einschlag in den Clean Vocals mischten, der dem Festival der Extrem-Metaller eine weitere Nuance hinzufügte. Man sah zwar in der nebelgeschwängerten Atmosphäre nicht so viel, dafür entfalteten die einnehmenden Klänge von CARONTE umso mehr Wirkung.

Wer dachte, dass CARONTE oder OUTRE es mit dem Bühnennebel übertrieben, der wurde bei MAYHEM eines besseren belehrt. Bereits im Vorfeld des Auftritts würde die Bühne dermaßen pervers eingeräuchert, dass die Fotografen im Graben weder einander, noch ihr Equipment sehen konnten und so manchen Erstickungsanfall erlitten. In der folgenden wirklich abartigen Nebelwand war so gut wie nichts zu erkennen, es konnte bestenfalls noch auf Umrisse gezielt werden. Den Besuchern in den ersten Reihen erging es nicht besser – auch sie wurden nach allen Regeln der Kunst geräuchert. So wirklich schien die Tatsache, dass man weitestgehend nicht sehen konnte was auf der Bühne vor sich ging, niemanden zu stören. Auch am viel zu laut eingestellten und streckenweise übel übersteuernden Sound schien in der allgemeinen Kulthuldigung niemand Anstoß zu nehmen. Doch sind wir einmal ehrlich: Nimmt man den Nebel weg, sowie die (neidlos anerkannt) arschcoole Bühnendeko, rechnet dann den Kultfaktor heraus und betrachtet vollkommen nüchtern die musikalische Leistung – dann bleibt eigentlich bis auf den Wahnsinns-Drummer Hellhammer nicht mehr viel übrig, das sich lohnen würde. Mit dem ganzen Drumherum jedoch, inklusive der geradezu kultischen Verehrung des in voller Länge dargebotenen Albums „De Mysteriis Dom Sathanas“, ergibt sich durchaus ein stimmiges Bild. Was aber nichts daran änderte, dass der hiesige Berichterstatter nur wenig Positives vom umjubelten Auftritt der Kulttruppe mitnehmen konnte – was nicht am Beinahe-Erstickungstod im Fotograben lag. Man muss einfach nicht jeden Kult verstehen und unreflektiert mittragen. Glücklicherweise aber gab es, wie das bereits vor Beginn der Show ebenfalls bis zum Platzen gefüllte Werk bewies, reichlich genügend Metalheads, die MAYHEM eine würdige Kulisse boten und so abfeierten, dass das Werk erbebte.


MAYHEM - Vielleicht kann man die Fotos noch als "Kunst" verkaufen.

Für den noch immer fußlahmen kleinen Schreiberling markierten MAYHEM den Abschluss des Festivals. Schweren Herzens musste der Fußgesundheit Tribut gezollt werden und das Nachtprogramm BATUSHKA und REVEL IN FLESH als nicht abgehakter Punkt auf der To-Do-Liste verbleiben – vor allem im Hinblick auf die lobenden Berichte zu BATUSHKA ein schmerzlicher Verlust für den Berichterstatter. Doch nach einem weitestgehend kompletten zweiten Festivaltag, mehr als man dem beschädigten Kadaver zunächst zugemutet hätte, ging einfach nicht mehr mehr.
 

Das Dark Easter Metal Meeting präsentierte sich auch 2017 wieder als famoses Festival für Freunde der extremen Klänge, wie immer perfekt organisiert an Münchens erster Adresse für harte Musik. Gefühlt war das Festival, im Vergleich zu den Vorjahren, so voll wie noch nie, was vor allem durch die häufigen Einlassstopps an den kleineren Bühnen Halle und Club suggeriert wurde. Selbst das Werk platzte zu den Headlinern aus allen Nähten – was aber wohl weniger einer größeren Anzahl an Tickets geschuldet war, sondern vielmehr dem schlechten Wetter, das die Besucher quasi durchgehend in die Innenbereiche trieb. Liebe Nörgler – mehr Tickets als sonst können es gar nicht gewesen sein, denn mehr als Ausverkauft (wie bereits die letzten Ausgaben des Festival) geht einfach nicht!

Dass die Belegschaft des Backstage aber, trotz allen Stresses während des Festivals auch Humor hat, bewiesen sie mit der Pausenmusik – Retro-Swing-Klänge sorgten für einen ziemlich krassen, aber durchaus interessanten und charmanten Kontrast zu den jungfrauenabschlachtenden Brutalo-Klängen die die Hallen ansonst füllten. Den Geschmack des Berichterstatters traf das Pausenprogramm zwar nicht, doch das hält uns nicht davon ab, auch der nächsten Ausgabe des Dark Easter Metal Meetings wieder auf den Zahn zu fühlen...

Natürlich gibt es auch vom zweiten Tag des Festivals in Bälde eine erweiterte Galerie bei Images Of Pain And Pleasure.


WERBUNG: Innfield Festival
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