21.11.2016, Wiener Stadthalle (Halle D), Wien

RED HOT CHILI PEPPERS & DEERHOOF

Text: Florian Rosenberger | Fotos: Kalti
Veröffentlicht am 24.11.2016

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Endlich wieder mal eine Live-Premiere einer Band, die ich noch nie gesehen habe, aber immer schon sehen wollte. Die erste Chance, die sich dieses Jahr bot, wäre ja das NOVAROCK gewesen. Aber es war wohl gut, dass ich auf das Stadthallen-Konzert gewartet habe, da die Festival-Show anscheinend mit unrühmlichen Textaussetzern durchsetzt war und generell eher unmotiviert gewirkt hat. Die heutige Stadthallen-Show kann man aber wohl nicht nur als Fan der Band als durchaus überzeugend bezeichnen.

Aber zuerst musste mal die schräge Supportband DEERHOOF ausgehalten werden. Ich hab mir ja schon viele Bands unfreiwillig reingezogen, aber was die kalifornischen Indie-Rocker – die seit 1997 schon 13 Alben abgeliefert haben – abzogen, war sicher nicht nur für meinen Geschmack schnell zu viel des Guten. Dies vor allem aufgrund des nervigen Gefiepses der japanischen Sängerin Satomi Matsuzaki. Zeitweise gab es zwar auch groovige Sound-Eruptionen, aber das Publikum goutierte die schräge Performance wie zu erwarten kaum.


DEERHOOF

Der Publikumsstimmung des Konzertabends war die eher unpassende Supportband leider nicht zuträglich. Die einzigen Parallelen zum Headliner, die ich erkennen konnte, waren einzelne Funk-Elemente, die an die Anfangszeiten der RED HOT CHILI PEPPERS erinnern. Diese Zeiten sind aber schon lange vorbei, und als einzige richtig große Funkband unseres Universums war spätestens seit dem Durchbruchsalbum „Blood Sugar Sex Magik“ klar, dass dieser Ausnahmeband etwas Großes bevorsteht. Die für einzelne Bandmitglieder schwierigen 90er Jahre wurden nach dem von vielen ungeliebten „Navarro-Album“-„One Hot Minute“ mit dem Hitalbum „Californication“ überwunden, welches damals genau den Nerv der Zeit traf.

Das Album rotierte damals im Dauerdurchlauf in meinem Mini-Discman und wie passend war dann der Start meines ersten RHCP-Konzerts nach einem kurzen Intro-Jam mit dem Album-Opener „Around The World“, für mich wohl eine der geilsten Nummern in der Musikgeschichte. Bei den Rap-Einsätzen ist Anthony Kiedis einfach unschlagbar, die Instrumentalfraktion sowieso über jeden Zweifel erhaben. Den gesamten Abend beeindruckte zusätzlich aber visuell vor allem die Lichtshow mit sich in unterschiedlichen Farben bewegenden Leuchtstäben, die vermutlich noch von der Bühnenshow des letztjährigen Songcontests in Wien übrig geblieben sind.

Den Sound in der Stadthalle konnte man dieses Mal als durchaus akzeptabel bezeichnen. Der Bass von Flea – dem buntesten Vogel im Rockbusiness – knackte und die einzelnen Single-Notes an der Stratocaster des Neo-Gitarristen Josh Klinghoffer kamen gut am Ohr an. Der zweite Song des Sets „Dani California“ ließ den geneigten Ö3-Hörer zum ersten Mal aufhorchen und auch mitsingen. Die Setlist an diesem Abend war wohl eines der spannendsten Elemente, da sie im Gegensatz zu vielen anderen Bands durchaus an jedem Abend – rund um ein paar Fixpunkte – variiert wird. Und so blieben uns heute ein paar unsägliche Songs wie „Snow (Hey Oh)“ oder das auch schon totgenudelte „Otherside“ erspart und die Chose wurde lieber durch so nette Schmankerln wie „The Zephyr Song“ angereichert.


RED HOT CHILI PEPPERS

Die neue Single „Dark Necessities“ spielte ihre experimentelle Soundseite inklusive geschmackvollen Pianoparts auch live gut aus. Bands, die sich auf jedem Album auf eine gewisse Weise weiterentwickeln, bevorzuge ich definitiv eher als kalkulierten Mainstream-Einheitsbrei. Ja, ruhiger sind sie schon geworden, die RHCP, aber musikalisch um keinen Deut irrelevanter. Das zeigte auch das Venice-Beach-Atmosphäre versprühende „The Adventures Of Rain Dance Maggie“.

Ein weiteres kurzes, schnelles und kaum bekanntes Gustostückerl wurde mit „Right On Time“ geliefert, bei dem der Bass so richtig geil dahinhoppelt. Weiter ging's mit dem ruhigen „Universally Speaking“ mit fast schon zu schönem Backgroundgesäusel, für Fans vom „By The Way“-Album aber genau das Richtige. Jetzt wurde es mit „Go Robot“ wieder Zeit für einen aktuellen Song, der sich mit Qualität im Zusammenspiel der Musiker auszeichnete.

Auf den nächsten Moment hatten dann wohl schon viele „Smartphone-immer-griffbereit-Haber-und-auf-Facebook-Poster“ gewartet: „Californication“! Meine Interpretation des Songs sicherte mir schon vor 15 Jahren den Songcontest-Sieg im Pfarrsaal der katholischen Jugend. Und nun bescherte der meistgehörte RHCP-Song die größte Publikumsreaktion des Abends.

Das knackige Intro des funkigen neuen Tracks „Detroit“ belastete die P.A.-Anlage der Stadthalle zusehends, Glockengeläute hat noch nie bei einem Song geschadet, nur der scheinbar gewollt schiefe Gesang im Chorus (auch am Album nachzuhören) passt hier für meinen Geschmack nicht wirklich. Entschädigt wird durch den Titeltrack „Blood Sugar Sex Magik“, der nun die „echten“ Fans von den „Zuagroasten“ unterschied. Vor allem im Refrain ein an Funkelementen kaum zu überbietender Song, mit dem damals die 90er eingeläutet worden waren.


RED HOT CHILI PEPPERS

Gitarrist Josh spielte und sang dann noch schnell das TEMPLE OF THE DOG-Cover „All Night Thing“ an, bevor mit „Goodbye Angel“ erneut ein aktueller Song geboten wurde, der mit einem phänomenalen Schlussteil glänzte. Eine weitere Songperle kredenzten uns die PEPPERS anschließend auf der Zielgeraden mit „I Could Have Lied“ vom „Magik“-Album, das sich äußerst schön in den Gehörgängen einnistete. Zu einem vorletzten Mal Abgehen lud die Band dann mit der Übernummer „By The Way“ ein, die wohl am besten die wilde wie auch die kommerzielle Seite der RHCP verbindet.

Im Handstand ging‘s für Flea zur Zugabe zurück auf die Bühne. Die RHCP zeigten mit dem epischen Track „Dreams Of A Samurai“ ihre ganze musikalische Klasse mit experimentellen Soundeffekten, bevor mit „Give It Away“, dem funkigsten Song aller Zeiten, die Gliedmaßen noch einmal richtig durchgeschleudert wurden. Nur die Background-Visuals mit schwingenden Ärschen wirkten ein wenig verstörend, trübten den Gesamteindruck eines gelungenen Konzertes aber nicht. In dieser Form sieht man sich die PEPPERS gerne mal wieder an


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