30.09.2016, Fleischmarkthalle, Karlsruhe

Psyka Fest 2016

Text: Stefan Graesslin | Fotos: Motte
Veröffentlicht am 15.10.2016

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Nach knapp neunstündiger Fahrt kamen wir recht geplättet am Ort des Geschehens an. Ein kleiner Rundgang zeigte, dass es in der Halle Kuchen und Linsensuppe zu fairen Preisen sowie ein veganes Fresszelt mit Sitzkissen und einen zünftigen Bratwurststand gab. Als Fahrer atmete ich erstmal ein heimisches Bier ein, 0,33l für 3€ ist in Karlsruhe unterm Kneipenpreis, also auch absolut okay. Freies W-LAN und überdachte Bierbänke rundeten den Service ab. Die Halle war liebevoll eingerichtet: in der hinteren rechten Ecke der Backstagebereich und in der hinteren linken Ecke ein Shop für selbstgemachte Hippieklamotten und eine Dread-Dreherei. Ich gab mir vor der ersten Band noch einen Powernap in der Sofa/Bett/Flauschteppich-Chillecke und dann konnte es losgehen.
OD jammten 45 Minuten lang Psych-Experimental Sound. Nie vorher von dieser Band gehört, ist aber ganz geil, wenn man den ganz ruhigen, psychedelischen Rock mag. Eine schöne Einstimmung in ein sehr entspanntes Wochenende. Die angekündigten ASTROKRAUTS konnten leider nicht kommen und ihre Freunde von BONSAI aus Heidelberg sprangen dafür ein. Ein Bier später begannen dann SAMBA CEMETERY aus Berlin mit Material von ihrer neuen LP "The Bushgate" und überzeugten mit einer Grunge-Attitüde, aber auch fuzzigen Stoner-Grooves und Vintage-Riffs im Stil von MONSTER MAGNET & Co. Eine Feuerwurst im Weck auf die Pranke und ab zu III. III sind der Steinhammer. Gehört in jede Playlist Stoner-affiner Musikfreunde. Psychedelisch instrumental ging es weiter mit COLARIS. Die Pirmasenser haben den Laden einfach mal gerockt. Mit ELECTRIC EYE aus Bergen, Norwegen, folgten weitere 45 psychedelische Minuten, bevor dann BUDDHA SENTENZA aus Heidelberg den Abend abschlossen.

Tag 2 wurde vom MARBURG STONER COLLECTIVE eröffnet – ich kann nicht viel berichten, außer dass ich wie ein paralysiertes Kaninchen dastand und sie anstarrte. Die Jam-Qualitäten dieser Jungs kann man gar nicht genug loben. Mit THE TRONA EXPERIENCE wurde es wieder zum Niederknien psychedelisch, dann wurden wir von DEAF PROOF jäh aus unserer Trance geweckt. GREEN ORBIT spielten feinsten heavy Stoner – aufgelockert durch ein Didgeridoo – und dann ging es schon weiter mit CAMEL DRIVER aus Kiel. CAMEL DRIVER machen Desert Stoner Rock mit Raw Metal-Einflüssen, da bleibt kein Fuß still. Mit MANTRA MACHINE kam wieder psychedelischer Instrumental Rock, gefolgt von ebenfalls sehr ruhigem Heavy Psych aus Kiel, namentlich BONE MAN.

Dann kam mein Festival-Highlight: MOTHER ENGINE! Eine Stunde und 15 Minuten durften sie spielen und konnten so fast alle Songs von ihrem neuen Album "Absturz" präsentieren, nur gegen Ende wurde es zeitlich eng und zum Abschluss gab es "Weltraumwolf". Es folgten noch die Reutlinger Stoner-Urgesteine THE SPACELORDS und als Finale QUANTUM FANTAY aus Belgien. Morgens um zwei, nach zwölf Stunden Stoner Rock, wird jeder weich und nimmt ein Taxi ins Hotel. Also zumindest wir.

Am Sonntag, dem finalen und dritten Tag dieses fulminanten Festes der hippiesken Glückseligkeit, starteten noch einmal die Marburger, weil es so schön gewesen war. Das MARBURG STONER COLLECTIVE klang diesmal wieder ganz anders und ich fand es noch besser. Ich versuchte später einen Tonträger oder zumindest Merch zu kaufen, aber Fehlanzeige: die Jungs sind eine reine Jam-Band und es gibt einfach nichts zu kaufen. Schade, aber irgendwie konsequent.
DOWN WITH THE GYPSIES waren sehr opulent mit Querflöte, Bongos und einem Elektoklavier und die Stimme der Sängerin sehr eingängig und schön. Es folgte BACKDOORSLAM aus Darmstadt mit Blues Rock Psychedelia. Inzwischen waren wir in der Timetable so verspätet, dass uns langsam dämmerte, wir würden abbrechen müssen. GROMBIRA fingen nicht nur eineinhalb Stunden zu spät an, sie nahmen sich auch noch wirklich Zeit für ihren Auftritt, und das war gut so! Auf Oriental Spacerock muss man erstmal kommen – und traditionelle, arabische Instrumente zu nutzen, um eine spacig-athmosphärische Soundkulisse aufzubauen, ist schon etwas Besonderes und sticht aus dem Stoner-Einerlei definitiv heraus. 
GLASGOW COMA SCALE aus Frankfurt folgten mit ihrem minimalistischen Instrumental-Koma-Sound. Benannt ist die Band nach der Glasgow Coma Scale, die eine einfache Skala zur Abschätzung einer Bewusstseinsstörung ist.
Zeit für Currywurst, Pommes, Schranke! Mit Vier Fuffzich auch auf keinen Fall zu teuer. Noch'n Flens dazu (Danke an Psyka an dieser Stelle, eure Lokalspezialität ist mit dem norddeutschen Gaumen einfach nicht kompatibel) und weiter ging es mit KUNGENS MÄN aus Stockholm. Es blieb instrumental, ruhig und minimalistisch. Ein Flens noch, dann ist aber auch noch nicht ganz gut. GIÖBIA aus Mailand drehten nochmal richtig auf – kleiner Scherz, mit GIÖBIA ging es weiter chillig psychedelisch zu.
Vegane Bolonaise?! Okay. Mmmm lecker!
Mit WUCAN kam eine echte Powerfrau mit Gefolge aus Dresden auf die Bühne. Sie singt, spielt Theremin, Querflöte und Gitarre – jaja, nacheinander, nicht alles gleichzeitig, aber sehr abwechslungsreich und rockig. Derart aufgeweckt holte man sich ein letztes Bier und lauschte L.A. SUED. Psychedelischer Heavy Stoner der Veteranen aus Karlsruhe schickte uns Richtung Bett, obwohl ja eigentlich noch zwei Bands kommen sollten. Übermüdung und die Rückfahrt am nächsten Tag um Zwölf... jaja, man wird älter...


Fazit: Neben dem Freak Valley das beste Festival dieses Jahr. Wie man es schafft an zweieinhalb Tagen 28 durchwegs geile Bands vor gefühlt 200 Zuschauern zu präsentieren, ist ein Rätsel. Gerne wieder nächstes Jahr!


WERBUNG: Hard
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