7.4.2016, ((szene)) Wien, Wien

AMORPHIS & TEXTURES & POEM

Text: Lee | Fotos: Kalti
Veröffentlicht am 11.04.2016

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Giorgos Prokopiou (POEM)

POEM sind wieder da. Und wie sie das sind - mit ihrem zweiten Album nach fast sieben Jahren. Gut Ding braucht Weile, man kennt das ja, offensichtlich haben sie die Zeit gut genutzt, denn seit ihrem hochgelobten Debütalbum „The Great Secret Show“ (2009) haben sich POEM noch ein Eck weiterentwickelt zu einer intensiven Progressive Metal Erfahrung.
Bei dem musikalischen Background der Mitglieder ist es nicht weiter verwunderlich, dass eine künstlerische Finesse präsentiert wird, die anderen Bands teilweise fehlt oder erst nach Jahren der gemeinsamen Arbeit erlangt wird. Jeder der vier Griechen hat „sein“ Instrument an Schulen, Musikkonservatorien und in weiteren Seminaren von der Pike auf gelernt, was sich nicht leugnen lässt, wenn man sich die vielschichtigen Kompositionen von POEM anhört. Beim Live-Auftritt in der ((szene)) ist aber leider viel von der Komplexität der Musik flöten gegangen, woran das liegt, darüber mag man streiten.
Was dafür ankommt ist die Stimme von Giorgos Prokopiou, der von (verständlichem!) ins-Mic-Flüstern über clear Gesang bis zu kehligem Rockgeröhre alles drauf hat. Und Laurence Bergströms Gitarrenmagie setzt sich auch immer wieder wie ein Akzent auf das Gesamtwerk. Besonders viel Wirbel in puncto Performance machen sie nicht, stattdessen liefern sie eine saftige Show und gewinnen beim erst noch zurückhaltenden Publikum ein paar neue Fans dazu. Unbedingt auch das erste Album mal durchhören, viel zu wenige Leute kennen die Jungs.

 

Daniel de Jongh (TEXTURES)

TEXTURES aus Tilburg in den Niederlanden sind an diesem Abend in vielerlei Hinsicht ein Kontrastprogramm zu POEM - zum einen sind sie trotz Progressive Metal Einflüssen eher der Metalcore Schiene zuzuordnen, zum anderen ist ihre Bühnenpräsenz wuchtiger, sie spielen mehr mit als nur für die Hörer. Wenn man Djent übrigens als Genre bezeichnen möchte, darf man TEXTURES darin einordnen. Ebenso wie POEM mit Giorgos Prokopiou und AMORPHIS mit Tomi Joutsen haben auch TEXTURES mit Fronter Daniel de Jongh eine vielfältige Stimme an Bord. Er versteht sich wie die anderen beiden darauf, völlig verschiedene Stile zu singen und bleibt dabei qualitativ hochwertig.
Auf dem neuen Album „Phenotype“ (2016) - angeblich der ersten Hälfte eines Doppelalbums, Part II kommt dann 2017 und wird (Überraschung!) „Genotype“ heißen - liefern TEXTURES nebst einem ausgefeilten Gesamtkonzept eine beeindruckende Gitarrenarbeit, die live leider etwas verschwimmt. Subjektiv betrachtet sind TEXTURES live „Just Another Metalcore Band“ von denen keine Details im Kopf bleiben, abgesehen vom Gesamteindruck - interessanterweise haben sie von zuhause aus belauscht sehr wohl einen ganz eigenen Schliff.

Empfehlung vom Haus: „Dualism“ Album (2011)

Tomi Joutsen (AMORPHIS)

AMORPHIS kommen auf die Bühne, es wird gejubelt, das Übliche. Immer wieder in der Szene, immer wieder vor eingefleischten Fans - selbst wenn sie in anderen Ländern größere Hallen füllen hat es (hoffentlich auch für die Herren aus dem fernen Finnland) einen ganz besonderen Touch, in der heimeligen Atmosphäre der ((szene)) eine Band von ihrem Kaliber spielen zu hören.
Nach dem ersten Schock darüber, dass Tomi Joutsen tatsächlich keine Dreads bis zum Hintern mehr hat, versöhnen sie die Menge schnell mit „Under A Red Cloud“. Es ist immer wieder schön zu erleben, wie sie ihre Setlist mit Liedern von aktuellen Alben und mit älteren Titeln arrangieren, mit nahtlosen Übergängen und ohne das Gefühl zu vermitteln, nur dazu anregen zu wollen, das neue Album an die Leute zu bringen. Mittlerweile können AMORPHIS auf zwölf Alben und unzählige Live-Shows zurückblicken, was man ihnen auch anmerkt: die coole Professionalität, die ihre Performance prägt, ist spürbar. Glücklicherweise haben sie trotzdem ihren Enthusiasmus live zu spielen nicht verloren.
Wenn man AMORPHIS seit ihrer Gründungsstunde verfolgt, über Sängerwechsel, beinahe kompletten Genre-Wechsel und lyrische Wandel hinweg, findet man eine Band, die ungefähr so abwechslungs- und kontrastreich ist, wie das Leben selbst - eine Entwicklung, die fernab jeder Geradlinigkeit dennoch zu etwas Gutem, Solidem geführt hat. Es sei dahingestellt, ob das „alte“ oder das „neue“ AMORPHIS-Konzept besser ist. Fakt ist, dass sie live eine Naturgewalt sind, die jeder mindestens einmal gesehen haben sollte.


Setlist:

Under The Red Cloud
Sacrifice
Bad Blood
Sky Is Mine
The Wanderer
On Rich And Poor
Drowned Maid
Dark Path
The Four Wise Ones
Silent Waters
My Kantele
Hopeless Days
House Of Sleep
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Encore:

Death Of A King
Silver Bride
The Smoke


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