12.3.2016, Flex, Wien

BARONESS & CLOSET DISCO QUEEN

Text: Florian Rosenberger | Fotos: Kalti
Veröffentlicht am 22.03.2016

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STORMBRINGER präsentiert eine „Rosenberger-Kaltenböck“-Produktion:

Etwa 2 ½ Jahre ist es her, dass BARONESS live in Wien ihre Klänge zum Besten gaben. 2 ½ Jahre, in denen ich hunderte Bands live gesehen und ich deshalb irgendwie meinen Fokus auf diese geniale Band verloren habe. Für mich „entdeckt“ (kaum passt die Bezeichnung „Entdeckung“ so gut wie im Falle von BARONESS) habe ich die Band erst kurz nach dem Release des „Yellow & Green“-Albums und zwar am 31. Juli 2012 im ausverkauften und heißesten Konzert des Jahres in der kleinen Halle der Arena. Dieses Konzert ging in meine persönliche Konzertgeschichte als Highlight ein und bedarf eigentlich eines eigenen Berichtes oder zumindest eines kurzen Exkurses.

Damals wusste ich noch überhaupt nicht, worauf ich mich eingelassen hatte, da ich bis dahin als Vergleichbares höchstens MASTODON (in der Arena 2010 – höchste Zeit für die tätowierten Musikgenies, wieder mal ein Hallenkonzert in Wien zu spielen!) gesehen hatte. In der kleinen Halle der Arena hatte ich bis dahin auch kaum so ein intensives Konzert erlebt (was danach doch auch noch einige Bands wie LONG DISTANCE CALLING, SOLSTAFIR, TIDES FROM NEBULA oder GHOST BRIGADE geschafft haben).

Hauptgrund war neben dem faszinierten und motivierten Publikum sicher auch die Setlist, die damals noch sieben Songs des „Blue Album“-Meisterwerks umfasste, die besonders live richtig knallten. Das leichter verdauliche, für mich teilweise zu ruhige, aber nicht minder geniale „Yellow & Green“-Album wurde nur mit fünf Songs bedient. Das Konzert am 13. Oktober 2013 in der großen Arena-Halle hatte den Fokus dann mit zehn Songs auf dem besagten Album und ich empfand es damals als nicht mehr so knackig. Vielleicht lag es auch an der höheren Bühne, welche die Publikumsnähe minderte.

Deshalb fand ich es persönlich große Klasse, das Konzert ins „Flex“ zu verlegen, auch wenn das einige nicht so goutierten. Ich habe es gern, wenn die Band direkt vor mir steht, als würde sie in meinem Wohnzimmer spielen. Sicher musste man sich in die ersten Reihen ein wenig vorkämpfen, da war es dann gemütlich, selbst die kleinen Moshpits! Mit dem „Flex“ verbindet mich auch mein erstes Wien-Konzert 2007 mit FU MANCHU und TRUCKFIGHTERS als Support. Auch AIRBOURNE spielten 2008 dort noch frisch ihr erstes Wien-Konzert, bevor sie sich im AC/DC-Kopieren auf den Festivalbühnen der Welt verloren.

Luc Hess, Jona Nido (CLOSET DISCO QUEEN)

Jetzt aber zum Abend des 12. März 2016: Das Duo CLOSET DISCO QUEEN eröffnete um Punkt 20 Uhr den Konzertabend und kündigte bei meinem Erscheinen um 20:15 Uhr schon seinen letzten Song an. Durchaus ambitioniert und äußerst lässig riffte sich Gitarrist Luc Hess durch seine Komposition, begleitet von wuchtigen Schlagzeug-Eruptionen seines Bandkollegen Jona Nido. Von der Performance her erinnerte mich das sehr an das Duo von THE PICTUREBOOKS, wenn diese auch schweißtreibender und weniger psychedelisch fuhrwerken. CLOSET DISCO QUEEN sind definitiv ein Geheimtipp, den man sich am besten in kleinerem Rahmen wie im „Chelsea“ oder dem „B72“ mit längerer Spielzeit anhören sollte.

Die Wartezeit bis 21 Uhr verging aufgrund des regen Freunde-Aufkommens wie im Flug. Ein Samstagabend-Konzert ist halt auch ein entspanntes, nur der Curfew um 22:30 Uhr setzte dem Konzert wegen einer folgenden „Flex“-Veranstaltung einen strikten Rahmen, was sich aber nicht als Problem herausstellte. Auch nach dem Konzert konnte man noch gemütlich im Flex-Cafe abhängen und so manche neue Freundschaften schließen.

21:00 Uhr: „Kerosene“ vom aktuellen „Purple Album“ bildete den Start eines Songreigens, der sich gewaschen hat. „March To The Sea“ mit den traumhaften Einstiegstönen, dem treibenden Bass und den genialen Gitarrenmelodien während des Refrains machte danach jeden Anwesenden glücklich. Solche Glücksmomente sind doch wirklich etwas Besonderes, wenn man aufgrund der Schönheit der Musik fast den Tränen nahe ist.

Alle Bandmitglieder waren voll in ihrem Element. Vor allem Frontmann John Baizley und sein Gitarren-Compagnon Peter Adams spielten sich regelrecht in Ekstase. Schlagzeuger Sebastian Thomson bearbeite sein Instrument äußerst lässig. Lediglich Bassist Nick Jost zupfte seine Saiten ein wenig zurückhaltend und wirkte sicher auch aufgrund seines Schnauzbartes ein wenig „creepy“, was aber nicht weiter störte.

John Baizley,Peter Adams (BARONESS)

Zurück zum Konzert: Das zwar hart beginnende, aber dann doch wieder harmonische „Morning Star“ oder der neue Hit „Shock Me“ machten dann irgendwie deutlich, dass das „Purple“ Album besonders live das verbindende Element, sozusagen der Klebstoff zwischen dem „Blue“- und dem „Yellow & Green“-Album ist. Zwischen den zwei alten Alben machen BARONESS einen (zumindest für mich zu) großen Sprung.

Was nicht heißt, dass mir Songs wie das nun folgende „Board Up The House“ nicht gefallen, während des Konzerts machen die „Feel Good“-Songs und auch das „Green Theme“ dramaturgisch gesehen durchaus Sinn. Aufgrund des Abwechslungsreichtums wurde es während des Konzerts definitiv nie langweilig. Großen Anteil daran hatte Frontmann John Bazely, der es irgendwie schaffte, nonverbal sehr intensiv mit dem Publikum zu kommunizieren. Kaum ein Frontmann steigert sich so in ein Konzert hinein wie John Baizley. Er gibt live einfach alles, als ginge es um sein Leben (das war aber auch schon vor dem Unfall 2012 so).

Das traumhafte „Ogeechee Hymnal“ bildete das Instrumental-Intro zu „A Horse Called Golgotha“, ein an musikalischer Kreativität kaum zu überbietender Song, und spätestes ab diesem Zeitpunkt gab es kein Halten mehr im Publikum. Ein wohliges Gefühl erfasste nicht nur mich, und alle Anwesenden gaben sich der Band musikalisch bedingungslos hin. Überall faszinierte und glückliche Gesichter – eine Wohltat, dass die Leidenschaft der Band auf so viel Gegenliebe stieß, wie ich es mir für viele Musiker (für manche weniger) wünschen würde.

Nach einigen teilweise ruhigeren „Purple“-Songs groovten sich BARONESS und das Publikum mit „The Gnashing“ wieder in den Vollgasmodus. „Little Things“ brachte die Menge mit seinem lässigen Discobeat zum Tanzen. Der vermeintlich letzte Song „Eula“ ist wieder ein Opus Magnum für sich, bündelt alle Merkmale von BARONESS und setzt sie durch den über sechsminütigen dramaturgischen Aufbau so genial in Szene, dass einem nur der Mund offen bleiben kann.

Die Zugaben „Isak“ (der einzige Beitrag vom „Red Album“ ) und der abschließende Hit „Take My Bones Away“ waren dann nur noch eine Pflichtübung. Ja, so schließt man ein perfektes Konzert ab, das sicher vielen Besucher als einzigartiges Erlebnis in Erinnerung bleiben wird. Auch wenn ich die Arena Wien sehr schätze, hatte das „Flex“ an diesem Abend einen gewissen Exklusivitätsfaktor. Obwohl die Räumlichkeit nicht unbedingt für optimale Sichtverhältnisse sorgt, der Sound war ein Traum! Für BARONESS bot das „Flex“ auf alle Fälle die richtige (wenn auch kleine) Bühne, um ihren musikalischen Triumphzug weiter fortsetzen zu können.


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