13.10.2015, ((szene)) Wien, Wien

STRATOVARIUS

Veröffentlicht am 18.10.2015

Seit beinahe unglaublichen 30 Jahren sind die Finnen von STRATOVARIUS bereits im Geschäft, aber freilich sah die Formation anno 1984 (und damals auch noch unter anderem Namen) und bis Mitte der Neunziger anders aus als heute. Denn erst nachdem Sänger Timo Kotipelto zur Band gestoßen war und Gitarrist und Mastermind Timo Tolkki an den Vocals ablöste, gelang der Band so richtig der Durchbruch: mit Alben wie "Fourth Dimension", "Visions" und "Episode" schrieb man ein Stück Metal-Geschichte, und bis zum 2000er-Werk "Infinite" hatte sich die Band einen Top-Spot im internationalen Metalzirkus erspielt.

Doch die gesundheitlichen Probleme von Gitarrist Timo Tolkki machten der Band zu schaffen, es gab Gerüchte über eine Bandauflösung bis hin zu Reboot mit neuer Sängerin und neuer stilistischer Ausrichtung, die insbesondere nach dem sehr schwachen 2005er-Album "Stratovarius" laut wurden. Die Zukunft der Band war also mehr als ungewiss.

Heute - zehn Jahre später - ist von diesen Unsicherheiten nichts mehr geblieben. Timo Tolkki hat die Band verlassen, und mit ihrem aktuellen, starken Lineup hat die Truppe wieder zu alten Stärken zurückgefunden; die vier jüngsten Alben "Polaris", "Elysium", das richtig starke "Nemesis" und auch der aktuelle Output "Eternal" legen davon beredets Zeugnis ab. Natürlich wollen die Finnen ihr neuestes Album auch live präsentieren, und sind zu diesem Zwecke aktuell auf großer Europatour.

Mit dabei sind nebst den schottisch/schweizerischen Spaßhelden von GLORYHAMMER auch die Australier(!) von DIVINE ASCENSION, die den Abend in höchst gefälliger Manier eröffnen. Sängerin Jennifer punktet mit sympathischer Bühnenpräsenz, wenn auch nicht immer durch pure Stimmgewalt; oftmals sind die dazugemischten Vocal-Harmonien vom Band ein wenig zuviel des Guten. Die Band um sie performt jedoch äußerst tight, und nach anfänglichen Startschwierigkeiten geht das Publikum zum Ende des dreißigminütigen Sets auch schon brav mit. Für den einen oder anderen Augenbrauenhochzieher sorgen auch Gitarrist Karl und Keyboarder David, und Extra-Sympathiepunkte gibt's nochmal für das Bandmaskottchen "Scratch", einen am Keyboardstativ befestigten Plüsch-Koala. So funktioniert natürlich auch die austro-australische Völkerverständigung blendend, und DIVINE ASCENSION werden brav abgefeiert.

Richtig Stimmung kommt aber erst beim folgendem Act, dem geheimen "Headliner der Herzen", auf. Denn GLORYHAMMER stehen, wie schon ihre Piratencousins von ALESTORM, für straighten, aber stets unterhaltsamen Party-Metal mit einer ordentlichen Prise Humor, und Mastermind Chris Bowes - stilecht in kitschig-billige Zaubererrobe als "Zargothrax" aus der GLORYHAMMER-Mythologie gekleidet - weiß halt einfach, wie man gut funktionierende Metal-Songs schreibt. Mit Sänger Thomas Winkler hat er dazu noch einen kongenialen Partner und fulminanten Sänger gefunden, der die GLORYHAMMER-Kracher mit vokalem Edelstahl perfektioniert und für die rundum gelungene Bespaßung des Publikums sorgt.

Und so geht man auch gleich zu Beginn mit der Single zum neuen Album, "Rise Of The Chaos Wizards" in die Vollen, und auch beim folgenden "Legend Of The Astral Hammer" ist das Publikum sofort Feuer und Flamme für die absichtlich ulkigen, aber immer hochprofessionell dargebrachten Songs der Truppe. Mit "Hail To Crail" sorgt man für Mitsingspiele, bei "Universe On Fire", der originellen Dance-Metal-Nummer des neuen Albums "Space 1992", gibt's Partystimmung im Publikum, und mit "Angus McFife" darf sich Sänger Thomas Winkler selbst vorstellen.

Ein Stimmungshoch gibt's dann nochmal beim folgenden Bier-Exen von Basser James "The Hootsman" Cartwright, und die spontanen "Noch-Ein-Bier!"-Skandierungen legen nahe, dass die Fans von GLORYHAMMER und ALESTORM auch dem Kriegsmetall einer gewissen camouflagebehosneten Band sehr zugeneigt sein dürften. Sei's drum, der "Hollywood Hootsman" sorgt für rotierende Häupter, und als Überraschung gibt's tatsächlich den überlangen Abschlusstrack "Apocalypse 1992" zum Abschluss des regulären Sets, ehe man mit "The Unicorn Invasion Of Dundee" den Sack endgültig zumacht.

Sie stehlen ihrer Hauptband dabei fast ein wenig die Show, die Mannen von GLORYHAMMER, und punkten mit Spielwitz, astreinen (astralen!) Performances und gut durchdachter Bühnenshow - so und nicht anders funktioniert Metal-Unterhaltung im Jahre 2015. Es darf daher davon ausgegangen werden, dass auch das "Nebenprojekt" von Christopher Bowes ähnlich einschlagen wird wie sein Piratenmetall mit ALESTORM.

Nach dem Hauptumbau starten dann STRATOVARIUS gleich mit "My Eternal Dream" und dem Klassiker "Eagleheart" in ihr Set, und leider wird - trotz sehr gutem, wenn auch sehr basslastigem Sound - klar, dass im Gegensatz zu GLORYHAMMER die Energiekurve sowohl bei Band als auch Publikum etwas nach unten tendiert. Zwar zeigen sich Timo Kotipelto und Co. in spielerisch und stimmlich bestechender Form, doch will der Funke zwischen Band und Besucher nicht so recht überspringen; auch nicht, als man nach "In My Line Of Work" noch den Altklassiker "Against The Wind" auspackt.

Es lässt sich auch nicht ganz eindeutig beschreiben, woran es liegt - denn Gitarrist Mathias, Basser Lauri und natürlich Tastenzauberer Jens Johansson lassen nichts anbrennen, sondern spielen ihr Programm routiniert runter. Doch vielleicht ist genau das auch das Problem: Ein bisschen zu viel Routine, ein bisschen zu wenig Feuer. Sicher verständlich nach gut 20 Jahren auf den Bühnen dieser Welt, aber ein bisschen mehr emotionaler Einsatz hätte der Show vermutlich gut getan.

Stattdessen gibt's - neben dem obligatorischen Bass-Solo von Lauri Porra, bei dem auch, passend zur Wiener Venue, der Donauwalzer spontan verwurstet wird - "SOS", "Lost Without A Trace" und "Phoenix", die zwar solide und technisch einwandfrei abgespielt werden, doch erst beim Neo-Hit "Unbreakable" tauen Band und Publikum gleichermaßen etwas auf. Doch dann ist die Chose auch schon fast gelaufen; "Black Diamond" gibt's noch zum Abschluss des regulären Sets unter verdienter Abfeierung, ehe man sich kurz zur Zugabe bitten lässt, und mit der - immer noch großartigen, und immer noch kitschtriefenden - Ballade "Forever" sowie "Shine In The Dark" und dem ganz großen Bandkracher "Hunting High And Low" verdient endet.

Und so beschließen wir einen gelungenen Konzertabend ganz im Zeichen des melodischen Metalls, bei dem die Opener durch Sympathie, der Hauptsupport durch Energie und Einsatz, und der Headliner durch technische Brillanz, aber auch durch leichte Müdigkeitserscheinungen auffielen. Auf ein Wiedersehen darf natürlich trotzdem bei allen Bands gehofft werden, auch wenn das wirkliche Highlight an diesem Abend vermutlich GLORYHAMMER hieß.


WERBUNG: Hard
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