04.04.2015, L.A. Cham

EMIL BULLS

Text: Lora
Veröffentlicht am 09.04.2015

Vor ziemlich genau 20 Jahren wurden

EMIL BULLS

in München gegründet. acht Studioalben und unzählige Konzerte später sind sie derzeit auf dem 2. Teil ihrer „Sacrifice To Venus“-Tour. Die ersten zwei Konzerte der Tour werden mit

PATHWAYS

und

TUXEDO

gespielt, bevor sich ANNISOKAY und TENSIDE anschließen. Der zweite Stopp der Tour war im Bayerischen Cham, im L.A. Life Style Café. Bereits einige Tage vor dem Konzert wurde bekannt gegeben, dass das L.A. absolut ausverkauft war. So war der Andrang bereits lange vor Einlass groß und die Eventhall bereits kurz nach Einlass gut gefüllt. Für den Auftakt des Abends waren

PATHWAYS

aus München zuständig, die nicht zu ersten Mal im L.A. Cham auf der Bühne standen. Aber es gibt da einfach leider diese Tage, an denen es nicht so ganz funktionieren will. Besonders zu Beginn hatten PATHWAYS mit einigen technischen Problemen zu kämpfen. So wollte das Mikro des Sängers anfangs einfach nicht so ganz und die Gitarren hätten soundmäßig ein bisschen anders gestellt werden können. Wer die Band bereits kannte wird gemerkt haben, dass es einfach nicht so ganz lief. Die Band lieferte definitiv keinen schlechten Auftritt, allerdings gibt es einige Punkte die man einfach bei vorherigen Auftritten schon besser gesehen hat. Positiv ist allerdings aufgefallen, dass die Münchner es geschafft haben, ab ihrem ersten Song für eine gute Stimmung zu sorgen. Absolut keine Spur von Zurückhaltung seitens des Publikums. Bereits bei den ersten Songs des Abends entwickelten sich einige Moshpits und eine Wall of Death durfte auch nicht fehlen. Vielleicht liegt es am unglaublich dynamischen Auftritt der Band – es wirkt einfach ansteckend, wenn die Stimmung auf der Bühne bereits am Kochen ist. Insgesamt war es dennoch ein guter Auftritt. Die wummernden Bässe und prägnanten Riffs der Gitarren sind definitiv gut gelungen. Beeindruckend fand ich auch die Vocals: bei so viel Bewegung auf der Bühne noch tiefe Growls zu liefern, und diese teilweise mit einer etwas höheren, aber dennoch rauen Stimme zu kombinieren, ist definitiv eine ordentliche Leistung. Die Münchner zeigten sich mehr als sympathisch und wussten genau, wie man dem Publikum einheizt.

Zweite Band des Abends waren

TUXEDO

aus dem oberösterreichischen Mattigtal, die den wohl verrücktesten Auftritt lieferten, den ich je zu sehen bekommen habe. Mit Rock-/Metal-Hymnen auf die Bühne zu kommen, findet diese Band vermutlich relativ langweilig, denn hier fand der Zillertaler Hochzeitsmarsch seinen Einsatz, der ohne Rücksicht auf Verluste und im absoluten Verzicht auf Übergänge gegen „Original Austrian Alpencore“ eingetauscht wurde. Wer sich bisher gefragt hatte, ob sich eine Volksmusik-Gruppe nur in der Türe geirrt hat, wusste in diesem Moment definitiv wieder, dass er vor der richtigen Bühne steht. Wer sich jetzt denkt „Was ist das denn bitte?“ – Alpencore ist Metalcore, nur eben mit dem etwas alpineren, verrückteren Einschlag. Und ja, da standen sie dann, die Röhrenjeans und T-Shirts wurden eingetauscht, hier zählen Lederhosen, Trachtenhemd und gestrickte Strümpfe zum Bühnenoutfit. Die Trachtenhüte hatten sich bereits zu Beginn mit den ersten Riffs verabschiedet. Ideal dazu abgestimmt war auch das Bühnenbild im Alpen-Style: Blumenkübel, Milchkanne und Kuhglocke. Man muss zugeben, diese eigenartige Unterart von Metalcore, wenn TUXEDO „zünftig aufmusiziern“, trifft vielleicht nicht jedermanns Geschmack, doch das Publikum war sichtlich begeistert von einer so eigenartigen Show: „Ich hätte mir nie gedacht, dass man zu sowas so abgehen kann“ (O-Ton eines Besuchers). Aber das ist auch gut so, denn „ein TUXEDO-Konzert ist eine Tanzveranstaltung“ (O-Ton der Band). Und wäre das alles noch nicht skurril genug, brachten die Oberösterreicher mit ihrem „I’m Always Here“-Baywatch-Theme-Cover den wohl intensivsten „Was ist das denn bitte?“-Moment des Abends in die Halle. Denn da war er plötzlich, Mitch Buchannon. Wenn auch in der bierbauchigen Version, mit den langen Haaren – die knallrote Hose und das farblich abgestimmte Schwimmbrett waren mit dabei. Während also nun der Klang von tiefen Riffs, hartem Bass und gutturalem Gesang vermischt mit Percussion-Drums und dem imaginären Hauch einer Kuhglocke von der Bühne schallte, probierte sich „Mitch Buchannon“ nach wildem Headbangen auch noch relativ erfolgreich beim Crowdsurfen… Die Individualität von Bands ist ein bekannter Kritikpunkt. Aber wenn eine Band Metalcore mit Percussion-Drums verbindet, dann auch noch einen Breakdown mit einer Kuhglocke einläutet und dem ganzen den Titel „Alpencore“ verleiht – das ist definitiv Individualität! Besonders auffällig sind die Percussion-Drum, parallel zum normalen Drumset gespielt, die TUXEDO immer wieder gekonnt in den Vordergrund stellen und musikalisch gesehen einfach genauso sonderbar wirken, wie das Auftreten der Band an sich. Die „zünftige Musik“ wirkt gesanglich durch drei Stimmen unglaublich massiv.

Nach einem kurzen Umbau lag der Abend letztendlich in den Händen der

EMIL BULLS

. Die Stimmung war bereits während des Umbaus ziemlich gut und die Fans heizten sich mit lauten Rufen selbst noch stärker ein. EMIL BULLS wurden mit einem tosenden Applaus (und unter anderem mit dem enormem Gekreische der Fangirls hinter mir, die zuvor bereits bei jedem erscheinenden Bühnentechniker zusammengezuckt waren) auf der Bühne begrüßt und begannen auch gleich mit ihrer Show – ihrer mittlerweile vierten in Cham. Der an der Bühne befestigte „we rise we rise“-Banner trifft nicht nur auf die Entwicklung der Band in den letzten Jahren sondern auch auf den Verlauf des Abends zu: bereits mit den ersten Songs begann das ausverkaufte und mittlerweile absolut volle L.A. ordentlich mitzufiebern, was im weiteren Verlauf der Show nicht nach lies, auch wenn die Band das Tempo hin und wieder etwas zurückdrehte um kurz danach wieder mehr Gas geben zu können. Der Bühnenaufbau war von den EMIL BULLS so gewählt, dass Sänger Christoph auf einem Vorsprung unmittelbar am Wellenbrecher und somit direkt bei den Fans stehen konnte. Allgemein zeigte die Band aus München ihre sympathische, offene und fan-nahe Seite. So sang Christoph nicht nur direkt mit seinem Publikum sondern holte letztendlich auch einen Fan zu sich auf die Bühne. Neben unzähligen großen Moshpits, einer Wall of Death und jeder Menge Crowdsurfern gab es dennoch im Publikum immer wieder diese Momente, in denen die Fans absolute Textsicherheit bewiesen und sich mitgröhlend in den Armen lagen. Das Zusammengehörigkeitsgefühl in der Menge war unbeschreiblich. Christoph kündigte bereits zu Beginn des Konzertes an, dass hier nur das „hier und jetzt zählt“ – und genau dieses Gefühl konnte die Band problemlos vermitteln. Durch das Bühnenbild wurden vereinzelt Songs besonders ausgeschmückt. Rot-Orangener Nebel bei „Here Comes The Fire“ oder helle Scheinwerfer, die den Rest der Bühne schwarz erscheinen ließen und lediglich Christoph als Schatten hervorhoben bei „I Don’t Belong Here“ verliehen der Show ganz besondere Momente. Die klassischen, unfreiwilligen Bierduschen wurden bei „When God Was Sleeping“ durch Konfetti ersetzt. Die Songauswahl bezog sich nicht nur auf das letzte Studioalbum „Sacrifice To Venus“ sondern enthielt auch bekannte „Klassiker“ der Band. Auch was die Spielzeit und Anzahl der Songs betrifft hat sich die Band ordentlich ins Zeug gelegt: 19 Songs in über 1,5 Stunden! Zum Ende gaben die Münchner ebenfalls nochmals ordentlich Gas: mit „Jaws Of Oblivion“ brachten sie die Stimmung noch einmal ordentlich zum Kochen, mit „I Don’t Belong here“ zeigten sie ihre softere Seite. „Nothing In This World“, „Man Or Mouse“ und „Worlds Apart“ waren der Abschluss eines wirklich guten Auftritts.

Insgesamt war der Abend wohl mehr als gelungen. PATHWAYS lieferten trotz anfänglicher Schwierigkeiten eine souveräne, überzeugende Show ab. TUXEDO zeigten, wie ungewöhnlich und skurril eine Show sein kann und begeisterten das Publikum mit ihrem Alpencore. Mit ihrer fan-nahen und mitreißenden Show zeigten die EMIL BULLS wie man mit 20 Jahren Bandgeschichte auf dem Rücken noch heftig feiern kann. Wer nach der Show noch Energie hatte, noch ein Bier zum Abkühlen trinken wollte oder einfach noch ein bisschen Zeit mit den Bands verbringen wollte, fand sich noch im Café des L.A. ein, wo auf der After-Show-Party mit EMIL BULLS-Sänger Christoph am DJ-Pult noch bis spät in die Nacht hinein ordentlich gefeiert wurde. Zum Interview mit den EMIL BULLS, über 20 Jahre Bandgeschichte, das aktuelle Studioalbum und über das, worauf man sich in den nächsten Monaten noch freuen darf, gehts hier


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