08.03.2015, ((szene)) Wien, Wien

OVERKILL + SANCTUARY

Veröffentlicht am 14.03.2015

Eigentlich ist es fast schon eine Sensation, dass es OVERKILL nach zehn Jahren wieder mal nach Wien schafften. Erinnerungen an das alte Planet Music bzw. bis 1998 das Rockhaus wurden von Bobby Ellsworth als auch von Warrel Dane (der 1990 im Rockhaus mit SANCTUARY auftrat) geweckt. Der Co-Headliner SANCTUARY war für viele Metaller an diesem Abend in der ((szene)) sicher ein weiterer Grund, Musik längst vergangener Tage (von den Kultalben bis 1990) aber auch der Gegenwart (von den aktuellen Releases) hochleben zu lassen.

Die Supports SUBORNED aus der Schweiz und die Italiener von METHEDRAS passten nur bedingt zu diesen Metal-Legenden, welche sich besonders durch den jeweils einzigartigen Gesangsstil der Frontmänner von den üblichen Verdächtigen abheben. Und so waren die pünktlich um 19 Uhr beginnenden SUBORNED, welche ich durch den im „Biergartl“ schnitzelessenden Kollegen Fröwein fast zur Gänze versäumte (Achtung Schleichwerbung: Ein Riesending mit Salat und Pommes um wohlfeile 9 Euro! - Anm. Fo), zwar solide, konnten aber trotz charismatischer Frontbrüllsängerin nicht sonderlich großen Eindruck hinterlassen. Kollege Fröwein sollte sein Schnitzel aber vergönnt sein, hatte er ja doch im Vorfeld einen Interviewmarathon mit Bobby „Blitz“ Ellsworth und dem SANCTUARY-Gitarristen Lenny Rutledge hinter sich.

Durch meinen Besuch im Eckgasthaus ganz in der Nähe der ((szene)) durfte ich aber auch Zeuge vom Ausnüchterungsprozess Warrel Danes werden, der sich dort mit einer „Pandahaube“ auf dem Kopf (als Look-Alike des bekannten bechersammelnden Augustin-Verkäufers, der des Öfteren auch schräge Kopfbedeckungen in Plüschform trägt) mit einer Wiener Familie gemütlich von seiner Geburtstagsfeier am Vortag im Komma in Wörgl erholte.

SUBORNED spielten also eine halbe Stunde die bereits anwesenden Metaller warm, die Italiener METHEDRAS legen nochmal ordentlich nach. Deutlich fetterer Sound und mehr Bühnenaction von den in offenen weißen Zwangswesten gekleideten Südländern. So richtig interessant war die Musik dann aber auch nicht, warteten doch schon alle gespannt auf die beiden Headliner. Zwei Supports an einem Sonntagabend sind einfach schon ein wenig zu viel des Guten (aber gut, es muss ja auch jemand die zwei Nightliner bezahlen).

Die etwas zu langen Umbaupausen trugen leider nicht wirklich zu einer kollektiven Stimmung bei. Beim Konzert von SANCTUARY waren definitiv zwei Fanlager auszumachen, denn in den vorderen Reihen wurde die Wiederauferstehung der Seattler richtig abgefeiert. Viele Musikinteressierte zeigten aber mehr Skepsis als Euphorie und diese war nicht unbegründet. Der Gig am Vortag im Tirol stand ja Warrel-Dane-Geburtstagsparty-bedingt unter keinem guten Stern. Und der, wenn auch nicht „Fett wie ein Radierer“ aber doch mit seiner „Restfettn“ kämpfende Warrel Dane, war stimmlich nicht auf der Höhe, die man sich als Fan erwünscht hätte.

Der Opener der Show „Arise And Purify“, der ja auf der neuen Platte durchaus fett daherkommt, war im Livesound leider nicht so der erhoffte Start. Der blonde Frontmann mit Cowboyhut sang immer sehr angestrengt und fuchtelte wild gestikulierend umher und so verstand man oft leider nur Wortfetzen wie „Leader of the masses…“. Ein Opener sollte halt mehr knallen und auch „Let The Serpent Follow Me“ schlug in dieselbe Kerbe. Jetzt war es aber daran zu beweisen, die alten Klassiker ordentlich darzubieten und „Seasons Of Destruction“ von „Into The Mirror Black“ mit den hohen Screams ist halt eine Steilvorlage, die der gute alte Warrel Dane offensichtlich nur im jugendlichen Eifer eines Mittzwanzigers hinlegen konnte. Durchaus bemüht war er ja, doch auch der Versuch den Song „Die For My Sins“ vom 1987er Debüt „Refuge Denied“ originalgetreu darzubieten gelang nicht wirklich.

Dazwischen gab‘s mal Probleme beim Stimmen des Basses. Bis sich Jim Sheppard nach einer gefühlten Ewigkeit (zwei Minuten Pause waren das sicher) mit dem Rücken zum Publikum endlich wieder umdrehte, fiel auch Warrel keine Ansage mehr ein, der sich sonst als sehr redselig zeigte. Ist zwar verständlich, aber so richtig professionell wirkte das Ganze nicht. Die neue Singleauskopplung „Frozen“ und der Titeltrack „The Year The Sun Died“ kamen eigentlich auch gut an, die NEVERMORE-Anteile sind hier aber nicht zu verleugnen, mit dem ich mich aber durchaus anfreunden kann. Mit dem Song „Future Tense“ wurde dann ins Finale gegangen. Die coolen nach vorne treibenden Gitarrenriffs dieses Übersongs machten so einiges wett. „Taste Revenge“ lieferte dann doch ein ordentliches Ende eines Konzerts, bei dem aber sicher noch einiges mehr möglich gewesen wäre.

Setlist SANCTUARY (ohne Gewähr):

  • Arise And Purify
  • Let The Serpent Follow Me
  • Seasons Of Destruction
  • Die For My Sins
  • The Mirror Black
  • Frozen
  • Question Existence Fading
  • The Year The Sun Died
  • Future Tense
  • Taste Revenge

Im Verlauf des Abends wurde das Schlagzeug vor dem wuchtigen Drumriser von OVERKILL dreimal auf- und abgebaut. Die geplante 40-Minuten-Umbaupause vorm Headliner wurde dann gottseidank doch um zehn Minuten verkürzt. Und schon läutete das „White Devil Armory“-Intro ein Thrashfest der Sonderklasse ein, bei dem sich eine tighte Band mit erstaunlich jugendlicher Spielfreude zeigte. Von Beginn an gab es knüppelnde Drums, die mir aber durchgehend zu laut waren, weil sie die Gitarrenriffs fast erdrückten und die markante Reibeisenstimme von Bobby, die erfreulicherweise sehr deutlich rüberkam.

Der Opener „Armorist“ mit den hohen Screams setzte bereits von Beginn an viele Fans in Ekstase. Die Performance der Band - allen voran jene von Bobby - war einwandfrei, da gab es nichts zu beanstanden. Eine Erfüllung fast aller Fanwünsche durch alte Songs wie „Hammerhead“ oder „Powersurge“, die live stimmlich unglaublich kräftig gesungen wurden. Da ich zugegebenermaßen eher nur ein Kenner der starken neuen Veröffentlichungen bin, tat ich mich mit Titeln wie „Electric Rattlesnake“ ein wenig leichter.

Klassikern wie „In Union We Stand“ mit dem hymnischen Refrain und der Bühnenenergie des Frontmanns konnte man sich aber sowieso schlecht entziehen. Immer wieder verschwand er kurz von der Bühne, um wie ein Blitz (Nomen est Omen, nüm? - Anm. Fo) wieder auf die Bühne zu schießen. Jeder im Publikum hatte sicher einen seiner Favoriten in der Setlist. Einer der Höhepunkt für mich war sicherlich „Necroshine“, der mit einem stattlichen Groove daherkommt, den ich für meinen Geschmack bei einigen Songs ein wenig vermisste. (Kommentar von Kollege Fröwein während des Konzerts: „Hier hast du endlich deinen Groove“).

Tracks wie „Hello From The Gutter“ oder der Bandsong „Overkill“ kamen richtig punkig daher und die Songs würden wahrscheinlich in einer noch kleineren Club-Atmosphäre besser zur Geltung kommen. Die „Fuck You“-Attitüde, die spätestens bei der letzten Zugabe „Fuck You“ zwar propagiert, aber nicht richtig glaubhaft rüberkam, passt für mich nicht ins Konzept der aktuellen Bühnenproduktion.

Mein Highlight war sicherlich der Titeltrack meines verspäteten Overkill-Einstiegs-Albums „Ironbound“. Hier wurde vor der Zugabe nochmal richtig in die Vollen gegangen und das verschwitze Publikum vor allem im Moshpit legte die ((szene)) in Schutt und Asche. Die coolen galoppierenden Riffs, vor allem die Instrumentalparts und Gitarrensoli, begeisterten auf einem hohen musikalischen Niveau. Bobby setzte dem Dargebotenen mit seiner markanten Stimme nur mehr das Tüpfelchen auf dem i auf.

Auch wenn zu diesem Zeitpunkt schon fast alles in punkto Thrash gesagt war, kehrten OVERKILL noch einmal für die Zugaben „Bitter Pill“ und „Elimination“ auf die Bühne zurück und hinterließen die begeistere Fanschar dann mit dem erwähnten THE SUBHUMANS-Cover „Fuck You“. Auch wenn die ((szene)) Wien nicht ganz ausverkauft war, dürfte eine Rückkehr der Legenden, mit hoffentlich nicht mehr derselben langen Wartezeit, auf genügend Gegenliebe stoßen. Das Publikum war zu großen Teilen eher schon gut über 40, viele junge Fans, wie man sie bei KREATOR sah, waren nicht anwesend. In dieser Form können uns OVERKILL gerne noch lange Zeit erhalten bleiben.

Setlist OVERKILL (ohne Gewähr):

  • XDM
  • Armorist
  • Hammerhead
  • Electric Rattlesnake
  • Powersurge
  • In Union We Stand
  • Rotten To The Core 
  • Bring Me The Night 
  • End Of The Line
  • Necroshine
  • Horrorscope
  • Hello From The Gutter
  • Overkill
  • Ironbound
  • Bitter Pill
  • Elimination
  • Fuck You

WERBUNG: Hard
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