22.02.2015, Viper Room

SUICIDAL ANGELS / DR.LIVING DEAD! / ANGELUS APATRIDA / BLOODROCUTED

Veröffentlicht am 28.02.2015

Es sind Sonntage wie dieser, an denen man ohnehin gesundheitlich ein wenig angeschlagen ist und an denen draußen Sauwetter herrscht. Sonntage, die sich besser anfühlen würden, wenn man einfach zu Hause bleiben könnte. Und doch zieht mich heute wieder einmal eine unbekannte, aber extrem große Kraft hinaus und hinunter in die Katakomben des Wiener Viper Room. Der Winterdepression ein Schnäppchen schlagen mit ein wenig Thrash Metal vom Feinsten, das sollte mit diesem Package kein Problem sein. Leider versäumen wir die belgischen Opener BLOODROCUTED, die heute auch noch ihren letzten Gig auf dieser Tour spielen, die sie im eigenen Wohnmobil mitgefahren sind - Kollege Fröwein und ich haben nämlich gleichzeitig dazu ein Interview mit DR. LIVING DEAD!. Die schmeißen sich für's Foto mit uns auch gleich in ihre Bühnenmasken, ohne kommt erst gar nicht in die Tüte. Als wir fertig sind beginnen gerade die spanischen Sunnyboys von ANGELUS APATRIDA ihren Gig zu holzen. Die Combo ist mittlerweile auch schon wieder fast 15 Jahre auf dem Radar und hat stattliche fünf Alben vorgelegt, das letzte davon, "Hidden Evolution", erst heuer. Und von dem werden dann auch gleich mal drei Songs zum Besten gegeben. Der - wie bei allen Vorbands heute Abend - etwas gekürzte Set erscheint in seiner Präzision und Wucht massiv dicht und mega-intensiv, eine Abrissbirne vor dem Herrn. Gottlob aber ohne Miley Cyrus. Der Vorverkauf war relativ okay, abends finden sich etwa knapp hundert Nasen im Viper Room ein, darunter überraschend viele Mädels und weniger überraschend viele Youngsters. Die feiern ANGELUS APATRIDA (heißt übrigens so viel wie "Engel ohne Heimat") auch nach allen Regeln der Kunst ab, und die vier energiegeladenen Musiker liefern ein Brett nach dem anderen. Das hat schon was von Schneidbrenner und danach sind wir aber so was von gut drauf - keine Rede mehr von Sonntag, das Scheißwetter draußen ist uns mindestens ebenso egal, wir sind im Hier und Jetzt und alles ist Thrash! Das wissen auch DR. LIVING DEAD!. Die vier Schweden, die nie ohne ihre typischen Bandana-Skeleton-Masken auftreten, servieren uns die Gustohappen ihres heutigen Sets mit einem - wenn natürlich nicht gut erkennbaren - Augenzwinkern. Dr.Toxic an der Klampfe spielt trotz grippalem Infekt einen tollen Gig, lässt sich am Ende sogar vom Publikum im Circlepit umrunden. Überhaupt gehen die Leute auch hier voll ab. Wohl alle nichts zu arbeiten morgen, hä? Im eh schon kuscheligen Kellergewölbe wird es im Rempel-Modus gleich noch familiärer, passiert ist aber gottseidank nichts.

Auf der Bühne schon, denn da höppeln sich die vier Doktoren den Arsch ab und kredenzen uns ihre Melange aus SUICIDAL TENDENCIES und D.R.I. in mundgerechten Happen - die Nummern dauern fast alle um die zweieinhalb Minuten und somit hat der Gig auch die nötige Kurzweil. Das niegelnagelneue Album "Crush The Sublime Gods", das am Tag darauf in Europa offiziell erscheint und heute von der Band bereits am Merch-Stand angeboten wird, ist durch zwei Tracks ("TEAMxDEADx" und "Buck$") vertreten, der Rest ist ein flotter Streifzug durch die anderen zwei Alben. Nach so viel eruptiver Energie werden es die SUICIDAL ANGELS schwer haben, da noch etwas zu toppen. Haben es Griechen momentan in Europa ja sowieso nicht ganz easy, meistern die vier Athener ihren Gig zur fortgeschrittenen Stunde aber wenigstens recht ordentlich. Der charismatische Frontmann Nick Melissuorgos hat das Publikum im Griff, erinnert mit seinen Ansagen aber immer ein wenig an Maxe Cavalera oder Sankt Mille. Und auch musikalisch wird live hier wieder einmal deutlich, wer da en masse Pate gestanden hat: KREATOR, SEPULTURA zu "Beneath The Remains"-Zeiten, manchmal die eine oder andere obskure Combo wie ATROPHY oder DEFIANCE. Den Leuten ist's wurscht, da wird gebangt, gemosht (ja, auch das können die Wiener an einem Sonntag) und mit Oberweiten gewackelt, dass es nur so eine Freude ist. Natürlich merkt man, dass nach drei heftigen Vorgruppen ein wenig die Luft raus ist und auch die Selbstmordengel kommen ab und an ein wenig zu kantig rüber. Aber was soll‘s? Der Spaß zählt und den liefern sie uns mit einem 75-Minütigen Feuerwerk aus ihren fünf Langspielplatten. Und das schönste am Thrash ist halt immer noch, dass er mit seinen Kreissägen-Riffs und den Keif-Vocals für mich um Ecken brutaler rüberkommt als der ölfzigste Death Metal-Aufguss. Das ist heute so, und das wir immer so bleiben. Jaja, es sind Sonntage wie dieser, an denen man sich denkt, man wäre von einer Thrash-Walze überrollt worden. Und auch wenn keine der Bands auch nur ansatzweise innovative Musik erschafft, so wurde vielen heute wieder mal klar, warum sie seit Jahren dem Metal frönen. Weil's Spaß macht und knallt nämlich.



Setlist ANGELUS APATRIDA

Immortal Violent Dawn Of Men And Tyrants Serpents On Parade Blast Off Give'Em War End Man You Are Next

Setlist DR. LIVING DEAD

Hard Target Gremlin's Night You're Lost Buck$ Reptiles Beneath Kill Me! Suffering Dead End Life My Brain Is For Sale TEAMxDEADx I Need Thrash (Not You) Streets Of Doc-Town World War Nine UFO Attack Dr. Living Dead

Setlist SUICIDAL ANGELS

Intro Divide And Conquer Bloodbath Apokathilosis Reborn In Violence Seed Of Evil Morbid Intention To Kill The Prophecy Vomit On The Cross Pestilence Of Saints Beggar Of Scorn Control The Twisted Mind Bleeding Holocaust Moshing Crew [die Setlists sind wie immer ohne Gewähr auf Richtigkeit bzw. Vollständigkeit]


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