22.02.2014, Arena

KNORKATOR

Veröffentlicht am 26.02.2014

Erst mal: es ist echt ein Armutszeugnis, dass sich an diesem denkwürdigen Abend nicht ein einziger Fotograf blicken hat lassen. Dabei wären einem die geilen Motive ja quasi vor die Linse geschoben worden und man hätte vor lauter Sabbern aufpassen müssen, dass man im Photopit nicht "auffe Schnauze" fällt, wie man in Berlin so zu sagen pflegt. Aber auch so bleibt das, was KNORKATOR in der rappelvoll ausverkauften Arena heute Abend abhalten, ins Gedächtnis gebrannt. Und die Berliner können mittlerweile auf ein Hitfeuerwerk zurückgreifen, das keine Wünsche offen lässt. Front-Ulknudel Stumpen ist halt der geborene Entertainer und sollte meines Erachtens nach in Zukunft auch noch "Wetten, dass...?" moderieren. Oder so.

Tastengott Alf Ator hat sich ein neues Gimmick für seine Instrumente gebastelt, und zwar aus einem Rollator, so einem Ständer, wo man Blutkonserven und so Zeug dran aufhängt, und einem Esprit-Sonnenschirm. Mit dem Ding kann er auch ab und an mal über die Bühne rollatoren und sich lustig im Kreis drehen. Buzz Dee knetet sich ein fettes RAMMSTEIN-Riff nach dem anderen aus seinen geschätzten sechs unterschiedlichen Gitarren und ist dabei stoisch wie eh und je, inklusive der obligatorischen Kippe auf den Lippen. Die Rhythmus-Fraktion mit Neuzugang Sebastian Meyer an den Trommeln tritt von hinten ordentlich Arsch und Basser Rajko traut sich auch manchmal an die Vorderkante, um mit Buzz Dee gemeinsam die Äxte schön zu schwingen. Und dann ist da eben Stumpen. Heute kommt er eher dezent in gelbem Spandex ohne Kopfhaube gekleidet, schält sich aber eh schon nach zwei Songs aus dem Overall und glänzt im wahrsten Sinne des Wortes den ganzen Abend lang im knappen Latex-Höschen.

Der Mann mit dem fast-Ganzkörper-Tattoo, der eigentlich Gero Ivers heißt und eine klassische Gesangsausbildung hat, ist aus dieser Combo nicht wegzudenken. Mal gibt er Steffi in der ersten Reihe die Schuld an allem, dann hat er sein nächstes Opfer am Balkon oben gefunden und lässt das Publikum mal eben alle nach hinten schimpfen, beim neuen Song "Zoo" werden alle Tiernamen dieser Welt verwurstet und bei "Fortschritt" kommt eine Flipchart zum Einsatz, damit wir auch alles ordentlich mitsingen können. "Refräng" und "Du Nich" werden von der gesamten Halle mitgeplärrt, und es ist sowieso bei jedem Song irgendwie irgendwo die Hölle los. Mal wird die vordere Hälfte einfach hingesetzt, mal werden alle dazu animiert, Alf Ator den Stinkefinger zu zeigen, und dazwischen höppelt Stumpen mal mit einer brennenden Hüpfschnur über die Bühne. Ich habe ehrlich gesagt seit langem nicht mehr so eine Stimmung in der Arena erlebt. "Breaking The Law" von JUDAS PRIEST wird als Ballade fast unkenntlich gemacht, das hyperschnelle "Schmutztfink" und der "Ultimative Mann", beinahe wie auf Platte gesungen, bringen mir abwechselnd die Freuden- und die Lach-Tränen in die Augen. Und wenn Stumpen bei "Wir Werden Alle Sterben" in einem riesigen Plastikball übers Publikum rollt, gibt's kein Halten mehr: das ist Entertainment aus dem Lehrbuch, und nach den insgesamt fünf Zugaben (natürlich mit dem BONEY M-Klassiker "Ma Baker" am Ende) und dann doch zweieinhalb Stunden Musik weiß man wieder, warum man sich auch als 40-jähriger noch immer in erste Reihen stellt.

Beim Nachhause gehen kann man sich dann noch mit Unterhöschen für Sie ("Vibrator Knorkator Muskelkator") und Ihn ("Kurz und Klein") am Merch-Stand eindecken, oder ein lustiges Shirt um faire 18 Euro erstehen. KNORKATOR haben heute wieder mal gezeigt: besser geht's nicht, live können sich die Spaßkanonen nur noch selbst übertreffen, und selbst wenn der eine oder andere mit den doch sehr infantilen Texten nichts anfangen kann, musikalisch sind Stumpen, Buzz Dee und Alf (Roll)Ator mittlerweile unantastbar und bringen in einer Show so viel Energie auf die Bretter wie andere Bands auf einer ganzen Tour nicht. Und auch das Material vom aktuellen Album "We Want Mohr" (hui, da werden sich die selbsternannten Moralwächter wieder mit spaßigen Kommentaren zumüllen, ich freue mich darauf...) funktioniert einwandfrei und hat die Live-Taufe ohne gröbere Dellen bestanden. Glücklicherweise hat uns Kathi Hirmann dann doch noch ein paar Fotos zur Verfügung gestellt! Abschließend kann ich nur sagen: Ey, ich hab ne geile KNORKATOR-Show gesehn...Ihr Nich!

Setlist: Hymne Schwanzlich Willkommen Ding Inne Schnauze Schüchtern Du Bist Schuld Mich Verfolgt Meine Eigene Scheiße Zoo Fortschritt Geld Wenn Mir Einer Was Will Alter Mann Refräng Du Nich Ich Hasse Musik L Konrad Breaking The Law (Judas Priest Cover) Schmutzfink Der Werwurm Eigentum Der Ultimative Mann Weg Nach Unten Wir Werden Alle Sterben === Absolution Böse Für Meine Fans Ma Baker (Boney M. Cover)


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