26.10.2012, Escape Metalcorner

Doom Over Vienna VII

Veröffentlicht am 01.11.2012

Wenn die Tage kürzer und die Nächte kälter werden weiß man, es ist wieder so weit. „Doom Over Vienna“ lädt heuer bereits zum siebenten Mal zu tief tönendem, lebensverneinenden Doom aus aller Welt. Gleich zwei Tage in Folge öffnet das Escape-Metalcorner hierfür seine Pforten und neben Bands wie FAAL (NL), WORSHIP (D) oder POEMA ARCANUS aus Chile ist mit den Linzern DIRT DEFLECTOR, die allerdings erst am zweiten Tag auftreten, auch die heimische Doom-Szene vertreten. Um knapp halb neuen läuten die Niederländer FAAL das Festival ein. Die Band, deren Name übersetzt soviel wie Versagen oder Scheitern bedeutet, formierte sich im Jahr 2005 und veröffentlichte seitdem die Alben „Abhorrence-Salvation“ sowie das aktuelle „The Clouds Are Burning“. Der dunkle Mix aus Downtempo-Gitarren und flächigen Synths wirkt zwar anfangs etwas karg, doch spätestens der kräftige Stimmeinsatz von Frontkrächzer William Nijhof haucht der Soundkulisse Leben ein. Mit „The Clouds Are Burning“ wird das knappe aber intensive Set basslastig zum Abschluss gebracht. Zurück bleibt ein überschaubares aber zufriedenes Publikum, welches gespannt auf die nächsten Acts wartet.

Von den Niederlanden geht es direkt nach Südamerika. POEMA ARCANUS kommen aus Chile und starteten bereits Anfang der 90er-Jahre als Grindcore-Band in ihrer Heimatstadt Santiago. Über die Jahre veränderte sich aber nicht nur die Besetzung, sondern auch die musikalische Ausrichtung der Band, welche sich dieser Tage unweigerlich dem Doom verschrieben hat. Nach anfänglichen Schwierigkeiten mit der Mikrofonierung ist das Quartett gegen 21:50 Uhr mehr als startklar. Die angenehm tiefe Stimme von Claudio Carrasco wird von einem knatterndem Bassspiel sowie sphärischen Effekten begleitet, welche von Gitarrist Igor Leiv behutsam mittels Fußpedalen gesteuert werden. Auch wenn der verzerrte Bass teilweise zu sehr in den Vordergrund rückt und die Songstruktur nicht immer nachvollziehbar ist, legen die VOIVOD-begeisterten Musiker eine Performance hin, die man so schnell nicht wieder vergessen wird. Denn gemeinsam mit MAR DE GRISES ist und bleibt Metal aus Chile in unserer Gegend eher eine Besonderheit.

Nach einer kurzen Umbaupause findet sich mit WORSHIP schon die letzte Band des Tages im Keller des Escape ein. Die Downtempo-Truppe existiert bereits seit 1998 und zeichnet sich vor allem durch ihren bedrückend depressiven Weltuntergangs-Stil aus. Ehe man weiß wie einem geschieht, hat man sich auch schon in den melancholischen Klanglandschaften der Münchner verloren. Während das langatmige Riffing aufs Luftholen vergessen lässt, schnürt einem der peingeplage Gesang die Kehle nur noch weiter zu. Was hier vor allem gefragt ist, ist Geduld und die Bereitschaft, sich auf den bitteren Sound einzulassen. Doch auch wem dieses Maß an Aufmerksamkeit während des Gigs zu anstrengend ist, kommt beim letzten Song trotzdem auf seine Kosten. Kurzerhand holt sich Sänger und Gitarrist Daniel Pharos, welcher mit seiner T-Shirt-Wahl schon Begeisterung für die Musikerkollegen von FAAL zeigte, den stämmigen, niederländischen Sänger auf die Bühne. Mit Bier und Zigarette in der Hand klettert William folgsam auf die Bühne, um gemeinsam mit den Deutschen dem abgrundtiefen Doom zu huldigen. So kommt es zu einem energiegeladenen Abschluss, der in punkto Spontanität und Emotion seinesgleichen sucht.

So einfach eine Musikrichtung von außerhalb betrachtet auch wirken mag, so facettenreich ist sie. Auch wenn sich Doom gerade durch seine Langsamkeit und Härte definiert, lassen sich diese Eigenschaften auf verschiedenste Art und Weise ausbauen und verwirklichen. Die Bands des heutigen Abend beschäftigten sich jedenfalls auf ihre ganz spezielle Weise mit der düstereren Musikrichtung. Diese Individualität galt es an diesem grauen Herbstabend nicht nur zu vereinen sondern zu zelebrieren. Es bleibt zu hoffen, dass das „Doom Over Vienna“ auch in Zukuft die wertvollen Klänge des Weltuntergangs in einem Festival zu vereinen mag.


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