20.04.2012, Grosser Rathaussaal

L.A. GUNS, CHRIS SLADE STEEL CIRCLE

Veröffentlicht am 23.04.2012

„Telfs lebt“ heißt die Kulturinitiative, die seit 2008 für zusätzlichen Schwung in der Tiroler Rock- und Konzertszene sorgt. Dass in diesem Verein echte (Gitarren-)Rockfans am Werke sind, beweist die bisherige Bandauswahl. Von J.B.O., KISS-Drummer ERIC SINGER & Projekt, den QUIREBOYS, DAN BAIRD (GEORGIA SATELLITES), RICHIE KOTZEN, BONAFIDE, SALTATIO MORTIS bis hin zu NAZARETH reicht die Bandbreite der bisher hier gastierenden Bands. Jene Bands ließen die altehrwürdigen Bretter des Telfer Rathaussaals erbeben, auf denen neben vielen anderen Größen aus dem Rockbereich im Jahre 1995 auch schon BLACK SABBATH rockten. Auch im heurigen Jahr war es den Organisatoren wiederum gelungen, dem heimischen Publikum ein ansprechendes musikalisches Rahmenprogramm zu bieten, bot man mit CHRIS SLADE STEEL CIRCLE - CS/SC, der Band um den ehemaligen AC/DC-Schlagzeuger, doch ein Höchstmaß an Authentizität bezüglich der Aussie-Rocker auf. Nicht wenige fanden ihren Weg wegen der 80er Sleaze/Hardrocklegende L.A. GUNS nach Telfs, die nach ihrem Konzert im Südtiroler Bruneck ein weiteres Gastspiel in unserer Breitengraden gaben.

NITERAIN

Eröffnet wurde der Abend im Zeichen des gepflegten Hardrocks von der norwegischen Newcomer-Formation NITERAIN, welche die (L.A.)Gunners auf ihrer Euro-Tour begleitet. In bester Tradition der neuen skandinavischen Sleaze-Hardrock-Schule schmetterten die vier spindeldürren Jungrocker ihr ansprechendes halbstündiges Repertoire mit schwerer Gitarrenrockschlagseite (AIRBOURNE) ins Publikum, das fetzige Rocker wie „Somebody Give Me A Doctor“ oder „Judgement Day“ mit entsprechendem, für einen Opener unüblich lauten Applaus quittierte. Die Truppe um den Westentaschen-Vince Neil Baz wurde ihrer Rolle als Anheizer jedenfalls gerecht, war mit dem differenziertesten Sound des Abends ausgestattet und erwies sich als lässige Band, die sich hoffentlich aus der Masse an neuen Bands aus dem hohen Norden abheben kann.



L.A. GUNS

Mit den L.A. GUNS beehrte eine wahre Sleaze/Glam-Legende die Bühnenbretter des Telfer Mehrzwecksaals. Dies zur Freude des harten Kerns der Tiroler Veteranen und Liebhaber jener glorreichen Tage der 80ern des vorigen Jahrhunderts, als Kajal, Lippenstift und Haarspray zur Pflichtausstattung im Handtäschchen jedes Glammers gehörte, die Autos schnell, die Groupies hübsch, die Nächte am Sunset Strip lang und die Partys im alkohol- und drogenbedingten Rausch in regelmäßigen Exzessen endeten. Ohne lange zu fackeln startete der L.A.-Vierer mit dem Kracher-Double vom Debutalbum „No Mercy“ und „Sex Action“ in das Liveset. Beim anschließend folgenden melodiösen „Never Enough“ wurden Soundprobleme offensichtlich. Doch unbeirrt von dem etwas matschigen Klang und den zurückgeschraubten Backingvocals genoss die Band sichtlich ihren ersten Österreich-Auftritt überhaupt. Songtechnisch konnte man sowieso aus dem Vollen schöpfen. Egal ob das getragene „Over The Edge“ oder das rockende “I Wanna Be Your Man“ der heutige Abend machte unmissverständlich klar, über welche Songwritingfähigkeiten die Band verfügte und welche Hits „Never Enough“ oder auch „Electric Gypsy“ sind. Im Kern starteten die L.A. GUNS, deren Gründervater Gitarrist Tracii Guns leider nicht mehr mit von der Partie ist, mit den übermächtigen Überfliegern GUNS N´ ROSES in Los Angeles, das seinerzeit der ultimative Nabel der Musikwelt war. Die ebenfalls dem heißen Plaster L.A. entwachsenen, ähnlichen Bands wie FASTER PUSSYCAT teilten das Schicksal der (L.A.)GUNnerS ebenso wie das Gros der Glam/Sleaze/Hardrockbands, welche die kometenhaft aufsteigenden GUNS N´ ROSES leider nur von hinten betrachten konnten. Vor allem die ersten drei Alben der L.A. GUNS müssen zu den Genre-Klassikern gezählt werden. Nach Charterfolgen in den späten Achtzigern und Edelmetallauszeichnungen folgte mit dem raketenhaften Aufstieg einer Band aus Seattle der abrupte Absturz in die Bedeutungslosigkeit, der später auch den Ausstieg des Bandgründers mit sich zog, während sich die Band über die Jahre in unterschiedlicher Besetzung eher erfolglos durch die Musiklandschaft schleppte. Doch gerade eine Nummer wie „Revolution“ (vom 2002er „Waking The Dead“-Album) bewies, dass die Band neben den zahlreichen Videoclip-Hits der spätern 80er/frühen 90er auch in späteren Jahren ihre Highlights hatte.

Genreadäquat glamourös gestylt präsentierten Fronter Phil Lewis und seine Mannen, die ihn alle drei Backgroundvocal-technisch unterstützten, auch einen Song vom neuen Album („You Better Not Love Me“). Mit stoischer Ruhe thronte der ehemalige W.A.S.P.–Drummer Steve Riley hinter seinem Drumkit, während Stacey Blades (g.) und Scotty Griffin (b.) die große Rathaussaal-Bühne ausfüllten. Aus den verruchten und exzesserprobten Partyboys von seinerzeit sind zwar reife Männer mittleren Alters geworden, wie man rockt hat das Quartett aber noch nicht verlernt. Der lässige Auftritt, der die Glory 80s In Sunny California im aprilwettergebeutelten Tirol aufleben ließ, war zwar von Soundproblemen gekennzeichnet, dieser Umstand tat aber der Begeisterung bei Band und Publikum keinen Abbruch. Nach dem massiven Kuschelrocker „The Ballad Of Jayne“ erschienen vor dem geistigen Auge die Feuerzeugmeere vergangener Tage, bevor der Klassiker „Rip n Tear“ den knapp einstündigen Auftritt der sympathischen L.A. GUNS beschloss, die sich nach dem Konzert bereitwillig am Merch-Stand ablichten ließen und Devotionalien signten. Ich hätt noch gerne „Some Lie 4 Love“ oder „It´s Over Now“ gehört, aber ein Rock- ist bekanntlich kein Wunschkonzert.

Setlist L.A.GUNS:

-No Mercy -Sex Action -Never Enough -Over The Edge -I Wanna Be Your Man -You Better Not Love Me -Sweet Mystery -Burn -Revolution -Hollywood´s Burning -Sleazy Come Easy Go -Electric Gypsy -Ballad Of Jayne -Rip n Tear



CHRIS SLADE STEEL CIRCLE - CS/SC

Als Headliner des heutigen Abends wurde eine veritable AC/DC-Tribute-Band verpflichtet. Chris Slade war unter dem Banner CHRIS SLADE STEEL CIRCLE - CS/SC angetreten, dem Publikum den bewährten Cocktail aus Hits der australischen Rocklegende zu präsentieren. Chris Slade darf das, immerhin war der Kahlkopf Anfang der 90er des vorigen Jahrhunderts der Drummer der Känguru-Rocker und wirkte auf „The Razors Edge“ sowie dem jedem Rock- und Metalfan in- und auswendig bekannten „Live At Donington“ von 1992 mit, das ihn als Drummer wohl auf immer verewigt. Über die AC/DC-Hits und deren simple Effektivität und Einprägsamkeit lang zu referieren scheint wohl unnötig. Ein Blick in das schwer abrockende Publikum sagte mehr als tausend Worte. Jeder im Saal hatte die Songs schon x-mal gehört und verinnerlicht, zumindest ein Bein der rund 500 Zuschauer befand sich rhythmischer Bewegung. Die Setlist (vom uralten „High Voltage“ bis „Money Talks“, das den jüngsten Song repräsentierte) stieß beim rockgeeichten Tiroler Publikum auf offene Ohren.

In der All Star AC/DC-Tribute Band (das Allstar–Aufgebot hat in Telfs ja schon fast Tradition) hatte der in der Vergangenheit u.a. auch bei MANFRED MANN´S EARTH BAND und ASIA tätige Waliser ALICE COOPER – Gitarrist Keri Kelli (auch SLASH'S SNAKEPIT) und Sänger Leon Geowie (VENGEANCE, der ja mit den Holländer tolle Alben wie „Arabia“ abgeliefert hat) um sich geschart. Dies erwies sich als geschickter Schachzug, denn der heute 65-jährige Fellgerber konnte zwar durch seinen trockenen Punch beeindrucken, blieb ansonsten (außer bei seiner Soloeinlage) aber schlagzeugertypisch relativ blass im Hintergrund. Generell war man sich einig, dass vor allem Gitarrist Keri Kelli der wesentliche Erfolgsfaktor der Band ist, der mit seinem originellen Gitarrenspiel, geilen Riffs und Posing für viel Schwung auf der Bühne sorgte. Mir persönlich sagte aber auch der Frontmann Leon Geowie sehr zu, der sich ebenfalls nicht versteckte, mit spastischen Verrenkungen und Grimassen über die Bühne fegte und das Auditorium weiter anstachelte. Seine geile Rockröhre ist sowieso über jeden Zweifel erhaben. Der Publikumstenor lautete dennoch so, dass hier „nur“ eine AC/DC-Coverband gastierte (wenn auch eine sehr professionelle!), jedoch nichts über das Original geht. Das Publikum war trotzdem bestens unterhalten, mit diesen Musikklassikern kann man sowieso nichts falsch machen, den Rhythmus hat jeder Rockfan im linken Zeh. Eine weitere tolle Rocknacht war in Telfs geschlagen, auf weitere Highlights im Tiroler Oberland darf gehofft werden!

Setlist CS/SC:

-Dirty Deeds Done Dirt Cheap -Shot Down In Flames -Girls Got Rhythm -Back In Black -High Voltage -TNT -Hell´s Bells -Money Talks -You Shook Me All Night Long -Drum Solo -Thunderstruck -Riff Raff -Whole Lotta Rosie --- -Highway To Hell -Let There Be Rock


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