Interview: Septicflesh - Sotiris Anunnaki V

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Ich habe versucht, eine rebellische Liturgie über die Mysterien rund um Leben und Tod im Stile einer schwarzen Messe zu kreieren!

SEPTICFLESH sind sicherlich als einer der großen Geheimtipps des anspruchsvollen Extremmetals zu bezeichnen. Mit Sotiris steht uns einer der kreativsten Musiker der griechischen Metal Szene Rede und Antwort...

Text: El Greco
Veröffentlicht am 27.05.2011

“The Great Mass” ist definitiv als dunkles und beinahe morbides Album zu bezeichnen. Metaphern zum Thema Tod sind allgegenwärtig. Stimmst Du mir da zu? Gibt es eine Art Konzept hinter “The Great Mass”? Und warum habt Ihr “The Great Mass” als Albumtitel gewählt?

Ich habe mit unterschiedlichen Interpretationen des Wortes „mass“ gespielt. Die englische Bezeichnung „mass“ kann sich auch auf klassische Kompositionen (z.B. „Die große Messe“ / “The great mass“ von Wolfgang Amadeus Mozart) beziehen. Zudem kann sich “The Great Mass“ auf das Universum beziehen oder auf die Masse an Menschen, die diese Erde bevölkern etc.
Ich habe versucht, eine rebellische Liturgie über die Mysterien rund um Leben und Tod im Stile einer schwarzen Messe zu kreieren. Die Dekonstruktion des religiösen Symbolismus ist demnach das dominanteste Element meiner Texte! Es gibt aber natürlich noch viele weitere Schichten und Bedeutungen zu jedem Song. Die Songs sind als unterschiedliche Psalmen zu betrachten, die sich mit verschiedenen fesselnden Themen auseinander setzen und Teil der gleichen dunklen Liturgie sind.

Wie waren die Reaktionen der Fans und der Presse bislang?

Wir erhielten sehr positive Reaktionen der Fans! Zudem gab es viele wunderbare Reviews mit hohen Bewertungen seitens der Magazine. Zum allerersten Mal kamen wir sogar in die Charts eines Landes – wir schafften es auf Platz 9 der finnischen Albumcharts! Das ist definitiv ein toller Start.

“Communion“ war meiner Meinung nach ein tolles Album. Allerdings sind “The Great Mass“ und “Communion“ kaum miteinander zu vergleichen. Wie unterscheiden sich die beiden Alben?

“The Great Mass“ hat mehr musikalische Schichten als „Communion“, das im Vergleich etwas simpler ist. Wir haben uns mit unseren Kompositionen an das spezielle Feeling eines Soundtracks angenähert und integrierten demnach eine höhere Anzahl an symphonischen Elementen. Andererseits sind wir natürlich auch immer noch eine extreme Metal Band mit hämmernden Riffs und den für SEPTICFLESH charakteristischen melodischen Hooks. Bezüglich des Rhythmus gibt es dieses Mal eine große Anzahl an Rhythmuswechseln und eine Vielzahl an unterschiedlichen Tempi – von Begräbnismärschen bis zu tribal percussion oder höllischen Blasts. Was die Vokalelemente anbelangt gibt es natürlich wieder die charakteristischen tiefen Growls von Seth, sowie meine melodischen Vocals und einen gesamten Chor zu hören. Zudem singen zwei Sängerinnen und zum ersten mal ein Sopranist auf diesem Album. Demnach hatten wir viel Spielraum für Kombinationen dieser Elemente, was wiederum dazu führte, dass unsere Ausdrucksmöglichkeiten nicht so schnell an ihre Grenzen stoßen konnten.

Welchen Song auf “The Great Mass“ würdest du als deinen Favoriten bezeichnen?

Bei “The Undead Keep Dreaming“ ging es um einen Traum, den ich im Alter von zehn Jahren tatsächlich hatte. Dieser Song löst erneut die starken Emotionen aus, die ich damals fühlte und bringt die Erinnerung daran demnach jedesmal wieder zurück. Aus diesem Grund ist dieser Song einer meiner persönlichen Favoriten.

Ihr habt immer schon Metaphern verwendet, die mit diversen Aspekten des Christentums verbunden sind, ohne tatsächlich Ideen zu publizieren, die als satanistische Platitüden zu bezeichnen sind. Demnach nun quasi die Gretchenfrage für Dich: Wie hast du’s mit der Religion?

Ich bin gegen die Religion, da ich sie als geistige Sklaverei erachte. Ja, ich nütze Metaphern, die christlichen Symbolismus (der übrigens großteils aus antiken Elementen kreiert wurde) in einer unorthodoxen Art und Weise darstellen, um das Glaubenssystem zu dekonstruieren. Ich will mit meinen Lyrics die Suche nach verborgenem Wissen fördern, anstatt den falschen Trost des Glaubens zu propagieren.

Ihr habt erneut mit dem Prag Orchester zusammen gearbeitet. Wie ergab sich damals diese Kooperation? Sprengt das nicht eure finanziellen Möglichkeiten, dieses gesamte Orchester anzuheuern?

Chris hat diese Wahl getroffen, weil er bereits für einen Soundtrack für ein Videospiel mit dem Orchester zusammengearbeitet hat. Wir waren begeistert von unserer ersten Zusammenarbeit mit dem Orchester (während der Aufnahmen zu “Communion“) und entschlossen uns demnach dazu, das Orchester auch für “The Great Mass“ anzuheuern. Das Orchester ist sehr erfahren, da es bereits bei diversen Soundtracks wie z.B. für Starship Troopers, Hostel, The Mechanic etc. zu hören war. Demnach können sie jederzeit eine passende Performance abliefern, was uns sehr zu Gute kam.

Eure Songs sind nicht leicht zu verstehen und beinhalten eine große Anzahl an unterschiedlichen Schichten. Man ist mitunter geneigt, sie als „Avantgarde“ zu bezeichnen. Wie gestaltet sich da der Songwritingprozess? Wer entwickelt die ersten Ideen und wie werden sie in weiterer Folge ausgearbeitet?

Alle vier Bandmitglieder nehmen aktiv am Songwriting teil und entwickeln die Ideen hinter den Songs. Das ist wohl auch der Grund, warum unsere Songs so heterogen sind. Wir arbeiten mit kontinuierlichem Feedback für jede Idee und experimentieren viel, wenn wir neues Material schreiben. Am Ende suchen wir uns dann die Songs raus, die herausragen und die intensivsten Emotionen kreieren. Allerdings gibt es natürlich auch gewisse Aspekte, für die ein bestimmtes Bandmitglied die Verantwortung besitzt. So ist Chris für die orchestralen Arrangements zuständig, während Fotis und Seth für die Entwicklung der Rhythmik verantwortlich sind und ich mich um die Texte kümmere. Zudem ist Seth ja verantwortlich für das Artwork.

Ist es nicht hart, diese komplexen Songs live zu performen? Welche Songs spielst du live besonders gerne?

Ja, wir können es uns natürlich nicht leisten ein gesamtes Orchester mitzunehmen. Also haben wir uns dazu entschlossen pre-recorded samples der orchestralen Parts zu nützen, da Synths daran scheitern, die gleiche Atmosphäre zu erzeugen. Bezüglich der Lieblingssongs – Live spiele ich “Anubis“, “Persepolis“, “Virtues of the Beast“ und „DNA“ besonders gerne.

Gibt es Pläne auch endlich mal wieder in Österreich zu spielen? Wie sind eure bisherigen Erfahrungen mit den österreichischen Fans? Ist unser Land bereits als „Septicflesh territory“ zu bezeichnen oder ist es für euch noch hart, Österreich zu erobern?

Leider tourte die Band vor der Veröffentlichung von “Communion“ kaum. Nun haben sich die Dinge verändert und Septicflesh waren bereits in vielen Ländern auf Tour. Viele dieser Länder besuchten wir zum ersten Mal. So haben wir z.B. mit bekannteren Bands wie z.B. CRADLE OF FILTH und BEHEMOTH getourt. Es gibt definitiv Pläne, weitere Länder zu erobern. Österreich ist eines davon. Momentan sind wir in Frankreich unterwegs und danach werden wir mit CHILDREN OF BODOM in den USA touren, wo wir COB zusammen mit DEVIN TOWNSEND und OBSCURA supporten werden. Danach sind wir bereit für den nächsten Schritt.

Wer hatte damals die Idee, als SEPTICFLESH eine Reunion zu starten? Wie kam es dazu?

Seth rief mich an und teilte mir mit, dass er und Chris genug Zeit hätten, um den Fokus wieder ganz auf die Band richten zu können. Ich war damals dabei ein Soloprojekt namens AENAOS zu starten. Aber wir spielten wieder ein paar Songs zusammen und merkten, dass die Magie früherer Tage noch lebte. Wir hatten sofort wieder so viele interessante Ideen und ich war wirklich aufgeregt. Demnach habe ich AENAOS wieder auf Eis gelegt, bevor ich überhaupt damit begonnen habe und wir haben das Fleisch wieder auferstehen lassen…

Warum habt ihr damals diesen Bandnamen gewählt? SEPTICFLESH klingt nach einer Gore/Grind band – Eure Band hat mit diesem Genre aber doch rein gar nichts zu tun….

Absolut richtig! Um ehrlich zu sein, mochte ich diesen Namen nie. Aber als ich damals zur Band stieß, hatte sie eben bereits den Namen SEPTIC FLESH. Es war ein Vorschlag eines Freundes von Seth und Chris und sie mochten diesen Namen damals eben. Ich habe es leider nicht geschafft, sie früh davon zu überzeugen den Namen zu ändern. Als wir mehr und mehr Aufmerksamkeit unter diesem Bandnamen bekamen und mehrere Alben als SEPTIC FLESH veröffentlichten, machte es natürlich keinen Sinn mehr, ihn zu ändern.

Ihr seid nun Teil von Season of Mist Records. Warum habt ihr euch dafür entschieden das Label zu wechseln und welche Vorteile habt ihr nun als Teil eines bekannteren Plattenlabels?

Season of Mist unterstützten die Idee der Reformierung der Band. Wir hatten immer eine stattliche Anzahl an Fans in Frankreich und dachten demnach, dass es eine gute Idee sei, dort zu unterschreiben. Wir sind sehr glücklich über diese Entscheidung und wurden immer mit Respekt behandelt. Zudem haben wir die volle Kontrolle über unser musikalisches Produkt und bekommen eine starke Promotion von Seiten des Labels. Season of Mist wird immer größer und hat nun immer mehr bekannte Bands wie z.B. MORBID ANGEL unter Vertrag. Teil eines bekannteren Labels zu sein macht eben vieles leichter. Zudem haben Menschen unterschiedlicher Länder viel leichter Zugang zu unseren Veröffentlichungen.

Willst du unseren Lesern noch etwas mitteilen?

Ihr seid alle willkommen unserer “Great Mass“ beizuwohnen! Keep the dark flame burning!

Vielen Dank für das Interview und viel Glück!


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