Interview: Angra - Edu Falaschi

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Als Brasilianer haben wir diesen Latin-Touch. Und die Italiener, Franzosen, Spanier und Portugiesen eben auch. Sie sind zugänglicher für unsere Musik. Japan wiederum ist etwas völlig anderes, eine ganz andere Realität. Da sind wir Rock-Stars, werden in Limousinen herumkutschiert und so. In Brasilien sind wir auch sehr bekannt, bewegen uns aber mehr zu Fuß, haha.

ANGRA hat es am 8. März zum ersten Mal in ihrer Karriere nach Österreich verschlagen. Und da die Brasilianer eine der ersten Bands waren, die mich zum Metal gebracht haben, ließ ich mir diese Chance natürlich nicht entgehen und schnappte mir Sänger Edu nach der Show auf einen kurzen Plausch. Der freundliche Frontmann stand Rede und Antwort zur aktuellen Tour, den Split von SHAAMAN, der Band und Ex-Sänger André Matos und seinem neuen Solo-Alum "Almah".

Veröffentlicht am 12.03.2007

Stefan: Danke Edu, dass du dir noch Zeit genommen hast! (mittlerweile ist es 23:30 und ANGRA haben Tags darauf eine Show in Deutschland)

Edu: Kein Problem!

Stefan: Wie ist die Tour bis jetzt verlaufen? Ihr habt ja nur mehr eine Show in Deutschland und dann noch eine in Russland?

Edu: Die Tour lief sehr gut, wir sind seit Oktober unterwegs, waren jetzt gerade mit BLIND GUARDIAN in Japan und beenden die Europa-Tour gerade. Hier haben wir mit POWERQUEST und FIREWIND gespielt, zwei tolle Bands. Und ich glaube, diese aktuelle Tour ist die beste für uns bis jetzt. Wir sind super eingespielt, sind tighter, das Publikum geht super mit und auch die Hallen sind cooler.

Stefan: Seit ihr auf Tour eher die Party-Tiere oder geht’s bei ANGRA immer sehr diszipliniert zu?

Edu: Wir sind eigentlich sehr diszipliniert. Spielen die Shows und quatschen nachher noch mit den Fans mit einem Bierchen, oder so. Also, keine Party.

Stefan: Euer neues Album „Aurora Consurgens“ hat vor allem in Deutschland super Reviews bekommen. Das „Rock Hard“ vergab 9 von 10 Punkten und bezeichnete „Aurora Consurgens“ als bestes ANGRA-Album. Ich finde, dass es aber nicht unbedingt leichte Kost für den Fan ist. Das ist jetzt keine negative Kritik, aber man braucht schon einige Durchläufe, um mit den teilweise sehr komplexen und langen Songs zurechtzukommen. Ist diese starke Prog-Schlagseite eine neue Richtung, oder kam das mit dem Songwriting?

Edu: Jeder hat da eine eigene Meinung. Manche bezeichnen es als bestes ANGRA-Album, weil es heavier und direkter ist, vor allem die Deutschen mögen sowas. Aber das möchte ich nicht als neue Richtung bezeichnen, oder als was, das wir wiederholen. Wir verändern uns ständig. Vergleich’ nur mal das erste ANGRA-Album mit dem dritten und das wiederum mit dem sechsten. Wir versuchen, immer neue Elemente zu unserem Sound hinzuzufügen. Wir kopieren uns nicht gerne selbst.

Stefan: Wenn du deine drei Alben mit Angra, „Rebirth“, „Temple of Shadows“ und „Aurora Consurgens“ hernimmst, ist das aktuelle Werk die beste Arbeit die du abgeliefert hast?

Edu: Ja! Für mich ist „Aurora Consurgens“ das natürlichste Album, das wir gemacht haben. „Rebirth“ war ein wirklich gutes Album, aber wir mussten auf einiges aufpassen, da wir gerade ein neues Line-Up zusammen hatten. „Temple of Shadows“ war das komplizierteste Album …

Stefan: Zu schrieben, live zu bringen?

Edu: (lacht) Alles. Dazu hatten wir einige Gäste wie Kai Hansen, Hansi Kürsch, usw. und mein Gesang war sehr extrem. Von extrem hoch bis tief. Trotzdem war’s eine super Erfahrung. „Aurora Consurgens“ wiederum ist sehr natürlich. Sowohl der Gesang, als auch das Zusammenspiel der Band. Ich habe meinen eigenen Stil gefunden zu 100 %.

Stefan: Auf den früheren Alben hattet ihr mehr traditionelle Elemente und Folk-Sounds, zum Beispiel in Songs wie „Carolina IV“. Warum sind die weniger geworden?

Edu: Es war eine Entscheidung für dieses Album, aber wie ich vorher schon gesagt habe, so was ist bei uns keine starre Richtung, sondern halt mal was anderes. Wir wollten diesmal einfacher zu Werke gehen und nicht so auf ethnische Sounds setzen. Mehr Metal, haha.

Stefan: Vor einiger Zeit hat sich ja die Band SHAAMAN mit den drei Ex-ANGRA-Mitgliedern André Matos (voc), Luís Mariutti (git) und Ricardo Confessori (dr) getrennt. Kannst du dir vorstellen, dass es einmal eine Zusammenführung mit den Jungs gibt?

Edu: Warum? Nicht dass ich SHAAMAN nicht mag, aber das sind zwei verschiedene Bands. Die Jungs waren wichtig für ANGRA, aber wir leben im Hier und Jetzt.

Stefan: Also keine Reunion den Fans zuliebe wie bei JUDAS PRIEST oder IRON MAIDEN?

Edu: Nein: ANGRA ist kein Job, bei dem einfach Leute angestellt sind, um es jedem Recht zu machen. ANGRA ist eine Band, die aus den aktuellen fünf Musikern besteht und die sich auf die Zukunft konzentriert.

Stefan: Neben Brasilien seid ihr in Frankreich, Italien und Japan sehr erfolgreich. Warum gerade diese Länder?

Edu: Als Brasilianer haben wir diesen Latin-Touch. Und die Italiener, Franzosen, Spanier und Portugiesen eben auch. Sie sind zugänglicher für unsere Musik. Japan wiederum ist etwas völlig anderes, eine ganz andere Realität. Da sind wir Rock-Stars, werden in Limousinen herumkutschiert und so. In Brasilien sind wir auch sehr bekannt, bewegen uns aber mehr zu Fuß, haha.

Stefan: Jetzt zu deinem ersten Solo-Album „Almah“. Wie war die Arbeit mit Lauri Porra (STRATOVARIUS), Emmpu Vourinen (NIGHTWISH) und Casey Grillo (KAMELOT)?

Edu: Fantastisch! Bereits 2005 hatte ich eine Menge Songs komponiert, die nicht so sehr zu ANGRA als eher zu mir passten und ich wollte sie nicht einfach verwerfen. In diesem Jahr habe ich alles organisiert und Anfang 2006 ging’s los.

Stefan: Sind die drei Freunde von dir, oder hast du sie angeheuert?

Edu: Nein, es sind Freunde von mir. Ich mag es nicht, Musiker für ein Album zu bezahlen, nur weil sie bekannt sind. Die Leute merken so was auch. Es ist nicht natürlich. 2000 habe ich die drei in Japan kennen gelernt und wir sind Freunde geworden. Ich wollte aber auch mit Leuten aus anderen Ländern, anderen Kulturen arbeiten und das war meine erste Chance.

Stefan: Ist „Almah“ 100% Edu? Teilweise erinnert das Material doch ein wenig an ANGRA.

Edu: „Almah“ ist 200% Edu, haha. Ich hab vom Schreiben, Arrangieren und Produzieren alles selber gemacht. Natürlich bin ich der Frontmann von ANGRA, schreibe Songs für diese Band und habe sie im Blut. Ich bin ja schon sieben Jahre dabei. Und wen ich Songs schreibe, schwingt das natürlich mit. Aber als Gesamtes ist „Almah“ etwas völlig anderes. Heavier, moderner, einfacher als ANGRA. Manche Songs haben nicht mal ein Gitarrensolo.

Für mich ist das Album sehr ehrlich. Ich habe nicht über Marketing und Plattenlabels nachgedacht. Ich hab es geschrieben und es dann der Plattenfirma vorgelegt und geschaut, was passiert. Auch ist „Almah“ kein True-Metal-Album. Ich habe Kritiken gelesen, in denen stand, dass das Album zwar cool sei, aber zu viele Balladen drauf sind. Ich war nicht so gefangen im „True wie MANOWAR“-Käfig. Natürlich mag ich auch MANOWAR, aber eben auch andere Sachen. Es gibt gute Sachen für mich und schlechte. Ich sage nicht, „das ist true und das nicht“.

Stefan: Hast du das neue MANOWAR-Album schon gehört?

Edu: Nein.

Stefan: Naja, es ist, … ich sag’ mal besser nichts dazu, haha. Welche Musik hörst du so?

Edu: Ich mag vieles. Von 50er-Jazz wie Glenn Miller, über SUPER TRAMP, TEARS FOR FEARS, DIRE STRAITS, SLAYER, CHILDREN OF BODOM, aber auch MÖTLEY CRÜE und RONNIE JAMES DIO.

Stefan: Also die volle Palette.

Edu: Ja, aber wie gesagt, nicht alle Songs von jeder Band. Manchmal höre ich auch Klassik. Ich bin generell ein Mensch, der Vorurteile hasst. Und diese breite Palette spiegelt sich auch in meinen Songs wieder.

Stefan: Willst du auch auf Solo-Tour gehen?

Edu: Mit den Original-Mitgliedern wird das schwierig werden. Aber ich bekomme viele Angebote, vor allem aus Japan, haha, die haben anscheinend sehr viel Geld. In Japan hat sich die Scheibe auch schon 20.000-mal verkauft, das ist sehr viel. Vielleicht klappt’s mit einer Tour, vielleicht auch nicht.

Stefan: Ok, dann „Obregado“ (danke) für das Interview und viel Glück weiterhin!

Edu: Danke auch!


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