Interview: The Sorrow - Mathias Schlegel

Artikel-Bild

Beim letzten Album war 100%ig der Fehler, dass wir die ganze Geschichte zeitmäßig einfach viel zu schnell reingedrückt haben.

Schön aufgeteilt in einzelne Themenbereiche wurde von stormbringer zusammen mit Gitarrist/Vocalist „Mätze” Schlegel das neue THE SORROW Album gewissermaßen seziert.

Text: El Greco
Veröffentlicht am 18.10.2010

@Sound/Produzent:

Eure aktuelle CD wurde abermals von Toni Meloni produziert. Aus welchem Grund habt ihr euch erneut für ihn entschieden? Inwiefern unterscheidet sich Eurer Meinung nach der Sound von "The Sorrow" vom Sound eurer letzten Veröffentlichung?

Toni ist ja mittlerweile schon ein guter Freund von uns, es taugt uns bei ihm und wir können uns da auch ein wenig mehr erlauben als vielleicht woanders. Natürlich ist es auch ein super Studio da in Münster, eines der größten in Deutschland überhaupt und das könnten wir uns gar nicht leisten, wenn es da nicht einen Freundschaftsdeal geben würde.

Gemischt hat diesmal der Sky Hoff und so zufrieden wie diesmal waren wir bisher noch nie.

@musikalische Ausrichtung des Albums (generell)

Ein Satz a la "The Sorrow bleiben ihrer Linie treu, haben sich aber definitiv weiter entwickelt" trifft auf Euer drittes Album definitiv zu. Stimmt ihr diesem vermeintlichen Paradoxon zu?

Ja dem stimm ich zu 100% zu. Wir haben uns natürlich weiterentwickelt, es wäre auch furchtbar, wenn dem nicht so wäre. Aber unserer Linie sind wir trotz diverser neuer Aspekte treu geblieben. Es ist immer noch THE SORROW.

Die deutlichsten Veränderungen lassen sich mMn im Vokalbereich verorten. Neben dem üblichen Wechselspiel aus harten und melodischen Vocals wurde auf "The Sorrow" zusätzlich mit anderen Vokalstrukturen experimentiert. Wie seht ihr das, bzw. wie seid ihr darauf gekommen, noch mehr Variationsreichtum in den Gesang einfließen zu lassen?

Das lag auch daran, dass wir uns diesmal definitiv mehr Zeit genommen haben. Das bringt dir gerade bei den Vocals immense Vorteile. Man hat Zeit die eine oder andere Passage zu überdenken, man kann die Sachen öfters üben, dadurch schafft man dann auch eine spürbare Entwicklung. Es war diesmal auch das erste Mal im Studio, dass ich mich nicht quälen hab müssen. Bis jetzt war Studio für mich noch nie ein Spaß, vor allem bei der Schreierei da bekomm ich ziemlich schnell Kopfweh, ganz komisch ist das. Mir fehlt da vielleicht das Feeling. Wenn ich auf die Bühne geh, da ist das Adrenalin am Kochen, der Kick ist da, es scheppert alles… Genau das vermisse ich im Studio.

Eine weitere Neuerung sehe ich im Gitarrenbereich: Die Riffs sind teilweise thrashiger und gehen immer wieder in Richtung MACHINE HEAD, während auf der anderen Seite die Gitarrenmelodien umso fragiler wirken. Wolltet ihr diesen - in diesem Fall gut gelungenen - Kontrast absichtlich verstärken?

Also Plan haben wir sowieso gar keinen gehabt. Wir haben uns hingehockt und haben Songs geschrieben, so wie wir das in der Vergangenheit auch immer gemacht haben. Beim letzten Album hatten wir zum Beispiel viel, viel weniger Zeit gehabt, da musste alles ziemlich schnell gehen, diesmal wollten wir diesen Fehler aber vermeiden und haben uns die Zeit genommen, die wir benötigten. Wir haben einfach die Songs gschrieben wie’s uns ussa kumma is

Der MACHINE HEAD Vergleich liegt wohl daran, dass wir alle Vier die letzte MACHINE HEAD ziemlich super finden, aber es stand jetzt nicht auf der Agenda einen MH Song zu machen!

Somit hätte man festgestellt, dass sowohl das Gitarrenspiel als auch das Vokalspektrum variations- und kontrastreicher wurde. Quo vadis, THE SORROW? Wohin wird euch das wohl führen? Wird das Songmaterial THE SORROW‘s noch weiter in Richtung des vertonten Kontrastes gehen?

Das ist derzeit natürlich schwierig zu beantworten. Jetzt konzentrieren wir uns mal auf das Album und dann schauen wir was uns in ca. 2 Jahren oder so gefällt. Wir machen immer nur das was uns gefällt. Wir sind unsere Linie treu geblieben, wir stehen alle auf knackige Riffs und ich als Sänger mag das Wechselspiel auch ziemlich gern. D.h. ich schrei gern, aber ich sing auch gern, ob das immer in den jeweiligen Song passt ist halt fraglich, aber das ist halt des was uns gefällt!

@Vergleich neue CD/alte CD:

Auffallend ist zudem, dass das Songmaterial auf "The Sorrow" eine konstantere Qualität aufweist als jenes vom Vorgängerwerk, bei dem sich sehr gute und durchschnittliche Songs noch abwechselten. Wie habt ihr euch als Songwriter weiter entwickelt? Hilft auch die inzwischen größere Bühnenerfahrung dabei, sich stetig zu verbessern?

Sicher lernt man mit jedem Auftritt dazu. Aber beim letzten Album war 100%ig der Fehler, dass wir die ganze Geschichte zeitmäßig einfach viel zu schnell reingedrückt haben. Diesmal haben wir von Anfang an gesagt, wenn es nicht fertig ist, wenn es nicht gut ist, dann bringen wir es einfach nicht raus.

In meinem Review zu "Origin of the Storm" habe ich festgestellt, dass die Qualität weiter gestiegen ist, die Songs aber etwas sperriger geraten sind. Dieser Vergleich lässt sich bei "The Sorrow" an die Spitze treiben - Die Qualität steigt weiter, die Melodien sind sicherlich nicht weniger herausstechend und dennoch braucht das Songmaterial aufgrund der vielen unterschiedlichen Komponenten innerhalb eines Songs etwas länger um sich vollends zu entfalten. Seht ihr das auch so, dass ihr komplexer wurdet ohne an Eingängigkeit zu verlieren? Oder ist dieses Urteil aus eurer Sicht nicht nachvollziehbar?

Ich find eher, dass es wie das alte Album ist (Anm.: „Blessings from a Blackened Sky“ 2007). Da haben wir auch viele Teile miteinander vermischt. Diesmal haben wir probiert das Ganze fließen zu lassen. Wenn man die Songs komponiert, da merkt man das aber ehrlich gesagt gar nicht ob das jetzt vertrackter ist oder so…da versucht man eher, dass es ineinander cool passt und stimmig ist.

@Cover:

Eine Frage zum Cover: Wer hat es gezeichnet und woher kam diese Idee? MMn ist das Cover eines der besten CD-Cover dieses Jahres, wenngleich es eher untypisch für eine moderne Metal-Band ist. Welche Gedanken stecken hinter der Idee zu diesem Cover?

Die Idee kam uns erst im Studio. Der Tobi, unser Bassist hat da ein wenig nachgeforscht weil wir einen neuen Grafiker gesucht haben. Und dabei ist er auf einen Isländer gestoßen, den Namen kann ich Dir gar nicht sagen, den haben wir kontaktiert, der sagte sofort zu und innerhalb kürzester Zeit hat der uns vier Entwürfe übermittelt. Das mit dem Wolf hat uns dann am meisten zugesagt, wenn man dann das Album in Händen hält sieht man erst, was sich der für Innen alles überlegt hatte.

Das das Cover untypisch ist find ich auch, das Thema Wolf und so wie es dargestellt wurde, passt aber super zum Album.

@Zu einzelnen Songs:

Beim Songmaterial sticht der Song "Farewells" definitiv heraus - insgesamt ist der Song (trotz der härteren Teile) mit einer erstaunlich ruhigen Atmosphäre versehen worden. "Farewells" klingt definitiv untypisch für THE SORROW. Wie seid ihr auf die Idee zu diesem Song gekommen?

Die Idee, also das Riff stammt vom Andi und der hat ein wenig mit dem Delay rum getüftelt. Ich war da im Proberaum gar nicht dabei, ich hab dann nur mit dem Tobi zusammen die Vocals drübergelegt. Wir haben’s geil gfunden!

Ein weiteres Highlight ist sicherlich "Crossing Jordan". Jener Song klingt im Vergleich zum Rest sehr "amerikanisch" und glänzt mit einer ordentlichen Portion Melancholie in der Stimme, die zur - anscheinend - recht dunklen Thematik des Songs passt. Wie beurteilt ihr diesen Song? Wird er zur neuen Band-Hymne?

Ich bin gespannt, wär natürlich super! Aber in dem Track steckt einfach alles drinnen was THE SORROW so ausmacht.

Eine weitere Überraschung stellt für mich "Reach for the Skies" dar: Nach einem hektischen, manischen Beginn wird dieser Song zur Melodiebombe und hebt sich vom Rest des Songmaterials ab. Wurde bewusst ein positiverer "Rausschmeißer" gewählt, der thematisch im Gegensatz zum Gros des Albums eher die Hoffnung thematisiert?

Auf dem Album kommt ja quasi alles vor. Verluste, Traurigkeit und so die täglichen Probleme des Lebens halt. Und am Schluss wollten wir auf jeden Fall ein wenig Hoffnung signalisieren. Die steckt ja schließlich in uns allen.

@Thematik/Lyrics:

Ohne jetzt die Lyrics genau zu kennen - jene liegen mir nicht vor - scheint es so zu sein, als ob der inhaltliche Grundtenor des Albums vermehrt in Richtung Endzeitstimmung geht. Die Metapher des Todes bzw. des Abschiedes lässt sich mehrmals heraus lesen. Welche konkreten Themen behandelt ihr auf "The Sorrow", bzw. seht ihr das Album als "inhaltlich düsterer" an als das Vorgängerwerk?

Es gibt auf jeden Fall düstere Thematiken die wir behandelt haben. Den Tobi sein Vater ist letztes Jahr gestorben, das hat er schon tiefgründiger aufgearbeitet. Der Dominik unser Schlagzeuger hat eine schlimme Krankheit überwunden, Liebe, aber auch Trennungen kommen vor. Diesmal ist es aber einfach konkreter angesprochen worden, als vielleicht noch in der Vergangenheit!


ANZEIGE
ANZEIGE