Interview: CHRISTOF LEIM - dem Autor von "101 Rock-Stories"

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Schreiben finde ich in Wirklichkeit richtig scheiße und zugleich aber auch geil

Ein Gespräch über 101 Rock-Stories, Anekdoten, Exzesse und Wilde Geschichten.

Veröffentlicht am 20.06.2022

Ich hätte es mir leicht machen und einfach den kurzen Pressetext zum Buch "101 Rock Stories" von CHRISTOF LEIM. kopieren können. Aber die Medienlandschaft ist eh schon voll mit dem üblichen Promo Bla Bla und außerdem interessierte mich einfach die Person Christof Leim, was er machte, macht und noch machen wird und ich war mir sicher, er hat etliches zu erzählen – und ich hatte recht.

Aus einem anfänglich kurz angedachten Interview zum Buch wurde ein längeres und sehr, sehr nettes und interessantes Gespräch, das irrsinnig viel Spaß machte – man lasse den Wahnsinn beginnen!

Nach anfänglichen Schwierigkeiten mit der Skype-Verbindung (Ja, ich weiß ich bin alt – beim nächsten Mal verspreche ich aber, mich nicht mehr den neuesten technischen Möglichkeiten zu verschließen und werde ein Fax benutzen).
Dank meiner lieben Frau funktionierte es nach etlichen Versuchen und das Interview konnte starten.

Stormbringer: Hallo. Ich hoffe, Deine kleine Tochter schläft jetzt schon (wir mussten das Interview spät am Abend machen, da Christof an dem Tag den „Zu-Bett-bringen-der-kleinen-Tochter-Dienst hatte).

Christof Leim; Nein, aber ihre Mama bringt sie gerade ins Bett. Die Tochter hat gerade ihre renitente Phase und jedes zweite Wort war „Nein, will ich nicht“

Mach Dir keine Sorgen – das geht vorbei und beginnt dann wieder pünktlich mit der Pubertät – ich habe selber zwei Teenager zuhause. Es wird nicht besser.

Christof, Du hast mit 15 angefangen, Gitarre zu spielen. Was war dein Beweggrund  ich nehme an MORBID ANGELs „Altar Of Madness“ wird es nicht gewesen sein.

Nein, es war „Blow Up Your Video“ von AC/DC.

Im Radio?

Nein, nein. Ganz klassisch. Ich komme aus dem Dorf und mein Kumpel Peter, den kannte, bzw. kenne ich seit Sandkastenzeiten und der hatte einen Onkel, einen älteren Herren – der war ganz komisch – ein Mann, aber er hatte lange Haare – also ein abgefahrener Typ, aus der Sicht eines 12jährigen, und der hat Peter so eine AC/DC-Kassette mitgebracht.

Bei uns an der Schule gab es schon die „Heavies“, die „Metaller“, aber da war ich noch nicht so weit – ich fand eher TINA TURNER geil, die ich heute auch noch geil finde, genauso wie KLAUS LAGE UND ich hörte auch viel die EAV.

Peter hat mir dann die Kassette gegeben und ich habe gesagt: „das ist so Lärm, so Heavy Metal-Kram“, aber ich höre es mir mal an – da war ich aus Versehen mal tolerant und aufgeschlossen – und habe mir gedacht „Hollazack, das ist aber geil und ich habe das Gefühl gehabt, die singen über Sachen, die mich später mal interessieren könnten.

Und dann hast Du begonnen Gitarre zu spielen, mit einer akustischen, oder gleich mit einer E-Gitarre.

(Lacht), pass auf – die Geschichten meiner ersten 2 Gitarren sind sehr interessant – die hängen auch personell zusammen.

Die Oma von meinem allerbesten Freund, die hatte noch so eine uralte Gitarre aus den 30er Jahren, die hatte eine extrem hohe Saitenlage, die ließ sich fast nicht mehr stimmen. Das war meine 1. Gitarre – die habe ich mir „ausgeliehen“.

Die 2. war eine Akustikgitarre, mein Vater hat drauf bestanden – obwohl er keine Ahnung von der Materie hatte – dass ich eine Akustikgitarre bekomme. Und da sind wir in so einen ganz normalen Musikladen gegangen, nicht sehr Rock'n Roll und da haben wir eine Akustikgitarre gekauft – am 9. Dezember 1989, am selben Tag, wie ich mir meine 1. KISS- Platte (Hot In The Shade) gekauft habe UND am selben Tag war der Abschlussball vom Tanzkurs. War aber egal, ich hatte ja jetzt eine Gitarre UND eine KISS-Platte zuhause.

Meine dritte Gitarre hat mir ein Freund, der Austauschschüler in den USA war, mitgebracht. Eine Washburn, die ich heute noch habe. Danach kamen dann die vernünftigen Gitarren.

Du bist erst mit 24 zum Journalismus gekommen, steht das so richtig auf Wikipedia?

Ja, obwohl, ich war schon damals bei unserer Schülerzeitung tätig, da war ich aber hauptsächlich die Tippse, da ich sehr schnell tippen konnte und so richtig hat es erst mit 23, 24 angefangen.

Und warum gerade zu diesem Zeitpunkt, hat es da ein spezielles Ereignis in deinem Leben gegeben?

Ich bin aus meinem kleinen Kaff nach Köln gegangen, da ich da Musik machen wollte, habe aber keine vernünftige Band gefunden, da war auch gerade dieser große Umbruch – dieser Grunge-Umbruch, mir hat das keiner erklärt, ich fand irgendwie SKID ROW UND NIRVANA geil, die SKID ROW-Typen fanden übrigens auch NIRVANA geil, umgekehrt waren sie ein wenig schnöseliger – egal, ich habe halt keine Band gefunden und wurde nicht Rockstar.
Ärgerlich, die Frisur dazu hatte ich ja, sonst wahrscheinlich nicht viel….

Und ich dachte mir: „Was ist das Nächstbeste?“, ok, das habe ich nicht bewusst gedacht, aber das war da so in meinem Hinterkopf und dann war ich auf einer Party, habe mir mit ein paar Freunden einen reingelötet und wie macht man es dann? Man unterhält sich über Platten, oder über Bands und auch Konzerte.
Einer meiner Freunde meinte: „Leimsen, warum merkst du dir den ganzen Blödsinn, wie z.B., dass „Master Of Puppets“ 1986 rauskam?"

Ich so: „keine Ahnung“.

Und dann sagte Einer, ohne Witz, auf einer Party in Köln „Na dann mach doch mal ein Praktikum beim Metal Hammer!“
BING – da hing plötzlich diese Glühbirne, wie in einem Comic, bei mir über den Kopf.

Und dann habe ich mit tatsächlich, initiativ, beim Metal Hammer beworben, habe dort hingeschrieben, mit einem Text à la „ich möchte gerne bei Euch ein Praktikum machen. Ich interessiere mich sehr für Heavy-Metal. Journalistische Erfahrung – KEINE“.

Der Brief, den ich da hinschreiben wollte, hörte sich aber an, wie wenn ich mich bei einem Kaninchenzüchterverein für den Posten eines stellvertretenden Kassenwart-Lehrlings bewerben wollte. Ein Kumpel, der beim Fernsehen gearbeitet hat, meinte: „Das klingt nicht so, wie man in der Medienbranche kommuniziert“, hat das Ganze ein wenig umgeschrieben, ich habe das zum Metal Hammer geschickt, und dann kam eines Tages wirklich ein Anruf.
„Hallo, hier ist Sabine vom Metal Hammer, Du hast gar nicht geschrieben, WANN Du ein Praktikum beim Metal Hammer machen möchtest“.

Ich so: „Was?? OH“.

In den Semesterferien bin ich dann nach München runtergefahren, habe mich irgendwo eingemietet, wie sich herausgestellt hat, in einem eher schwierigen Stadtteil, aber egal und habe beim Metal Hammer ein Praktikum gemacht.
Mein erstes Interview war DEVIN TOWNSEND. Das lustige aber, der Bonustrack sozusagen, während das passierte, fand ich eine Anzeige im Rock Hard „Praktikanten gesucht.“ Da dachte ich: „na, wenn ich schon dabei bin“ und habe denen auch eine Bewerbung geschickt.

Die vom Rock Hard habe ich gesiezt, die vom Metal Hammer geduzt und Jahre später – ich glaube es war Götz – erfuhr ich, dass ich beim Rock Hard in der engeren Auswahl war – und wer hat den Posten bekommen? Boris Kaiser – der damals schon ein Fanzine herausbrachte und der ist heute Chefredakteur vom Rock Hard. Was an meiner Bewerbung dran war, weiß ich nicht, viel vorzuweisen hatte ich ja nicht, vielleicht, da ich fehlerfrei ein paar Nebensätze zusammenstöpseln konnte…oder weitestgehend unfallfrei.  Aber das fand ich lustig, da ich fast bei beim Konkurrenzblatt gelandet wäre, aber ich fand das Rock Hard damals zu hart. Metal Hammer fand ich geiler. Mehr Rock'n Roll als Metal.

War das damals noch der Metal Hammer, oder der New Rock und Metal Hammer?

Nein, das war damals beim Umbruch (Grunge vs. Metal), aber das war mich eigentlich scheißegal.
Das kann man ja auch verstehen, die Metal-Polizei hat damals geschrien: „Das ist Anpassung und kommerziell“, aber hey, es ist ein Geschäft, "...its called „Music-Business, not music-friends...", übrigens ein Zitat von GENE SIMMONS.
War halt eine Quatsch-Entscheidung, aber das warum kann ich verstehen. Es funktionierte null, war mir aber egal.
Ich machte halt mein Praktikum dort und die Chefredakteurin war Andrea Nieradzik, wo die abgeblieben ist, würde ich gerne wissen und die hat mir die Chance gegeben, worüber ich sehr dankbar war und bin, und die hat mir innerhalb von vier Wochen etliche grundlegende Sachen beigebracht. Etwa, dass man bei Interviews nicht nervös sein muss, wo sie meinte „Du unterhältst dich mit ein paar Typen über Musik. Das machst Du jeden Tag. Wo ist das fucking Problem?“. Da hatte sie recht, die Gespräche waren zwar auf Englisch….

Diese Andrea hat dann diesen einen Satz gebracht: „Wo wohnst Du? In Köln? Da haben wir noch keinen. Würdest Du am Abend noch gerne ein paar Sachen machen?“. So ging es los, da war ich dann DER Mann in Köln und hatte immer Zeit, weil Student, und habe ALLES gemacht. Da kam mal ein Anruf, spät am Abend. „Hör mal, hast Du Zeit? Jemand müsste nach Seattle fliegen – für METAL CHURCH und von dort gleich nach L.A. zu W.A.S.P., oder sowas.“

Hast Du ZEIT????? Zeit??? Mit einer Hand schon in der Schublade beim Reisepass…So bin ich da reingerutscht.

Das heißt, Du warst also fleißig?

Genau, ich habe richtig viel gemacht, habe aber diese Angst des Torwarts vorm Elfmeter, schreiben finde ich in Wirklichkeit richtig scheiße und aber auch geil. Also so eine Art Hassliebe Ich hatte immer wieder so eine Art Ladehemmung „was soll ich denn jetzt schreiben??“ Oh, 6.000 Zeichen zu lang (lacht).

Heute wäre ich ein wenig abgebrühter, da man ja weiß, was da letztendlich rauskommt. Manchmal ist es auch schwierig.
Wie gesagt, ich habe immer mehr gemacht und es hat unglaublich viel Spaß gemacht. Mein 1. Auftrag war ein Konzert-Bericht von einem Gig im damaligen „Underground“ in Köln. TURA SATANA.

Das war doch die Band mit dieser verrückten Sängerin. Ich sah die mal mit STUCK MOJO und LIFE OF AGONY. Eine total durchgedrehte Frau.

Oh, da kann jetzt sein, dass ich etwas durcheinandergebracht habe (alte Männer unter sich), da der 2. Auftrag für mich, im selben Club, ein Bericht über STUCK MOJO war. Da habe ich schon damals im Metal Hammer geschrieben: „Die haben so gerockt, man konnte nachher den Laden zusammenfegen und sich selber gleich raustragen“. Ich weiß aber wirklich nicht mehr, ob es dieselbe Tour war…Und dann kamen auch noch ganz viele Interviews, die immer mehr und mehr wurden, da ich genügend Zeit hatte und das hat wirklich Spaß gemacht.

Du schreibst die Kolumne, Du schreibst für diverse Magazine, Du bist Musiker, Manager, machst Lektorat und Übersetzungen und, und, und. Wie viele Stunden hat Dein Tag?

Ich mache das ja alles nicht gleichzeitig. Ist ja nicht so dass ich das immer wieder mache, also nicht regelmäßig.
Im Moment mache ich vor allem dem Podcast und die Band „HEAVYSAURUS“. Da spiele ich Gitarre und bin der Manager der Live-Band. Zusammen mit einem Tour-Manager und einem musikalischen Direktor. Wir haben erst heute (14.04.2022) einen Tourplan veröffentlicht mit, glaube ich, 45 Daten.

Ich habe heute auf Facebook den Tourplan gesehen und gedacht: „Wahnsinn, in der heutigen Zeit sehr optimistisch. Ich hoffe für Euch, es wird alles so stattfinden“.

Wir wollten ja das Wort nicht erwähnen…Bis September wird das schon gehen und dann nicht mehr, das ist ganz klar. Die Ignoranz und Idiotie sorgt dann für den nächsten konzertfreien Winter. Da mache ich mir gar nichts vor. Das sind jedenfalls die Hauptsachen, die ich so mache und dann habe ich noch etliche Nebenbaustellen, denn ich schreibe immer wieder mal was, im Moment ganz wenig Musikjournalismus, sondern ich habe ein weiteres Buchprojekt, eine Autobiographie am Start und mein Hauptprojekt ist ja meine „spoken word“-Show mit „Rockstories“. Da stehe ich auf der Bühne und erzähle Musikgeschichten. Macht mir großen Spaß, es ist so eine Art „stand-up-Infotainment“, sozusagen.
Damit bin ich immer wieder auf Tour, in Österreich war ich noch nicht, Moment, doch, in Innsbruck – im PMK. Zu diesen Rockstories ist jetzt vor 2 Monaten das Buch erschienen – „101 Rockstories – Anekdoten, Exzesse, wilde Geschichten.“
Du hast es ja schon gelesen – und damit bin ich dann unterwegs. Das ist also mein Hauptprojekt und HEAVYSAURUS mein zweites Projekt. Für die Nebenbaustellen wie Übersetzungen habe ich momentan keine Zeit.

Mit meinen einleitenden Fragen wollte ich ja den Bogen um eigentlichen Grund des Interviews schlagen – Deinem Buch. 2017 hast Du mit der Kolumne „Zeitsprung“ auf uDiscover angefangen, 2018 folgte dann die Bühnenshow, 2019 eroberten die „Rockstories“ die social media Kanäle…Bin ich da richtig informiert?

Das weiß ich so genau nicht mehr, jedenfalls habe ich 2018 die erste Show gemacht, bei den Hammburger „Metal Days“. Ziemlich spontan.

Was zu meiner nächsten Frage führt – wie bist Du auf die Idee gekommen, dich auf die Bühne zu stellen und „Rockstories“ zu erzählen? In dieser Form gab es sowas, meines Wissens nach, noch nicht.

Doch, doch. Es gibt Leute, die ganz lange in der Musikbranche gearbeitet haben und dann z.B. Ihre Erlebnisse mit KISS erzählen. Das mache ich zum Teil auch, aber mir kommt es eher auf die Story an, wobei ich bei den geilsten Stories im Rock n Roll nicht dabei war. Meine Frau ist ja auf die Idee gekommen, die ist ja nicht nur schlauer als ich, sondern auch schlauer, als ich zu sein glaube…

Willkommen im Club, ich kenne das. Du hast ja gesehen, wie sie mir mit Skype geholfen hat.

Ich habe ja bei den Hamburger „Metal Days“ ganz lange gearbeitet, quasi als Koordinator, Leiter und da hat eine deutsche Psychologin Lydia Beneke, einen Vortrag gehalten, über „Satanismus“, oder so. Die saß da auf einem Stuhl, hatte eine PowerPoint-Präsentation laufen und das war sehr interessant. Die Dame macht sonst gaaaaanz lange Vorträge, aber bei uns hatte sie nur eine Stunde und hat ihren Vortrag knalliger gemacht, kam gleich zum Punkt, was sehr unterhaltsam war. Da dachte ich mir: „Das geht doch auch sicher mit den Rock n Roll Geschichten, die ich schreibe“. Wie z.b, keine Ahnung, AXL ROSE will DAVID BOWIE verhauen. Wenn Du mir das an den Tresen erzählst, kommt sicher gleich ein „Was? Komm, erzähl mal“. Das ist der Ansatz des Ganzen, wie ein Tresengespräch. Ich sitze da vorne und erzähle Stories, die wir uns normalerweise bei einem Festivalgespräch um die Ohren hauen würden. Ich habe die ganzen Stories recherchiert, ganz viel Arbeit reingesteckt, und dann kommt halt ein Kram heraus, den man vielleicht nicht so erwartet hätte.

Bevor ich jetzt wirklich auf das Buch zu sprechen komme – wenn Du jetzt eine interessante Rock-Story hörst -musst Du ja extrem viel recherchieren. Was mir nämlich bei diesem Buch irrsinnig gut gefällt ist nicht nur das Hauptthema der jeweiligen Stories, sondern auch die kleinen, feinen Nebenhandlungen, die du perfekt miteinander verknüpfst und die, wie unendlich kleine und große Räder, sich zu einem großen Kreislauf zusammenfügen. Das kannst du perfekt.

Danke.

Du hast am Anfang des Interviews gemeint, dass Du sehr ausschweifend erzählst und man dich oft stoppen muss, aber das bist du im Buch in schriftlicher Form aber nicht. Du bist direkter und kommst sehr schnell auf den Punkt.

Das ist Absicht und deshalb sind ja viel mehr als 101 Geschichten da drinnen.  Das habe ich bei den Recherchen bemerkt, es gibt unendlich viele kleine Nebenstories und Nebenhandlungen. Da hängen viele Sachen zusammen und das ist ja auch das Tolle bei so Kneipengesprächen, wo man noch auf mehr Nebensächlichkeiten aufmerksam gemacht wird, wie z.B. „Der XY ist der Großneffe von XXZ“, und so einen Mist merke ich mir halt. Die wichtigen Sachen im Leben leider nicht…sagt meine Frau.

Ja, das kenne ich zur Genüge von meiner Frau. Die sitzt oft bei Gesprächen neben mir und meint nach einer Zeit „Könnten wir mal von was anderem sprechen als Musik, ich würde mich gerne auch an dem Gespräch beteiligen. Jetzt kann ich ja offen reden, sie ist gerade mit dem Hund unterwegs…

Dann ist es bei dir ja genauso. Mein Hirn ist voll mit dem Mist und ich habe wirklich mal damit angefangen aktiv sowas zu sammeln und ich habe mittlerweile ein Radar dafür. Wenn ich z.B. ein Buch lese und da kommt irgendeine coole Anekdote, dann sammle ich das, fotografiere das raus, oder schreibe das raus. Und vor allem wenn es ein festes Datum gibt. Da habe ich mich drei Jahre bei dieser „Zeitsprung“-Kolumne konditioniert. Das war ja immer an einem Datum aufgehangen. Ohne ging es nicht. Mittlerweile habe ich eine riesige Datenbank mit Jubiläen und Anekdoten, äh… ca. 15.000 Einträge, Riesenlisten, die ich nur auswerten muss, wenn ich was finde, kommt das gleich dazu.

Skype hängt sich wieder auf. Ich hätte doch das verdammte Faxgerät nehmen sollen. Nach 10 Minuten Unterbrechung geht es munter weiter.

Christof zeigt mir sein Handy

Das ist mein Notizbuch. Ich halte Augen und Ohren offen. Macht mir echt Spaß, sowas zu recherchieren.

Hast Du eigentlich schon mal ein direktes Feedback bekommen, welche der Stories am besten ankommt?

Hmm, gute Frage. Explizit zu dem Buch nicht. Sind wahrscheinlich zu viele Geschichten drin. Ich weiß aber, welche Stories live super funktionieren. Das DIO mit BLACK SABBATH seine ersten Gigs in der Norddeutschen Provinz gemacht hat, ist immer lustig. Oder, dass die erste professionelle Aufnahme von JON BON JOVI mit R2D passierte, oder auch ein paar Sachen, die nicht im Buch vorkommen. Wie RUDOLF SCHENKER von den SCORPIONS mir mal eine S-Bahn angehalten hat, erzähle ich gerne. Auch top – ich hatte ein Interview mit ZAKK WYLDE in L.A. und hatte keine Zeit für Frühstück, habe nur ein Muffin gegessen. Zakk meinte: „Ach, komm mal mit ins Studio. Kannst ja später zurück nach Hollywood fahren.“ Das war noch zu Zakks Saufzeiten – ich bin dann am nächsten Morgen in einer 40 Kilometer entfernten Kleinstadt aufgewacht.

Und du konntest dich an nix mehr erinnern.

Doch, eine ganze Menge. Und das erzähle ich auch. Ich habe sogar Fotos von dieser Aktion gefunden.

Du hast schon etliches in Deinem Leben erlebt. Gibt es Geschichten, die du gerne bringen würdest, aber nicht kannst, bzw. darfst?

Oh, gute Frage. Es gibt Geschichten, die ich selber nicht erzählen will. Es gibt da z.B. eine berühmte Popsängerin, die ist irgendwann so durchgedreht, weil es nicht gut ging, man weiß ja mittlerweile warum, die hat sich ihre Haare abgeschnitten, das Sorgerecht für ihre Kinder verloren. Ganz hässlich das Ganze, und diese Geschichte habe ich dann weggelassen.

[ANMERKUNG:  Wer kann mir wohl sagen, wie diese Sängerin heißt? Antworten per mail bitte an richard.metfan@stormbringer.at  - der, oder die Gewinner erhalten einen Anruf von mir, wo ich ihnen „Hit Me Baby, One More Time“ vorsinge.]

Wenn das Buch sehr gut läuft – hast Du schon Pläne für ein zweites Buch?

Ja, das liegt ja auf der Hand. Ich kann auf jeden Fall ein zweites machen. Geschichten gibt es genug.

Wie ist es eigentlich zu diesem Buch gekommen? Hast Du mit einem Verleger gesprochen, ist der Verlag an dich herangetreten?

Weder noch. Ich habe eine Agentur, die die „Rockstories live“ bucht und managt. Kurze Werbung: Die Agentur Steckenbach in Koburg und Oliver Schneider ist mein Agent, der ist gut vernetzt und meinte: „Ich habe hier einen Buchverlag an der Hand. Und so kam das zustande. Über den Verlag haben wir es dann auch gemacht“.

Was mir auch sehr, sehr gut bei diesem Buch gefällt ist die Mischung. Du schreibst ja nicht nur über skurrile und lustige Begebenheiten, sondern es kommen auch ernste, tiefergehende Geschichten vor. Ich z.B. habe bei der Geschichte rund um den Todesfall beim LAMB OF GOD-Gig in Tschechien im Zug gesessen und hatte eine Gänsehaut. Schlimm ist auch die Sache mit der Katastrophe beim GREAT WHITE-Gig, oder der Tod des Sohnes von ERIC CLAPTON, der zu seinem größten Hit „tears in heaven“ führte. Es menschelt öfters und es wird einem auch vor Augen geführt, dass auch die größten Rockstars nur Menschen sind – teilweise halt.

Ich habe tatsächlich darauf geachtet, dass das Ganze ausgewogen ist. Ich bin ganz lange über der sozusagen Setlist gesessen. Die einfachsten Geschichten, die live super funktionieren, sind die Saufgeschichten, wenn sich z.B.
MÖTLEY CRUE und OZZY OSBOURNE sich wieder zum Affen gemacht haben. Im Prinzip ist das glorifizierte Drogensucht. Da hatte ich irgendwie zu viele davon, ich hatte zu viel Ozzy, ich hatte zu viel KISS, da ich so viel darüber weiß – ist meine Lieblingsband. Deshalb bin ich extrem lange daran gesessen, um das Ganze ausgewogen zu machen, um nicht nur Skandale zu bringen, sondern auch Dinge, die ich persönlich interessant hielt, instinktiv, die hineinzubringen und da gehören nun mal auch Geschichten, die tiefer gehen, die menschlichen Geschichten hinein. Es freut mich aber, dass das, für Dich halt, funktioniert hat.

Nochmal Lob, das Buch ist flüssig, schlüssig geschrieben und hat keine unnötigen Längen. Du kommst immer direkt auf den Punkt.

Das freut mich. Die Sache mit den Längen – da bin ich als Leser, oder Zuhörer selber deutlich empfindlicher als so manch andere Leute. Ich kann es nicht leiden, wenn Leute nicht auf den Punkt kommen…obwohl ich es selber nicht immer mache.

Wenn ich mir die ganzen Protagonisten in dem Buch ansehe – das ist ja quasi die „alte Garde“.
OZZY OSBOURNE, KISS, IRON MAIDEN, GUNS N ROSES usw, usw. Gibt es heutzutage noch Bands, wo die Leute sagen, es interessiere sie, was die so alles anstellen, oder verbrechen?

Da machst Du jetzt ein Fass auf. Darüber habe ich auch nachgedacht. Die Themenauswahl – ich wollte nicht zu sehr in die Rock n Roll Ursuppe gehen, da das in ähnlich gelagerten Büchern schon erzählt wurde. BEATLES – wurden abgelehnt, MICK JAGGER und DAVID BOWIE im Bett, so Sachen – wurde schon zu oft erzählt. „In gada da vida“ – der Titel kommt vom zu viel Rotwein saufen, so Zeug. Oder, bestes Beispiel, „I Don't Like Mondays" von den BOOMTOWN RATS, wo das herkommt – da ging es um einen Mord an einer Schule, von einer Schießerei an einer Schule – diese Geschichte ist schon 1000 mal erzählt worden. Das wollte ich nicht machen - nicht zu weit zurückgehen. Aber wenn du von Rock n Roll im weitesten Sinne sprichst, seit den 2000ern ist Rock n Roll, oder Rock Musik nicht mehr so ein kultureller Treiber, wie früher einmal. Die Welt spricht Hip Hop.

Entschuldige, wenn ich unterbreche, aber würde irgendjemand ein Buch über die Skandale im Hip Hop Bereich kaufen?  Mich persönlich würde es Nüsse interessieren.

Das liegt aber daran, dass dich das Genre nicht interessiert. Was ja komplett legitim ist. Aber es gibt 100% in der Welt des Hip Hop Leute, über die man sich so Stories erzählt, KANE WEST z.B. der hat sicher genug Anekdoten, oder ICE-T--Sachen, was weiß ich. Das WIR nichts damit zu tun haben, wie auch z.B. mit einem Reggae Buch, steht ja auf einem anderen Blatt. Und neuere Bands???? Die Folklore des Rock n Roll gründet ja vor allem an den Klassikern, neuere Bands können gar keine Klassiker mehr werden. Da ist höchstens die Story super, das kann sein, wenn die was ganz Abgefahrenes machen oder erleben, dann ist es egal wer es ist. Aber das quasi kulturelle Gewicht von METALLICA, oder AC/D, KISS, IRON MAIDEN, MÖTLEY CRUE, NIRVANA, ALICE IN CHAINS, das werden neue Rockbands gar nicht mehr erreichen. Aus multiplen Gründen.

Gibt es eigentlich noch aktuelle Skandale, die die Leute interessieren? Ich meine, DAVE ELLEFSON von MEGADETH entblößt sich vor der Kamera, TILL LINDEMANN macht immer mehr Fick-Filmchen und von MILEY CYRUSs wusste man jahrelang nicht, wie sie angezogen aussieht. Interessiert das die Leute noch?

Ja, klar. Der reine Skandal, da wird immer noch darüber geredet. Aber der reine Skandal ist ja nicht die Geschichte. Also nicht das, was ich gesucht habe. Diese Geschichte von Ellefson, die hätte ich nicht gebracht. Das basiert ja auch auf reiner Bloßstellung. Ist halt dumm gelaufen, blöd, so interessant fand ich das Ganze auch wieder nicht. Der Skandal an sich ist keine gute Geschichte.

Was war in all den Jahren dein, oder deine liebsten Interviewpartner?

SCOTT IAN von ANTHRAX, mit dem habe ich viele Interviews gemacht, ein kluger Kopf, mit dem komme ich gut klar.
Es gibt aber etliche Leute, die wahnsinnig interessant sind. Da muss ich jetzt nachdenken. Hmm...LARS ULRICH ist gut.

Ist klar, da brauchst Du nur einen Satz sagen und hast danach 8 Stunden das Tonband voll.

Genau, und dann lasse ich ihn auch mal zu Wort kommen (Gelächter).

Der war super!

Was Du kannst, kann ich auch. Hmm, ich mache gar nicht mehr so viele Interviews.

Ok, aber früher. Oder anders gefragt. Gab es Interviewpartner, mit denen es überhaupt nicht ging. Oder darfst Du das nicht sagen?

Ach, das ist mir doch egal. Mir muss es halt nur einfallen. Hm…einer meiner liebsten Songwriter ist JERRY CANTRELL von ALICE IN CHAINS. Das letzte Interview, das ich mit ihm gemacht habe, war sehr, sehr nett. Irgendwann hat er gemeint: „Ach, die Verbindung ist scheiße. Ich gebe Dir die Festnetznummer von meinem Zuhause, aber gib diese Nummer bitte nicht weiter“. War ganz entspannt. Ich habe ihn aber auch schon getroffen, in einer Zeit, wo er ein bisschen mehr Drogen genommen hat. Da war er echt eine Arschgeige. In S.F., da sind wir extra hingeflogen, auch ein Kollege vom Rock Hard, der war der erste dran. Da lag er noch im Hotelzimmer, auf der Matratze, in einer Jesus-Christ-Position, hat auf die Überdecke geascht und hatte nicht die richtigen Pillen dabei, die hat er dann aber offensichtlich bekommen, da kam der dann an den Pool. Da saß ich dann und hat dann zu mir gesagt: „I was always drown to the dark side“. Nee, hast Du nicht. Du hast in einer Hair Metal Band gespielt. DIAMOND (Googlen).
Hey, wir haben alle die Fotos gesehen. Aber, cooler Typ, Granatensongwriter.

Du hast ja schon etliches erlebt. Etliche Platten gehört, Videos und Livekonzerte in Massen – wann bist du das letzte Mal deutlich geplättet mit offenem Mund dagestanden und warst extrem begeistert von dem dargebotenen. So, a la „sowas geiles habe ich noch nie zuvor gesehen. Ich habe gerade eine Erleuchtung“ So in den letzten 10, 15 Jahren.

Puh…das ist eine sehr gute Frage. Da muss man ganz ehrlich sagen, das gibt es nicht mehr – da ich ein alter Sack bin.
Bin ja schon seit Ewigkeiten 26 und da ich schon so viel gesehen habe, jetzt auch so ein bisschen raus bin aus dem Geschäft, so wie wir alle,aber. Ich da habe vor Jahren ein Erlebnis gehabt – da haben „GHOST“ auf dem Wacken Open Air gespielt.

[ANMERKUNG in eigener Sache: Ich als GHOST-Fanboy habe den Hr. Leim in keiner Form und auch nicht unter Androhung von Folter, bzw. Angebot eines hohen Bestechungsgeldes dazu getrieben, sich positiv über GHOST zu äußern.]

Ganz spät, große Produktion. Bin da mit meiner Frau gestanden und paar von den Wacken-Leuten, die sind ja quasi so Musik-Fachkräfte und ich habe echt gelacht und gesagt: „DIE werden SOOOO Groß werden.“ Ich habe gelacht, da mir klar war, dass das ein ganz dickes Ding wird. Ist ja auch dann passiert. Ich habe auch mal in einer sehr stressigen auf aufwühlenden Phase meines Lebens ALICE IN CHAINS gesehen, mit Nummern wie „Rooster“., oder „Down In A Hole“
Da hatte ich Pipi in den Augen. Am helllichten Tag. Das kann Musik machen. Passierte mir dann öfter noch mal.

Aber in letzter Zeit? Hmmm...Mir fallen da immer nur älter Konzerte ein, so besondere. Habe mal alle drei METALLICA-Konzerte an einem Tag in Paris gesehen. Das erste Konzert unter Tags in einem 150er Klub. Da gab es nicht einmal einen Backstage-Eingang. Die Band ist durch die Leute zur Bühne marschiert. Da habe ich natürlich den Mund aufgehabt. Ich habe mal AC/DC im Circus Krone gesehen. Das ist jetzt weit über zehn Jahre her. 1500 Leute oder so.
Da war nachher Nebel unter der Decke. Bin dort wohlbekleidet mit Zopf rein und dann mit offenem Haar und oben ohne wieder raus. Das war wie eine Rock n Roll Messe. Mit das beste Konzert meines Lebens. Aber neueren Datums fällt mir jetzt nicht viel ein

Aber es ist schwer. Man hat selber schon so viel gesehen, dann muss man auch noch viel arbeiten, man ist teilweise mit den Gedanken ganz wo anders und ich habe auch schon sehr lange keine Konzertberichte mehr geschrieben.
Hmmm…neuere Bands. Manchmal entscheidet der Kontext des Abends darüber. In der Nähe, wo ich wohne, gibt es einen Laden namens „Das Piano“, da spielen öfters Blues-Bands. Und da habe ich mir mal KENNY WAYNE SHEPERD angesehen. Meine Frau und ich waren da und mussten uns anhören: „Oh, ihr zieht den Altersdurchschnitt ganz schön nach unten.“ Es war aber ein total geiler und entspannter Blues-Abend – super Konzert.

Wie ich die Frage aufgeschrieben habe, habe sich selber sehr, sehr lange darüber nachdenken müssen, wann ich das letzte Mal so eine „Offenbarung“ hatte. Ok, wie ich vor ein paar Wochen das neue Video von RAMMSTEIN zu „Zeit“ gesehen habe, war ich ziemlich geplättet, aber sonst? LEPROUS live und auf CD sind auch immer wieder für Überraschungen gut, aber dieses Gefühl, wie damals als „Ride The Lightning“ von METALLICA, „Blind“ von KORN, oder das „Demanufacture“-Album von FEAR FACTORY – DIESES Gefühl habe ich schon ewig nicht mehr erlebt. DAS vermisse ich in den letzten Jahren.

Das hat wohl mehrere Gründe, vor allem das, dass in diesem Genre schon so viel gemacht wurde und ist ganz anders beeindruckbar, wie wenn man noch nicht so viel gesehen hat, vor allem jünger ist. Aber Rammstein sind ein gutes Beispiel. Ich bin kein großer Rammstein-Fan, die langweilen mich ziemlich schnell, musikalisch, aber ich sah sie live in Gelsenkirchen und das war eine verdammte Ansage. Das war wirklich BEEINDRUCKEND! Da gibt es gar nix.

Was ich noch wissen wollte – siehst Du es genauso, dass sich Interviews in den letzten Jahren massiv geändert haben – immer mehr Vorgaben von Seiten des Managements, bzw. der Plattenfirma, was man fragen darf und was nicht und daraus resultierend ein Einheits-Promo-Bla Bla. Keine interessanten, informativen Gespräche mehr, auch mit kontroversen Meinungen, die ein wenig Staub aufwirbeln.

Wie gesagt, ich habe in den letzten Jahren nicht mehr so viele Interviews gemacht und ich persönlich mache, was ich will, also werde nicht groß ausgebremst, aber dass man gewisse Themen nicht ansprechen darf, oder soll, das hat es schon vor 100 Jahren gegeben.

Wirklich?

Ganz bestimmt. Es kommt aber auch immer darauf an, wie groß das Medium ist. Ich habe mal für eine kleine Publikation etwas über RAMMSTEIN geschrieben und da hat das Rammstein-Management sogar die Zitate freigeben wollen – hätte ich die Story fürs „Rock Hard“, oder den „Metal Hammer“ geschrieben, hätte man gesagt „Ihr habt doch den Arsch offen“.

Bei RAMMSTEIN ist es immer schwierig, da habe ich mal unbeliebt gemacht, da ich eine Titelstory gemacht habe, die die nicht wollten. Für die eine Seite ist es halt Promo, für die andere Seite Presse. Das darf man nicht vergessen. Das ist ein Gegensatz, der nicht auflösbar ist. Deshalb – PR und Journalismus ist nicht dasselbe. Die sind quasi Gegner.

Was mir auch noch eingefallen ist, ich lese ja noch immer gerne Musikzeitschriften und vor allem Interviews, und bei mir am Klo stapeln sich die Hefte. Also beim Kacken habe ich gerne ein Heft bei der Hand und nicht das Scheiß-Handy und jetzt – wie sage ich es diplomatisch…es sind ja alles Kollegen und Freunde…Ich bin der Meinung, dass das alles im Schnitt nicht besser geworden ist. Der Kostendruck ist größer und ich glaube auch, dass viele Leute das noch nicht so lange machen, oder nicht so viel machen können, da sie eigentlich einen anderen Job haben, da ist man halt nicht so in Übung. Wenn ich eine Zeit lang nicht Gitarre gespielt habe, da bin ich auch nicht so richtig eingespielt, oder heiß, wie nach richtig üben. Ich hoffe, das war diplomatisch genug. Im Schnitt werden die Hefte nicht besser, aber ich wünsche allen natürlich eine hohe Auflagenzahl, etc. etc.

Glaubst Du, dass langsam die Ära der Printmedien zu Ende geht, oder lesen die Leute noch?

Ja, sicher. Das ist überhaupt keine Frage.

Das haben wir auch schon damals bei den Vinyl-Schallplatten geglaubt. Da dachten wir auch, die Ära geht zu Ende und plötzlich haben wir wieder einen massiven Boom.

Ach nee. Das ist alles relativ. Der Boom beim Vinyl heißt, dass der Weltmarkt von 3,6% auf 4,9% gestiegen ist, was viel ist. Aber die Zukunft des Musikhörens ist Streaming, bis etwas Besseres erfunden wird. Das ist überhaupt keine Frage. Das kann man jetzt scheiße finden, aber so läuft es halt. Ist wie bei den Printmedien, da gibt es auch Nischen und Vinyl ist halt eine Nische. Da hast du halt die „Freaks“ (das soll jetzt KEINE Beleidigung sein, sondern ist nett und liebevoll gemeint), die wollen halt das „echte“ Heft und das „echte“ Vinyl, aber ich sehe es immer bei meiner Teenager-Tochter – die würde kein Musikheft lesen. Die hört auch kein Vinyl, die hört Spotify-Playlists.

Ich hätte noch ein paar Fragen an dich. Du hast zuvor eine Autobiographie erwähnt, an der du arbeitest. Darfst du etwas darüber sagen?

Ja, das wird die Autobiographie von Ossy Hoppe.

Dieser Veranstalter?

Ja, genau. Der hat extreme Geschichten auf Lager. Der ist im Zirkus aufgewachsen, war mit 23 Tourmanager von Deep Purple, hat die Monsters of Rock nach Deutschland gebracht und, und, und. Da habe ich viel Spaß mit ihm gehabt. Der war ganz dicke mit all meinen Lieblingsbands – Bon Jovi, Kiss etc. etc. Da sind wirklich coole Geschichten dabei.

Wann wird das Buch rauskommen? Mich würde das wirklich brennend interessieren.

Hoffentlich noch dieses Jahr. Wir haben da eine Pause eingelegt, Corona hat da auch nicht geholfen, ich bin ein zweites Mal Papa geworden und so, es sollte eigentlich schon fertig sein, ist es aber nicht.

Du bist Manager von „HEAVYSAURUS“ und spielst bei ihnen Gitarre – jetzt habe ich mir die Tourdaten bis Herbst angeschaut. Du wirst schwitzen, wie ein Schwein, wenn ich das so sagen darf, in voller Kostümierung.

Yep.

Wie lange dauert eine Show bei euch?

Du musst dir immer vergegenwärtigen – die Zielgruppe ist zwischen 3 und 10 Jahren alt. Die Kids sind total begeistert, es macht echt Spaß da in die Augen zu gucken, aber die sind nach einer Stunde durch. Wir spielen knapp über eine Stunde und erst letzten Sonntag spielten wir 2x hintereinander in derselben Venue, da beide Shows ausverkauft waren.

Und wie hältst Du das in der prallen Hitze aus, oder lässt der Adrenalinschub dich die Hitze vergessen?

Nein, wir haben da immer Ventilatoren auf der Bühne stehen und normalerweise spielen wir ja nicht in der Sonne, außer auf einem Festival. Wenn Du da einen Erwachsenentag und einen Kindertag hast, gibt es halt bis 16:00 was für die Kids und dann das Programm für Erwachsene und da müssen wir halt um 13:00 raus. Bei „Rock of Ages“ sind wir fast in Ohnmacht gefallen. Auch ist die Frisur nach einer HEAVYSAURUS-Show total im Eimer. Aber es macht halt so viel Spaß – musikalisch ist das echt geiler Hard-Rock/Metal, gut komponiert mit geilen Solis. Wo man nach 25 Jahren Metal landen kann...

Als ich zum ersten Mal euer Bandfoto gesehen habe, dachte ich „Um Gottes Willen, als WAS verkleiden sich deren Groupies…“

(Gelächter)

Das ist eine Kindershow. Da gibt es keine Groupies! Nee, im Ernst, die Kinder finden das toll und gehen extrem mit.
Da gibt es Lieder wie „Wir wollen Futter, immer Futter“ – total lustig und das wird von Dinosauriern gespielt. Die könnten genauso Cowboys, Astronauten, oder Polizisten sein. Stell Dir mal einen als Astronaut verkleideten Dinosaurier vor – als 5jähriger hättest du das geliebt.

Wäre ein Traum für mich gewesen und so blöd es klingt – ihr haltet die Flamme des Rock n Roll in die Höhe. Die Kids, die mit sowas in Berührung kommen, werden vielleicht einmal Hefte und Schallplatten kaufen.

Absolut. Unsere Konzerte sind wahrscheinlich die ersten Konzerte, die diese Kids erleben. Es ist natürlich leiser, es gibt mehr Ansagen, alle Texte sind auf Deutsch, außer wir spielen einen Coversong – im Moment haben wir einen FOO FIGHTERS-Song im Programm, der ist mehr für die Eltern. Die Kids sehen jetzt Schlagzeug, Bass, Gitarre, Keyboard und einen Sänger, der irgendwie Quatsch erzählt, ist sehr lustig. Der beliebteste Song ist „Kaugummi ist megarer“.
Da erzählt der Sänger, dass er sich immer 26 Kaugummis morgens in die Pfanne haut und anbrät, und das wäre ein Super-Frühstück. Und die Kinder immer: „Nein, das geht doch gar nicht!“ Er: „Esst ihr keinen Kaugummi?“ Die Kids: „NEEEEIIIINNN“. Und da ist er immer erstaunt, süß, wirklich süß. Ist wie, wenn ich meiner Zweijährigen sage, „was essen wir heute, STEINE?“ Die lacht sich kaputt. Und „Gras“ und „Socken“, HAHAHAHAHA, das geht doch gar nicht. Genauso funktioniert es bei HEAVYSAURUS.

Christof, ich danke für Deine Zeit. Ich hoffe, das Buch wird richtig erfolgreich!

Cool. Danke! Es läuft ganz gut, doch ich wäre auch sehr froh, wenn mehr Leute erfahren, dass es dazu eine Liveshow gibt – UND LEUTE – ICH BIN ZU BUCHEN! Bin pflegeleicht und die ganze Produktion geht in einen Rucksack rein.

Weiterlesen: Hier geht es zur Buchbesprechung von "101 Rock-Stories"


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