Interview: FINNTROLL - Mathias "Vreth" Lillmåns

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Im Sommer 2019 führten Routa und ich einige Interviews, in denen wir immer wieder gefragt wurden, wann wir denn unser Comeback feiern würden. Ab diesem Zeitpunkt hatte ich genug und entschied, dass wir 2020 ein neues Album veröffentlichen werden, weil uns die Leute sonst vergessen würden, [...].

Sieben Jahre sind eine lange Zeit, also schlossen wir uns mit Vreth von FINNTROLL kurz, um die brennenden Fragen aufzulösen...

Veröffentlicht am 23.09.2020

Stormbringer.at: Hallo und beste Grüße aus Deutschland nach Finnland. Wie geht's euch grundsätzlich, aber auch speziell in diesen wundersamen Zeiten?

Mathias: Uns geht's ziemlich gut soweit. Glücklicherweise kehrt alles ein bisschen zur Normalität zurück, auch wenn eine Art zweiter Lockdown, obschon von der Zurücknahme einiger Beschränkungen gesprochen wird, nicht unwahrscheinlich ist.

Stormbringer.at: Zu Beginn eines Interviews neige ich häufig dazu, als möchte ich auch dem FINNTROLL-Kollektiv zum neuen Album "Vredesvävd" gratulieren, welches gelindes gesagt ein großartiges geworden ist. Es nötigte euren Fans ganze sieben Jahre Wartezeit seit seinem Vorgänger "Blodsvept" ab, ehe sie es nun bald in den Händen halten dürfen. Würdest du uns erzählen, was in all der Zeit passiert ist und ab wann ihr daran gedacht habt, dieses neue Album umzusetzen?

Mathias: Nun, also zunächst einmal haben wir nach dem Release von "Blodsvept" extrem viel getourt, also an allen Orten an denen es uns möglich war, und danach waren wir mehr oder weniger direkt auf der 10th-Anniversary-Tour zu "Nattfödd". Während dieser Zeit hatten wir ein bisschen Material geschrieben, allerdings fühlte es sich nicht hundertprozentig richtig an, irgendetwas fehlte, also entschlossen wir uns zu weiteren Gigs und warteten auf Inspiration. Dabei tourten wir vor allem in ungewöhnlicheren Regionen, also Japan, Südamerika und sogar Afrika. An diesem Punkt befanden wir uns bereits im Jahr 2017 und hatten noch nicht den richtigen Sound für das Album gefunden, also tourten wir weiter und würden das erst dann drosseln, wenn es sich richtig anfühlte. Im Sommer 2019 führten Routa (Mikael Karlbom, Gitarrist und Backing Vocalist der Band) und ich einige Interviews, in denen wir immer wieder gefragt wurden, wann wir denn unser Comeback feiern würden. Ab diesem Zeitpunkt hatte ich genug und entschied, dass wir 2020 ein neues Album veröffentlichen werden, weil uns die Leute sonst vergessen würden, also schrieb ich eine E-Mail an Century Media und bat um eine Deadline für eine Veröffentlichung 2020. Wir erhielten die Deadline und plötzlich fingen wir einfach an, gutes Material zu schreiben. Hier sind wir also, ein Jahr später, mit einem fertiggestellten Album, das im September erscheinen wird!

Stormbringer.at: Die ersten Reaktionen auf die Single "Ormfolk" waren aus meiner Sicht erstaunlich positiv, wobei viele Hörer der Auffassung schienen, dass es sich stilistisch näher an euren Wurzeln als an den aktuellen drei Alben orientierte, was ich sowohl nach dem Hören von "Ormfolk" als auch des gesamten Albums durchaus bestätigen kann. Zwar fühlt es sich nie so an, als wärt ihr nach dem Motto „Lass' uns ein Oldschool-Album machen, damit es halt gemacht ist“ in's Studio gegangen, weil das nunmal das ist, was viele Fans gerne fordern. Doch man kann schon behaupten, dass es direkt nach "Nattfödd" oder "Ur jordens djup" hätte erscheinen können - es klingt gleichzeitig frisch und oldschool. Wie kam es dazu? Haben besagte "Nattfödd"-Anniversary-Tour oder der spezielle Gig auf dem Summer Breeze 2017 ihren Teil zur Entscheidungsfindung beigetragen, oder ist das einfach so passiert?

Mathias: Wir suchen auf unseren Alben immer nach einer Art Twist. "Nifelvind" hatte seine pompöse Orchestrierung, "Blodsvept" dafür diese fast schon nach Swing-Brass klingende Sektion. Auf "Vredesvävd" hingegen schrie das Material, nachdem wir uns dazu entschieden hatten, das Tempo anzuziehen und ein melodisches Album zu schreiben, nach dieser Back-to-the-roots-Herangehensweise. Wir wollten unseren alten Fans etwas Gewohntes geben und gleichzeitig auch nicht diejenigen enttäuschen, die erst mit den letzten Alben dazugestoßen sind. Wie du schon sagtest, das Album hätte direkt nach "Nattfödd" erscheinen können, hat dabei aber einen aktuellen Sound. 

Stormbringer.at: Kannst du uns etwas zu den lyrischen Inhalten auf "Vredesvävd" erzählen? War Katla (ehem. Sänger und kurzzeitig auch Keyboarder auf den Werken vom "Rivfader"-Demo bis einschließlich zur "Visor om slutet"-EP) erneut für diese verantwortlich?

Mathias: Ja, Katla hat auch die Texte dieses Albums geschrieben! Dieses Mal konzentrieren wir uns auf unterschiedliche Arten von Reisen, also sowohl physisch-geografische als auch spirituelle. All diese Geschichten sind mit einem gewissen Stadium der Wut verknüpft, daher auch der Name "Vredesvävd" (zu Deutsch in etwa: mit der Wut verwoben).

Stormbringer.at: Was Produktion, Mixing und Mastering betrifft, klingt "Vredesvävd" organischer und roher als die vorigen Alben, was der Grundatmosphäre entgegen kommt. War Henri, der in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte in dem Bereich gemacht hat, alleinverantwortlich dafür, oder waren auch andere Personen involviert?

Mathias: Dieses Mal war tatsächlich den Inhaber der Sonic Pump Studios mehr involviert. Ausserdem hatten wir einen Techniker, der sämtliche Aufnahmen übernahm, weil wir alle fernab dessen so viel zu tun haben, dass wir nicht 24/7 im Studio sitzen und den Aufnahme-Button drücken können! Wie üblich waren aber auch ich und Trollhorn (Henri Sorvali, Multi-Instrumentalist der Band - und MOONSORROW) beteiligt.

Stormbringer.at: "Vredesvävd" glänzt erneut mit einem fantatischem und düsteren Artwork, das die Stimmungs des Albums perfekt einfängt. Gleichzeitig unterscheidet es sich doch deutlich von dem eines "Blodsvept", was mich zu folgender Frage führt: Warten FINNTROLL, bis alle Kompositionen abgeschlossen sind, um dann das geeignete Cover zu kreieren, oder reifen die Ideen für ein solches schon inmitten des Songwritingprozesses?

Mathias: Ja, dieses Werk ist ein wenig dunkler, sowohl künstlerisch als auch musikalischSkrymer (ebenfalls Gitarrist und Backing Vocalist der Band) hatte das Frontcover sozusagen während des Mixing-Prozesses fertig, also vermute ich mal, dass dieser finstere Look sich aus den Lyrics und der Musik gebar. Definitiv mein Lieblingsartwork von uns, das Booklet ist ebenfalls großartig!

Stormbringer.at: Eine geläufigere Frage dieser Tage kann natürlich nicht ausgespart werden: Covid-19 hat sowohl das Veröffentlichungsdatum eures Albums als auch die dazugehörige Release-Show auf dem Summer Breeze Open Air, das abgesagt wurde, beeinflusst. Während "Vredesvävd" nur um einen Monat nach hinten verschoben werden musste, fällt die Live-Situation für Künstler weitaus tragischer aus. Ich habe kürzlich gesehen, dass das finnische Saarihelvetti Festival stattfinden konnte, aber größere Events scheinen trotzdem nicht stattzufinden. Wie gehen FINNTROLL mit diesen Konsequenzen um und wie hat sich der Virus grundsätzlich auf Finnland ausgewirkt?

Mathias: Nun, wir waren bereits für eine europäische Tour im September und Oktober gebucht, welche zum Glück auf nächstes Jahr verschoben werden konnte. Genauso wie einige österreichische Shows und das Summer Breeze Open Air, also drücken wir die Daumen! Glücklicherweise wurden wir in Finnland nicht ganz so hart getroffen, trotzdem gehen uns 75 Gigs verloren...

Stormbringer.at: Gab es ansonsten irgendwelche Live-Pläne (in erster Linie natürlich zum Release von "Vredesvävd") in nicht allzu ferner Zukunft, die die finnische Grenze übersteigen würden? Es gibt ja bereits eine Menge Bands und Promoter, die Shows für das Frühjahr 2021 bestätigen, aber das erscheint mehr wie Zweckoptimismus. Was ist eure Meinung und Herangehensweise?

Mathias: Aktuell sind eine Menge Gigs in Planung und wir haben vor kurzem die neuen Termine für die Europa-Tour, die 34 Gigs umfassen wird, veröffentlich. Eine Menge anderer Dinge werden ebenfalls geplant, also bleibt zu hoffen, dass die Grenzen baldmöglichst geöffnet werden können!

Stormbringer.at: Zu guter letzt eine Frage, die irgendwie mit der letzten verknüpft ist: "Jaktens tid" feiert nächstes Jahr seinen zwanzigsten Geburtstag. Habt oder hattet ihr spezielle Re-Releases oder Shows dafür im Hinterkopf, vielleicht sogar schon vor der Pandemie?

Mathias: Wir hatten noch keine Zeit, um darüber nachzudenken, aber man weiß ja nie, was passieren wird!

Stormbringer.at: Dann möchte ich mich bei dir für die Zeit, die du dir zur Beantwortung meiner Fragen genommen hast, bedanken. Die letzten trollischen Worte gehören dir!

Mathias: Bleibt gesund, wir sehen uns im März/April 2021 auf Tour!

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Im Zuge des "Vredesvävd"-Releases haben wir uns selbstverständlich auch mit dem Album der finnischen Trolle auseinandergesetzt, sowohl im Einzel-Review als auch im illustren Gangbang.


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