Interview: AD INFINITUM - Melissa Bonny

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Wenn du die Möglichkeit hast, andere zu beobachten, lernst du automatisch davon. Man begeht einige Fehler am Anfang und wenn du das minimieren kannst, hilft dir das. Alles, was um einen Albumrelease herum passiert, muss in der Zusammenarbeit mit anderen Leuten passieren. Und dieses Gerüst schon zu kennen, bevor man es selbst bauen muss, hilft ungemein.

Melissa Bonny ist dem ein oder anderen Metalhead vielleicht schon ein Begriff durch diverse Kollaborationen, doch mit AD INFINITUM steigt ihr völlig eigenes Kunstwerk wie Phönix aus der Asche, um die Welt zu erobern.

Text: Sonata
Veröffentlicht am 01.04.2020

Hi Melissa! Vorweg: Wie geht es dir in dieser schwierigen Zeit gerade? Für euch Künstler ist das natürlich eine extrem beschissene Situation.

Natürlich ist das eine sehr deprimierende Situation mit den ganzen Shows, die jetzt gestrichen oder nach hinten veschoben worden sind. Ich war gerade auf Tour, als das Ganze ernst wurde. Wir mussten natürlich alles sofort abbrechen bzw. verschieben. Es ist sicherlich keine optimale Situation, aber es ist schon in Ordnung in Anbetracht der Tatsache. 

Kommen wir zu einem erfreulicheren Teil, der Musik im Allgemeinen. Mit AD INFINITUM hast du dir eine neue Band aufgebaut, die nun ihr erstes Album "Chapter I: Monarchy" veröffentlichen wird. Es wirkt, als sei das Ganze ein Konzeptalbum? Wird sich das Konzept auf eine Trilogie ausweiten oder wie plant ihr da?

Stell dir das Ganze als ein Buch vor, wo du die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft der Band nimmst. Chapter I ist der Beginn unserer Band. Es ist kein klassisches Konzeptalbum, wo Song Eins bis Zehn zusammenhängen als eine Geschichte, wo jeder Song einen Teil dazu beiträgt. So ist es hier nicht. Du kannst hier auch jeden einzelnen Song nehmen und für sich stehen lassen. Der Opener handelt zum Beispiel von den hohen Tieren und den kleinen Leuten, die kämpfen müssen, um was auf dem Tisch zu haben. Diesen Kontext kann man aber auch aufs hier und jetzt beziehen. Als ich die Lyrics geschrieben habe, wollte ich was Historisches schaffen, aber gleichzeitig etwas, was man unabhängig davon betrachten kann.

Ich finde, dass ihr auch musikalisch einen sehr interessanten Weg eingeschlagen habt. Bands wie EPICA, DELAIN oder DIABULUS IN MUSICA setzen häufig auf einen sehr fetten und epischen Sound. Euer Sound ist zwar auch sehr episch angehaucht, aber gleichzeitig etwas bodenständiger. Das unterscheidet euch von den genannten Bands und verschafft euch eine gewisse Einzigartigkeit im Haifischbecken der vielen Female Fronted Symphonic Metal Bands.

Vielen Dank! Ich möchte auf jeden Fall Jacob Hansen Kredit zollen, der es geschafft hat, den kraftvollen Metalsound in den Vordergrund zu stellen. Daneben wollten wir die Orchestrationen als Umschlag nutzen, der den Sound umhüllt, aber eben nicht komplett für sich vereinnahmt.

Du hast bereits gesagt, dass du für die Lyrics verantwortlich warst, aber wie hat sich das bezüglich der Kompositionen gestaltet?

Hauptsächlich geht das auch auf mich zurück. Ich wollte was von A-Z für mich kreieren und aufbauen, wo ich mein Herz reinstecken kann. Wenn die Jungs der Band beitraten, war schon einiges an Songwriting gelaufen, aber dennoch konnten sie ihren eigenen Einfluss mitbringen. "Tell Me Why" wurde z.B. von Jonas gestartet und wir wurden danach eingebunden. Jeder hat sowieso seine Instrumente auf besondere Art und Weise eingebracht. Es war ein harmonisches und konstruktives Miteinander. Als die Demos soweit fertig waren, hat jeder seinen Part selbst aufgenommen und du hörst quasi raus, dass ein Adrian z.B. hier und dort seinen eigenen Stil in Form eines Solos eingebracht hat und gleiches gilt auch für Nick an den Drums. Insgesamt gibt es also sowieso Einflüsse von allen Bandmitgliedern.

War es für dich denn schwierig, vom Sound von RAGE OF LIGHT wegzukommen, der dich ja sicherlich auch ein stückweit geprägt hat, sich aber deutlich moderner ausdrückt etc.? Wobei Jonathan dort wohl sicherlich federführend war. Wie hast du deinen eigenen Weg gefunden für AD INFINITUM?

Es war relativ einfach für mich. Jonathan hat sehr viel gemacht bei RAGE OF LIGHT, auch wenn ich stets involviert war, wenn es um die instrumentalen Parts ging. Ich kam auch stets mit meinen Vocals zum Zuge, wenn der Rest des Songs schon stand. Es war keine völlige Freiheit, aber diese Freiheit wollte ich mir für AD INFINITUM nehmen, denn ich habe sehr viele Ideen und kreiere Melodien in meinem Kopf, singe sie, kreiere Orchestrationen oder Drumparts mit einem Computer. Ich habe Spaß daran, mit solchen Demos zu arbeiten. Es ergibt sich ein ganzes Universum, wenn du deine Lyrics erschaffst und darauf kannst du so viel aufbauen. Vor allem dann, wenn du die Freiheit hast, es alleine zu tun.

Du warst als Künstlerin in der Vergangenheit ja auch in viele andere Projekte verwickelt oder bist einige Male mit SERENITY zum Beispiel auf Tour gegangen. Haben dir diese Erfahrungen geholfen, dir deinen völlig eigenen Weg zu schaffen im Musikbusiness?

Ich habe durch die Konzerte natürlich massiv dazugelernt mit SERENITY, WARKINGS oder auch RAGE OF LIGHT. Wenn du die Möglichkeit hast, andere zu beobachten, lernst du automatisch davon. Man begeht einige Fehler am Anfang und wenn du das minimieren kannst, hilft dir das. Alles, was um einen Albumrelease herum passiert, muss in der Zusammenarbeit mit anderen Leuten passieren. Und dieses Gerüst schon zu kennen, bevor man es selbst bauen muss, hilft ungemein. Dafür bin ich sehr dankbar!

Ich kenne da einen gewissen Musiker, den du sicher auch kennen wirst ganz zufälligerweise. Ich spreche von Jens Faber, der dich für sein Projekt MALEFISTUM engagiert hat. Wie war es für dich, seine Songs gesanglich zu interpretieren bzw. mit ihm zu arbeiten?

Es war eine tolle Erfahrung! Ich bin nicht die einzige Musikerin, die auf dem Album zu hören ist und es ist einfach cool, ein paar Leute zusammen zu holen und so ein Projekt zu schaffen. Ich habe erst nur wenige Songs für ihn aufgenommen, aber es lief sehr gut. Daher hat er mich gefragt, ob ich mehr machen würde, was ich bejaht habe. Meine gute Freundin Federica Lanterna ist auch dort zu hören. Ist einfach sehr spaßig, mit solchen Menschen zu arbeiten!

Es zeigt ja auch, was für eine Bandbreite du imstande bist zu bedienen mit deiner Stimme. Ich finde, dass du eine außergewöhnliche Stimmkontrolle an den  Tag legst. Ob es sScreams, Growls oder eben der cleane Gesang sind. Ist es eigentlich für eine Frau schwieriger, solche Techniken zu erlernen, was Growls etc. angeht oder macht das am Ende überhaupt keinen Unterschied?

Es kommt nicht darauf an, ob du Mann oder Frau bist. Es kommt wirklich nur auf die Technik an. Gesangsunterricht hilft da ungemein, weil du lernst, wie du atmen musst. Es gibt da viele Techniken und du lernst, wie du deinen Körper richtig nutzt und deine Stimme richtig nutzt bzw. beschützt vor Schäden. Mir fiel das screamen einfach, weil ich einen musikalischen Background habe und mein Gesangslehrer hat mir da ebenfalls viel mit auf den Weg gegeben. Für Konzerte war es nochmal anstrengender und schwieriger, weil du deine Atmung sehr stark kontrollieren musst, um nicht aus der Puste zu kommen. Das erfordert Zeit und Geduld, aber dann funktioniert das alles sehr gut. 

Woher hast du eigentlich die ganze Inspiration für euer Album genommen? Ich finde es beachtlich, dass ihr mit dem Debüt einen Sound geschaffen habt, der sehr einzigartig wirkt und eben nicht wie eine weitere NIGHTWISH copy/paste Band.

Vielen Dank! Das hört man natürlich gerne! Um ehrlich zu sein, weiß ich es gar nicht. Ich wollte lediglich ein Album schaffen, das die Leute immer und immer wieder hören wollen. Ein Album, das die Menschen mitreißt. Ob eben härtere kraftvolle Nummern oder emotionale Balladen. Es sollte ein großes Spektrum innehaben, ohne zu überfordern. Ich wollte einfach die Songs singen, die ich selber ebenfalls gern hören würde. Also entstand das Ganze auf sehr natürliche Art und Weise ohne sich zu sehr an bereits existierende Bands zu klammern.

Vielen Dank für die ganzen interessanten Einblicke, liebe Melissa! Ich wünsche euch ganz viel Erfolg mit dem Album in dieser schwierigen Zeit. Bleib gesund und pass auf dich auf!

Danke Chris, hat mir großen Spaß bereitet! Alles Gute für dich und bis bald!

 


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