Interview: SPEED LIMIT - Gitarrist Joe Eder

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Wir sind nicht unbedingt als „Hau Ruck“-Band verschrien, denn wir haben einen hohen Anspruch an unsere Songs und Produktion. Wir erlauben uns einfach genügend Zeit für Songwriting, das Ausfeilen der Arrangements und das Aufnehmen bzw. Produzieren.

Zur Veröffentlichung des neuen Albums "Anywhere We Dare" haben wir Gitarrist Joe Eder befragt...

Veröffentlicht am 06.10.2017

Danke Joe, dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast. Wir wissen das sehr zu schätzen! Zuerst einmal Gratulation zum neuen Album „Anywhere We Dare“, es ist richtig bärenstark geworden.


Hier einige Fragen:
Für alle, die Euch noch nicht kennen: bitte stelle SPEED LIMIT kurz vor und schildere euren bisherigen Werdegang.

In aller Kürze? – bei über 30 Jahren „no easy job“: Wir sehen das Jahr 1984 als Gründungsjahr an, als sich die Salzburger Metalbands AMPERE mit Chris Angerer, Jocky Brunner und Hans Hutmann und SPEED LIMIT mit Chris Pawlak fusionierten und somit den Grundstein für das Lineup des Debütalbums „Unchained“ von 1986 bildeten.
1988 kam dann die „Prophecy“-EP mit Chartbreaker „Lady“, damals schon bei „Breaking Records“, dem Wiener Label um „Big“ Muff Sopper und Grafik-Artist Joachim Luedtke, heraus. „Lady“ konnte sich ja damals auch mit Hilfe eines aufwendig produzierten Videoclips in sieben europäischen Ländern in den Charts platzieren.
1992 folgte das „Perfect Inspiration“-Album mit etwas gemäßigter musikalischer Ausrichtung und Verlagerung des Aktionsschwerpunktes nach Deutschland. Ich glaube Mitte der 90er Jahre hatten wir alle lang-dienenden schmerzhaft mit einem Rückgang des Interesses am klassischen Metal zu kämpfen und auch SPEED LIMIT lösten sich 1994 auf.
2008 schien es an der Zeit für ein Comeback und voller Energie machten wir uns an eine durchaus beachtenswerte Live-Reunion u.a. mit Kurztourneen mit NAZARETH, URIAH HEEP und MANFRED MANN`S EARTHBAND sowie zahlreichen Headliner-Shows und konnten somit innerhalb eines Jahres vor rund 10 000 Menschen auftreten. Leider noch ohne neues Album, das wir dann 2010 mit „Moneyshot“ nachgeschoben haben. „Moneyshot“ hat uns durchaus zurück in den Metal-Zirkus gespült und konnte sich zwölf Wochen in den Top 30 der „German Rock und Metal Charts“ halten. Live ging es unter anderen mit PRETTY MAIDS, SHAKRA, BONFIRE, AXXIS, PINK CREAM 69, CHINA, KISSING DYNAMITE etc. im Melodic Metal Bereich heftig zur Sache. 2011 wurden auch unsere LPs aus den 80er Jahren auf CD wiederveröffentlicht.
Und jetzt stehen wir mit „Anywhere We Dare“, unserem offenkundig härtesten Album seit „Unchained“, wohl vor dem nächsten großen Schritt. Hier gehts zum Review.

SPEED LIMIT Foto: Günter Leitenbauer

 

Wie bist du zur Musik gekommen und was sind deine Einflüsse?

Als Baujahr 1967 bin ich in den späten 70er und frühen 80er Jahren musikalisch „sozialisiert“ worden. Also Bands wie die BEATLES, ROLLING STONES, ABBA, SMOKIE, vor allem aber DEEP PURPLE, WHITESNAKE, RAINBOW, BLACK SABBATH, AC/DC, KISS oder THIN LIZZY.
Als ich dann meine erste E-Gitarre zu malträtieren begann, waren noch NWOBHM also IRON MAIDEN, JUDAS PRIEST, DEF LEPPARD oder später DIO und DOKKEN beliebte Übungsvorlagen.
Meine ersten ernstzunehmende Bands waren GUY GISBORN, VELVET GLOVE und TORSO. Erste Single war dann mit TEN TAI und dann und immerfort SPEED LIMIT.

Würdest du dasselbe noch einmal so machen oder etwas ändern?

Schwierige Frage: Ich bin immer meinem Rock-Herz gefolgt, was gut ist, aber wenn ich früher etwas geschäftsorientierter gewesen wäre, hätte es nicht geschadet. Es gibt aber nichts, wofür ich mich schämen müsste!

Du spielst ja in mehreren Bands und Projekten. Welche sind das?

Das stimmt nur bedingt. Hier muss man ein wenig differenzieren. Es gibt, wie bei allen SPEED LIMIT Mitgliedern, nur eine „original“ Band, die eigenes Material schafft! Hier sind wir sicher mit die letzten einer aussterbenden Gattung. Natürlich habe ich auch noch meine „Rock-Cover“-Shows mit meinen Kumpels von BONESHAKER, aber das ist ja quasi Unterhaltungs-Dienstleistung.

Du bist ja kein Gründungsmitglied von SPEED LIMIT, wann und wie bist du zu dieser Band gekommen?

Mitten in der Promo Tour zur „Prophecy“ trennte sich die Band von Gitarrist Heli Lehner (BELPHEGOR), wohl aufgrund von musikalischen Differenzen. Was aus ihm geworden ist, weiß wohl jeder in eurem Magazin. Ein neuer Mann wurde gesucht und nach einigen Auditions dann mit mir gefunden. Das war zum Jahreswechsel 1989/1990. Mein erster Gig mit SPEED LIMIT war dann nach äußerst kurzer Vorbereitungszeit zusammen mit U.D.O. und CHROMING ROSE im alten Wiener Rockhouse.

Was ist dann passiert, denn es gab nur zwei Alben, 1992 und 2010?

Was zwischen 1992 und 2010 passiert ist – also die Pause von 1995-2007 habe ich ja schon beantwortet. Warum wir sieben Jahre bis „Anywhere We Dare“ verstreichen ließen, hat zweierlei Gründe:
Zum einen stieg, als wir uns Ende 2012 ans Songwriting bzw. die Vorproduktion zum „Moneyshot“-Nachfolger machen wollten, Sänger Steven Hogger überraschend aus. Dass die Sängerwahl für uns als Melodic Metal Band sehr wichtig ist, liegt auf der Hand. Die Audition-Maschine wurde umgehend gestartet, einige wirklich sehr feine Stimmen durften wir kennenlernen, schlussendlich einigten wir uns mit Ritchie Krennmaier (ex-STYGMA 4, jetzt JACOB´S MOOR) auf eine Zusammenarbeit. Nach einem knappen Jahr und einigen feinen Festivalauftritten stellte sich aber vor allem in Fortschritt von Songwriting und Vorproduktion eine gewisse Frustphase ein. Es sollte einfach nicht sein. Ende 2014 rauften sich Chris Angerer, Chris Pawlak und meine Wenigkeit zusammen, um mit neuen Kräften nochmals durchzustarten. Unsere angepeilten Wunschkandidaten waren schnell kontaktiert und wenige Tage später standen wir mit Sänger Manuel Brettl (ex-CYRING, ex-BOOD OF ROSES) und Drummer Hannes Vordermayer (ex-SERAPH, ex-FLOOD OF AGES) im Probestudio, um uns auf das erste „Alpine Steel Festival“ in Innsbruck als quasi Live-Feuertaufe, siehe auch euer Bericht auf Stormbringer, vorzubereiten.
Zum Zweiten sind wir nicht unbedingt als „Hau Ruck“-Band verschrien, denn wir haben einen hohen Anspruch an unsere Songs und Produktion. Wir erlauben uns einfach genügend Zeit für Songwriting, das Ausfeilen der Arrangements und das Aufnehmen bzw. Produzieren. Also braucht es dann schon mal knapp zwei Jahre, bis alles an seinem Platz ist, und ich glaube, dass das neue Album „Anywere We Dare“ durchaus beweisen kann, dass dieser Weg für uns der richtige ist.

Wie läuft das Songwriting in der Band ab?

Im Regelfall bringen Chris Angerer und ich als Gitarristen fertige Songideen inklusive Textfragmenten mit Arrangement-Layouts ins Spiel. Sehr gut läuft auch die Zusammenarbeit von Basser Chris Pawlak und mir, wenn wir seine Grundideen mit meinen Riffs vorschlagen und Lyrics zu Songs formen. Die Arrangements erarbeiten wir dann gemeinsam als Band. Hannes Vordermayer ist ein sehr musikalischer und songorientiert arrangierender Drummer, der zudem teuflisch gut singt. Sänger Manuel Brettl ist ein Genie in Sachen mitreißender Phrasierung und Erarbeiten von spannenden Dopplungen bzw. Harmonisierungen. Die Backing Vocals erstellen und erledigen auch live meist Chris Pawlak, Hannes Vordermayer und ich. Du kannst das sehr genau in unserem CD Booklet nachlesen, von wem die jeweilige Grundidee stammt. Wir scheinen dann alle als Songwriter auf, das ist nur fair, denke ich, solange, bis es mal richtig Kohle zu verteilen gibt. (Hahaha!)

Das neue Album ist aus meiner Sicht zeitlos, erinnert aber an die 80er. Sind SPEED LIMIT dennoch in der heutigen Zeit angekommen?

Darüber machen wir uns eigentlich keine Gedanken. Unsere Songs passieren und jeder trägt seinen Teil bei. Klar haben wir nach über 30 Jahren unsere Handschrift gefunden, wissen, was wir können, was klappt und wie wir es rocken lassen können. Dennoch trauen wir uns auch in unseren Songs Neues auszuprobieren und auch hier gilt umso mehr „Anywhere We Dare“. Ich denke, wenn man die Fähigkeit besitzt, mit Musik Energie zu erzeugen, die Menschen bewegt, wenn man es schafft, Seelen zu ergreifen mit Worten, Melodien und Powerarrangements, ist man angekommen, egal in welchem Jahrzehnt!

SPEED LIMIT privat

 

Ihr habt gerade einen Deal bei Pure Rock Records unterschrieben. Kann man da auf weitere Aktivitäten hoffen oder müssen die Fans wieder sieben Jahre auf ein neues Album warten?

Ehrliche Antwort: wir wissen es nicht. Klar können wir alle ohne Musik nicht, aber wie es weitergeht, wird auch davon abhängen, wie „Anywhere We Dare“ vom Publikum aufgenommen wird. Wenn es durch die Decke geht, wird der Weg anders ausschauen, als wenn es so dahintröpfelt. Grundsätzlich sieht die Vereinbarung mit Pure Rock Records mehrere Alben vor. Die ungünstigen Voraussetzungen, die zur letzten Verzögerung führten, wünsche ich mir nicht.

Welche Aktivitäten habt ihr in Hinblick auf Tour und Alben geplant?

Jetzt gibt´s erst mal den Live CD-Release Bash am 7. Oktober als Heimspiel im Salzburger Rockhouse, wo wir es so richtig krachen, blitzen und den Rauch aufgehen lassen werden und danach schauen wir mal. Es gibt einige konkrete Anfragen zu Supporttourneen, welche zu prüfen sind und wir arbeiten an Terminen für 2018. Die Albumfrage stellt sich heute noch nicht.

Ich habe gelesen, dass du mit Südtiroler Speck eine besondere Begegnung der dritten Art hattest! Was ist da passiert?

Oh ja, die Geschichte! Da hast aber brav recherchiert! Ich glaube es war 1991. Wir waren als Co-Headliner für ein Open-Air in Bozen gebucht und hatten zwischen Soundcheck und Show viel Zeit. So haben wir das übliche Catering sausen lassen und ein wenig die Gegend erkundet. In einem schnuckeligen kleinen Wirtshaus haben wir dann eine Art Speckjause bestellt und kräftig zugelangt, bis wir kleine krabbelnde Punkte darauf entdeckten. Etwas beunruhigt haben wir dann schleunigst versucht, unsere Mageninhalte wieder ans Tageslicht zu verfrachten. Danach haben wir teilweise ziemlich mitgenommen ausgesehen. Bleich und mit verquollenen Augen kamen wir zur Show, das wohl zu einigen Missverständnissen in Sachen vermeintlichem Drogenkonsum geführt hat. Anyway, Gig war dann hervorragend – also Südtiroler Speckjause – bestes Rock´n´Roll Doping!

Welche Art von Medium bevorzugst du? CD, LP, digitaler Download etc?

Eindeutig die LP! Alleine wegen der Artwork-Größe und Dynamik im Sound, sollte dann aber auch für Vinyl extra gemastert sein. CD ist halt praktisch. Download nur, wenn offiziell und korrekt abgerechnet wird! Sonst ist es einfach Diebstahl. Keep This In Mind, Folks!

Was war dein letztes Album, das du dir gekauft hast?

INGLORIOUS 2 und UNISONIC - Live At Wacken! Sorry zwei Alben, habe sie gleichzeitig gekauft!

Mit welcher Band würdest du gerne auftreten oder auf Tour gehen?

Oh da gibt´s viele, aber es sollte musikalisch und vor allem auch menschlich passen und natürlich realistisch sein. Hm, vielleicht GOTTHARD oder ACCEPT. Am lustigsten wären sicher THUNDER, ja diese Briten sind unschlagbar lustig!

SPEED LIMIT Foto: Bernhard Schösser

Was ist deine Meinung zu der Flut an Festivals, wie sie derzeit herrscht, wobei wieder viele abgesagt werden oder mit Rock oder Metal nichts mehr zu tun haben?

Ich bin immer wieder begeistert, wenn es mit der Festival-Community passt. Wenn´s friedlich abläuft und die Stimmung vielleicht alkoholgeschwängert, aber entspannt ist. Ich hab diese Erfahrung eher bei den reinen Rock- bzw. Metal Festivals erlebt. Also, dort, wo wir unter uns sind. Schwierig wird es meist, wenn eine allzu breite Schiene gefahren wird. Da geht es dann meist nur um das Kohle machen an sich und die Publikumsgruppen sind nur bedingt kompatibel.

Abschließend bitte ich dich, ein paar Worte an unsere Leser zu richten.

Liebe Stormbringer Community! Ich will Euch schlicht und einfach das neue Album „Anywhere We Dare“ von SPEED LIMIT ans Herz legen. Ist richtig klasse geworden. Kauft es, schenkt es euren FreundInnen, Müttern (eher unser Zielpublikum) und Großmüttern. Macht uns reich und berühmt! Ansonsten macht ihr Eure Sache eh ganz gut! Cheers!


Und: Danke Walter für die Interview-Einladung, die wohlüberlegten Fragen, ist ja heutzutage nicht selbstverständlich, und nicht zuletzt, dass du unser Album richtigerweise „bärenstark“ findest!


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