Interview: TINNITUX - Joe Yap, Sean Ng, Vaness Ching, Zhoong Min Kok

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Es geschah nachts bei gewöhnlichem Schlaf. Als eine Schlafparalyse einsetzte, ermöglichte dies irgendwie meinem Geist, sich von meinem Körper zu lösen. Mein Bewusstsein gelangte nach außen, in eine Welt, die sich von unserer unterschied.

Während andere grauen Einheitsbrei als Delikatesse verkaufen wollen, schüttelt euch Stormbringer gerne mal exotische Früchte aus dem Ärmel, direkt aufs Silbertablett! Lasst euch TINNITUX 耳鳴 schmecken! Das ist bester Stoner/Sludge/Doom aus Malaysia! (Wie immer mit kostenloser Hörprobe!)

Veröffentlicht am 23.09.2017

TINNITUX 耳鳴 rocken! Aber auch im Gespräch wissen sie mit Geschichten von übernatürlichen Erlebnissen und Informationen zu ihrem Heimatland Malaysia zu unterhalten. Eine junge, intelligente und begabte Band, die man als Musikfan langfristig im Auge und im Ohr behalten sollte! Heavy Psych Ahoi!


von links nach rechts: Joe Yap (Drums), Shinglee "Sean" Ng (Bass), Vaness Ching (Vocals), Zhoong Min Kok (Guitar, Vocals)


Hallo Leute! Bitte stellt euch unseren Lesern vor!

Joe: Hi! Wir sind TINNITUX (耳鳴) aus Kuala Lumpur, Malaysia. Wir spielen Heavy Psychedelic/Sludge. Unsere Band besteht aus Zhoong Min Kok an der Gitarre, Vaness Ching als Sängerin, Sean Ng am Bass und Joe Yap an den Drums.

Ihr habt vor ein paar Wochen ein wunderschön schweres und (im positiven Sinn) schleppend doomiges "As The Aether Burns" veröffentlicht. Welche Themen greift ihr in euren Texten auf?

Zhoong Min: Für unsere Texte bin hauptsächlich ich verantwortlich. Die Songs sind von sozialen Bewegungen und Politik in unserer Umgebung inspiriert und auch von der Malaysischen Geschichte. Wir sehen "Clockwise" als wichtigsten Song des Albums, da wir darin einen rassistischen Massenaufruhr der späten 60er Jahre in unserem Land thematisieren, welchen Regierung und gewisse Teile der Bevölkerung am liebsten vergessen möchten. Unserer Eltern haben damals sehr darunter gelitten, aber für uns sind es noch aktuelle Geschichten, die verschwiegen werden.
"The Phase", "Time River" und "Pieces" könnte man am ehesten als Zusammenfassung unserer persönlichen philosophischen Betrachtungen sehen. "The Phase" ist die Bemühung von Zhoong Min, ein besonderes Ereignis aus seinem Leben, nämlich das außerkörperliche Erlebnis, das er einmal machte, zu vermitteln. Er teilt uns seine Gefühle und das Gesehene mit.
"Time River" geht in Richtung Literarischer Ausdruck der Idee des Nihilismus, da uns die Zeit schließlich alles vergessen lassen wird.
"Pieces" basiert auf alter, östlicher Philosophie, welche von zwei gestrandeten Fischen, die sich gegenseitig helfen müssen, um die schlechten Bedingungen zu überwinden und wieder ins Wasser zu gelangen, erzählt. Wieder im Meer vergessen sie jedoch schließlich einander wieder.
Es gibt aber auch einen Coversong als Bonus auf unserem Album. Mit "Fox" zollen wir der malaysischen Nu Metal-Band MOXUAN aus den 90ern Tribut. Aber wir haben in unserer Interpretation die KORN-artige Aggression zurückgenommen und ihr einen dröhnenden Stoner Klang verpasst.

Gab es Komplikationen beim Aufnehmen von "Clockwise" oder besteht Gefahr für euch, wenn ihr das Lied öffentlich performt?

Sean: Wir können uns nie sicher sein, welche Reaktionen das Lied auslöst, aber wir gehen nicht davon aus, dass er Gefahr für uns bedeutet, da wir nur Erinnerungen wachhalten und nicht Personen oder Institutionen für die Vorfälle verantwortlich machen.

Von außerkörperlichen Erlebnissen hört man immer wieder. Oft wird dies belächelt, was es für Betroffene schwer macht, darüber zu sprechen. Würdest du uns ein bisschen mehr davon erzählen?

Zhoong Min: Es geschah nachts bei gewöhnlichem Schlaf. Als eine Schlafparalyse einsetzte, ermöglichte dies irgendwie meinem Geist, sich von meinem Körper zu lösen. Mein Bewusstsein gelangte nach außen, in eine Welt, die sich von unserer unterschied. Ich habe Menschen um mich herum gesehen, aber manchmal war ich ganz allein. Ich sehe es als eine Art Projektion meiner verborgenen Intuition - als Reise. Dieser Traum hat mich halluziniert [sic], aber ich war wach, um all das wirklich zu erleben. Dieses Erlebnis dient mir als Inspiration, es lässt mich einkehren, loslassen und entspannen, aber manchmal bekomme ich auch ein unheimliches Gefühl.
Im Internet habe ich Informationen über Intuition und die Verbindung zum mystischen Bewusstsein erhalten. Man könnte sagen, ich hätte einen Traum gehabt. Aber das kann für jeden etwas anderes bedeuten.

Müssen wir den Tod demnach überhaupt fürchten?

Zhoong Min: Ja, vielleicht. Wir sind übrigens keine Nihilisten. Wir sorgen uns um unser Leben, es geht uns um die Personen, die wir lieben und wir kümmern uns um die Menschen, die uns lieben.

Warst du vor dieser Erfahrung ein spiritueller Mensch?

Zhoong Min: Ich habe nie einen Lehrer oder Guru zurate gezogen, der mir zur Erleuchtung verholfen hätte, aber wenn du Namen verlangst, Chuang Tzu (莊子) ist der erste, der mich beeindruckte. Und dann gab es noch einiges an New Age Ideen von Krishnamurti, Osho, Don Juan, Robert Monroe, Seth… etc, aber manche von ihnen sind echt Bullshit. (Lacht)

Wie hat das alles deine Sicht auf die materielle Welt verändert?

Zhoong Min: Ich wurde Agnostiker. Nach vielen Erfahrungen empfand ich, dass ich viel zu wenig wusste. Ich begann mehr Philosophisches zu lesen und mich mehr mit Chuang Tzu and Lao Tzu zu beschäftigen. Ich will alles bewusster erleben, besonders wenn wir Musik spielen. Ich denke, dass jeder frei sein kann, wenn er lernt, sein Bewusstsein zu kontrollieren. Möglicherweise sind nicht wir selbst es, die die Kontrolle haben? Steckt vielleicht ein Geheimnis dahinter? Oder ist all das einfach überhaupt nichts?

Wie lange war der gesamte Entstehungsprozess von "As The Aether Burns"?

Joe: Schwer zu sagen, wie viel Zeit es von der ersten Idee bis zum Abschluss benötigt hat, aber wir haben TINNITUX etwa 2009 gegründet, was etwa ein Jahr gedauert hat. Es geschah viel in diesem Zeitraum, aber wir brauchten nur fünf Tage, um das Album zu beenden. Der Sound Engineer verschwand jedoch danach und tauchte erst nach ein paar Monaten wieder auf. Dasselbe geschah dann während des Abmischens. Und yeah, wir haben mehr Zeit damit vergeudet ihn zu finden, als wir für die gesamte Produktion gebraucht haben. Das fertige Album ist nach etwas länger als einem Jahr endlich hier.

Was sind eure musikalischen Einflüsse?

Sean: ACID KING, SLEEP, BLACK SABBATH, PINK FLOYD, PRIMUS, BORIS, CHURCH OF MISERY etc...

Hattet ihr klassischen Gesangsunterricht?

Vaness: Nein, kein Privatunterricht, aber ich war sechs Jahre Teil eines Schulchors, wo ich meine Anfänge nahm. Später war ich selbst für alles andere verantwortlich.

Wie schwer hat es eine Band in Kuala Lumpur?

Vaness: Inzwischen haben es Bands in Malaysia leichter als früher, Alben zu produzieren. Es gibt qualitativ hochwertiges Equipment, fähige Techniker und Clubs, in denen man auftreten kann. Es ist nicht so schwierig, Shows zu organisieren, aber ein Publikum in Kuala Lumpur für weniger bekannte Genres zu gewinnen ist schon härter.

Malaysia wird als Schwellenland eingestuft (Ein wirtschaftsschwaches Land mit beginnender Industrialisierung - Anm. d. A.), über das viele nicht viel wissen. Wie leben die Leute da?

Joe: Es gibt Andersdenkende, aber wir Malaysier sehen uns nicht als Rasse. Verschiedene Sprachen und Traditionen sind unsere Barriere. Heute noch haben wir Probleme mit Rassenunruhen und Benachteiligung bestimmter malaysischer Bürger. Aber was die Musik hier betrifft, es ist nicht möglich davon zu leben, wenn man kein populäres Genre bedient. Wir haben unsere Jobs, aber wenn der Tag vorbei ist, treffen wir uns, tauschen unsere Musik-Ideen aus, spielen Gigs oder gucken Game of Thrones.

Zum internen Ablauf: Wonach entscheidet ihr, welche Songs sich besser für Zhoong Min oder Vaness eignen?

Sean: Wir begannen mit drei Bandmitgliedern. Damals war Zhoong Min für Gitarre und Gesang verantwortlich, aber das ist auch anstrengend. Wir haben dieses Problem elegant gelöst, indem wir Vaness für TINNITUX gewinnen konnten, welche auch auf WITCH MOUNTAIN, ACID KING, BLUES PILL, ROYAL THUNDER und ELECTRIC CITIZEN und so weiter steht.

Was wollt ihr mit eurer Musik erreichen? Was ist euch wichtig?

Sean: Wir wollen uns "the region/spiritual realm" annähern. ACID KING verhalfen uns dazu, näher an diesen Zustand zu kommen, da sie die Grenzen erreichten. Sie spielen simpel, aber wir waren von ihrer Musik überwältigt. Bands wie SUNN O))) und EARTH sind auch ein großer Einfluss. Im Verhältnis zu ihnen leben wir ein ganz anderes Leben. Wir sind auf der Suche nach neuen Ideen, durch die wir uns weiterentwickeln - damit unsere Musik besser wird. Und wir brauchen ein größeres Publikum. Wir wollen die Freiheit haben, unsere Musik uneingeschränkt zu spielen.

Es laufen momentan Umstrukturierungen innerhalb der Band, ist das richtig?

Joe: Yeah, die Band verliert mit meinem Umzug nach England im September ihren Drummer. TINNITUX wird eine kurze Pause machen und sich dann auf die Suche nach einem Ersatz für mich machen müssen, um das nächste Level zu erreichen.

Könnt ihr uns weitere Bands aus Malaysia empfehlen?

Zhoong Min: Es gibt viele tolle Indie-Bands aus unserem schönen Heimatland. Für Stoner/Sludge/Doom-Fans: SPEED WITCHES, ZIP ZIELLER, BOHR, ELECTRIC FUNERAL, WICKED GYPSY. Aus anderen Genres: ON A TRIP, MUTESITE, SKITS, FAZZ, LOCH, COMA33 oder KOKKAMANGO.

Auf was können wir uns in Zukunft freuen?

Vaness: Da sind wir uns noch nicht ganz sicher. Wir müssen uns neu arrangieren und einen Drummer finden. Hoffentlich haben wir dann den Hörern etwas Erfrischenden zu bieten.

Vielen Dank! Das neue Zeug wird definitiv abgecheckt! STORMBRINGER wird darüber berichten. Wir wünschen euch viel Erfolg!


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