Interview: METALL - Sven Rappoldt

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Wir waren einfach nur noch kopflos, daher die Namensänderung.

1982 in der DDR gegründet, erschien heuer das Debütalbum der wiedervereinten Combo. Originalmitglied Sven Rappoldt sinniert für uns über Vergangenheit und Gegenwart...

Veröffentlicht am 29.07.2017

METALL zählten in der DDR zu den bekanntesten heimischen Metalbands. Trotz vereinzelter veröffentlchter Lieder - zu einem Debütalbum der Band ist es damals nicht gekommen, das erschien erst jetzt unter dem Namen "Metal Heads (Review)", mit neuen Songs und größtenteils neuer Besetzung. Songwriter und Bassist der ersten Stunde Sven Rappoldt erinnert sich zurück, ist aber mit der gegenwärtigen Situation der Band sehr zufrieden. 

 

Ihr wolltet Anfang der 90er Jahre (unter dem Namen HEADLESS) ein Debütalbum aufnehmen. Dazu kam es aber nicht mehr. Wieso?
1991 hatten wir 14 Tracks, wovon die sechs für das Album angedacht waren, zusammen mit den ersten zwei englischen Titeln ("Metal For You" und "Heart Of Steel"). Leider gab es schon das Problem der Pleite Amigas sowie die Auflösung der Jugendeinrichtungen und privaten Gaststätten. Wir konnten ab 1987 von der Musik gut leben (Profi-Ausweis), spielten etwa 15 bis 20 Shows im Monat, hatten alle einen Teilzeitjob, aber ohne Konzerteinrichtungen war jeder gezwungen, sich einen Vollzeitjob zu suchen. Ab dem Augenblick war auch die Band HEADLESS beerdigt, denn man merkte gleich, die Zeiten haben sich geändert, und im Proberaum kam es nicht mehr zur weiteren Entwicklung. Fünf Musiker, zwei kamen pünktlich, drei mussten früher gehen und somit war nur noch die Auflösung angesagt.

Was hast du seit der Auflösung der Band getan und wie kam es zur Neugründung von METALL?
Bis 2013 habe ich nur noch als Konzertveranstalter und Promoter gearbeitet, und durch Marko Thäle habe ich wieder angefangen. Marko kannte ich schon aus DDR-Zeiten unter Kollegen, aber musikalisch hatten wir nie was miteinander zu tun. Aber das ist es wahrscheinlich, denn Marko hatte nach der Wende noch seine Höhepunkte bei POSTMORTEM und jetzt haben wir alten beiden Recken wieder Spaß daran, etwas Neues unter dem alten Namen zu machen.
Ich habe in der Vergangenheit nach Bedarf mal den Bass in die Hand genommen. Aber wenn kein Ziel ist, hat man auch keinen Willen, mehr zu machen als man muss. Meine Ex-Kollegen haben sich leider alle aus dem Musikgeschäft komplett zurück gezogen (Job, Familie, Gesundheit) und die angedachte Reunion 2005 war somit geplatzt. Der einzige Kollege ist mein Ex-Sänger Thomas Post, mit dem ich auch noch privaten Kontakt habe, und er hat auch die Bühnenpräsenz bei unserer Live-Releaseparty mit Erfolg genossen.

Wie ist es 35 Jahre nach der Gründung der Band das Debütalbum in der Hand zu halten?
Bei unserem Debütalbum ist nur noch der Titel "Metal Heads" von den ehemaligen METALL-Demos übrig geblieben, alle anderen sieben Tracks wurden neu von Molly und mir geschrieben. Als ich wieder mit der Musik anfing, dachte ich, na ab und zu mal spielen. Jetzt ist es durch den Spaß und das gute Klima in der Band, und dem daraus resultierenden Erfolg mit dem Debüt-Album, wieder ein Ganztagsjob geworden. Vor der Veröffentlichung des Albums durften wir spielen, jetzt rufen auch mal Veranstalter uns an um uns zu buchen, also wieder nichts falsch gemacht.

Soundmäßig scheint ihr einen Wandel vollzogen zu haben, denn die aktuellen METALL klingen nicht mehr wie die Band, die Songs wie "Vulcane Der Erde", "Easy Rider" oder "Eisenhart" gespielt hat.
Ich hatte schon immer einen Tick, abwechslungsreiche Titel zu schreiben, um nicht unbedingt in eine Schublade zu passen. Persönlich stehe ich auf Alben, wo man zehn Tracks hört, aus dem Auto steigt, und davon mindestens noch drei im Kopf behält.

Wer sind deine Vorbilder, die dich am meisten beeinflusst haben?
Wir spielten alle vor der Gründung in Schüler-Bands, und inspiriert durch die Glamrock-Zeit gründete ich 1981 METALL. Suzi Quatro hatte es mir angetan in der TV-Sendung "Disco", die Frau mit 1,51 Metern und dem großen Bass. Im Übrigen habe ich Sie gerade am letzten Wochenende beim "Jamboree" gesehen, und ich muss sagen, dass Sie mit Ihren 67 Jahren immer noch gut drauf ist.
Dann ging es mit der DEEP PURPLE- und SAXON-Ära los. Jetzt, im Jahre 2017, haben sich die Zeiten der ehemaligen Vorbilder geändert, und selbst geht es mehr in die Richtung OVERKILL und ANTHRAX.

Ende der 80er Jahre hattet ihr euch in HEADLESS umbenannt. Was war der Anlass?
Der Name HEADLESS entstand aus der damaligen Situation, etwa im August 1989, nachdem wir mitbekommen hatten, dass mehrere Kollegen, Freunde und Familienmitglieder die DDR verlassen hatten. Der einzige Vorteil war, wir durften auf einmal englische Texte machen, die Zensur der Texte fiel weg, was bis 1988 gar nicht denkbar war. Wir waren einfach nur noch kopflos, daher die Namensänderung. Auch Musikalisch ging es mehr in die Richtung des Amerikanischen Power Metals, was auch nicht schlecht war, aber es wurde zu der Zeit mehr durch unsere damaligen Gitarristen geprägt, mein Fall war es nicht hundertprozentig.
Acht Tage vor dem Mauerfall kam der Sampler "Speed Up" raus, und wir hatten eine Videoproduktion beim damaligen "Jugend Fernsehen 1199", wo wir noch Werbung für unser Album machten, das bei der Amiga erscheinen sollte, denn das gesamte Album war eingespielt, gemastert, und beim Label eingereicht worden. Was natürlich keiner ahnte war, dass acht Tage später die Mauer fiel, und somit unser Label Amiga uns erst einmal damit vertröstete: "Der Sampler ist erst mal draußen, lasst uns dann drei Monate später das Album rausbringen". Der Sampler erschien schon zu der Zeit nicht mehr bei Amiga, sondern bei der Tochterfirma Label Z. Auf Grund dessen, dass unsere Fans natürlich international ausgehungert waren, und somit erst einmal Ihre Vorbilder kauften, machten beide Labels Pleite. 2005 kam auf einmal die Nostalgiewelle, und der Sampler, sowie weitere Sampler - etwa "The Best Of GDR" und weitere verkauften sich plötzlich wieder.
Leider hatte der Verkauf einen schlechten Nachgeschmack, unsere Masterbänder wurden bei der Auflösung des DDR Rundfunks gestohlen und von kleinen Firmen vermarktet. Jetzt liegen die Rechte bei Sony Music, mit der Begründung, die DDR ist pleite gegangen und somit sind auch die Künstlerrechte entzogen.

Wusstet ihr schon als ihr die Band neu gegründet habt, dass es musikalisch in eine etwas andere, härtere Richtung gehen sollte? Wenn ja, warum schien es dennoch Sinn zu machen, die Band wieder METALL zu nennen?
Der Name HEADLESS kam mehr von meinen Ex-Mitgliedern, und warum sollte ich einen neuen Namen nehmen, wenn der Name METALL noch heute bei vielen Fans bekannt ist. Weiterhin haben wir es auch geschafft in Westdeutschland neue Fans zu gewinnen, also wieder nichts falsch gemacht. Auch durch unsere jüngeren Musiker sind unsere neuen Titel härter geworden, und unser Publikum ist schön gemischt von 18 bis 60 Jahren.
Da wir sehr demokratisch unsere Titel komponieren, und jetzt seit acht Wochen einen zweiten Gitarristen (Spezi) haben, liegen wir musikalisch auf einer Welle, was früher nicht immer der Fall war. Gerade in der neuen Besetzung und den vielen Banderfahrungen der Mitglieder stehen alle auf die Titel und mit hundert Prozent hinter den Kompositionen.

Von Amiga gab es auch Lizenzplatten diverser internationaler Stars, von AC/DC bis VAN HALEN. Wie leicht oder schwierig war es damals an Heavy Metal LPs oder MCs zu kommen?
In den DDR Zeiten gab es nur die Möglichkeit nachts heimlich Westradio zu hören, oder samstags "Hard N Heavy" mit Mathias Hopke bei DT 64. Man nahm alles mit einem Kassettenrecorder auf und versuchte mit selbst gelöteten Kabeln von seinen Kumpels vom Recorder auf Tonbänder zu überspielen.
Dann kam der große Tag, wo "Rock Pop in Concert" gezeigt wurde [aufgenommen in Dortmund 1983, u.a. mit JUDAS PRIEST, DEF LEPPARD und IRON MAIDEN; Anm.] und ich das Glück hatte, dass meine Eltern nicht zuhause waren und wir uns mit 17 Kumpels im Wohnzimmer auf 22 Quadratmetern die gesamte Show reinzogen. Ab dem Tag war es klar, in diese Richtung (JUDAS PRIEST) muss es gehen.

Punk- und Metalbands hatten es in der DDR gemeinhin nicht leicht und auch in diversen Dokumentationen über DDR-Musik wird der Heavy Metal meist ausgeklammert. Wie war die Metalszene in der DDR?
In der DDR Zeit gab es eine sehr große Szene für uns alle die dem Heavy Metal verschworen waren, denn wir waren für alle Fans der Ersatz für die großen internationalen Bands. Man musste mindestens 60 Prozent covern und dann gute eigene Titel schreiben, um mit den restlichen 40 Prozent bei den Fans anzukommen.
Bands wie etwa BLACK OUT waren eher auf der SLAYER-Schiene, BEAST klangen wie ACCEPT, FORMEL 1 wie IRON MAIDEN und wir wie JUDAS PRIEST. BLACK OUT konnten noch nach Besetzungs- und Namenswechsel in DEPRESSIVE AGE zwei erfolgreiche Scheiben machen, aber als sie sich dem Grunge verschrieben, war, durch das damalige Label Drakkar Promotion und die Fans, das Ende selbst verschuldet.
Mit MERLIN, HARDHOLZ, REGENBOGEN, FORMEL 1, BABYLON , MCB war man befreundet, da jeder von jedem abhängig war. Unsere PA- und Lichtanlagen waren alle nachgebaut, sehr sperrig und mit dem Transport gab es auch immer Probleme. So tauschte man Backline, PA, Licht und Transporter und sogar die Techniker zwischen den Bands aus.
Zu den alten Bands, außer HARDHOLZ haben wir keinen Kontakt mehr, aber das hängt damit zusammen, dass zum Beispiel MCB ohne Basti [Sänger und Gitarrist Sebastian Baur; Anm.], kein MCB mehr ist, und leider habe ich von Veranstaltern und Fans nichts Gutes hört.
In DDR Zeiten gab es auch schon Indoor-Festivals, und somit traf man sich öfters. Oder wenn man in Thüringen unterwegs war, war es schon normal, dass man mit HARDHOLZ auf einer Bühne stand. Alkohol hatte eine große Rolle gespielt, und man musste verdammt aufpassen sich nicht irgendwann in einem Graben auf der Autobahn wieder zu finden. Ich glaube es war eine Ersatzdroge, um die vielen Probleme herunterzuspielen und zu verdrängen.
Um in DDR-Zeiten in ein Studio zu kommen, war es nicht anders als jetzt. Natürlich arbeitet es sich besser mit Musikern, mit denen man sich über Takte und Punktierungen unterhalten kann, als mit den meisten Autodidakten. Es gibt natürlich Ausnahmen, aber es geht mit einer Ausbildung alles schneller beim Komponieren. Wir waren alle in den DDR-Zeiten entweder in der Musikschule, oder man nahm eben Privatunterricht.

Wie ist die Zusammenarbeit mit Iron Shield Records?
Da ich schon lange im Konzertgeschäft bin, habe ich schnell mitbekommen, wie viele Bands ständig das Label wechseln und das hat natürlich meist negative Gründe, denen wollten wir von Anfang an aus dem Weg gehen und man muss auch realistisch bleiben.
Mit Ducks [Thomas Kalläne; Anm.] Label Iron Shield hatten Marko und Molly schon bei anderen Bands ihre Erfahrungen gemacht und wir wollten auch einen Metal-Typen, der hinter uns steht und das war auch die richtige Wahl. Was nützt ein Label mit Azubis als Mitarbeiter für sechs Wochen, wenn wichtige Sachen besprochen werden müssen und irgendwann der Chef dich zurückruft und die Missstände auf den Azubi abgeschoben werden. Duck macht hervorragende Arbeit bei der Promotion und seiner Zusammenarbeit mit Pure Steel Promotion, die wir ohne ihn nie erreicht hätten, da wo wir jetzt stehen. Es gibt viele Bands, die ihr eigenes Label machen, aber am Ende sitzen sie meistens auf ihrer Scheibe, da keine Promotion weltweit gemacht werden konnte und der Vertrieb stockt.

Du besitzt ein Lokal, die Halford Metal Bar in Berlin, wann hast du es gegründet und wie kam die Idee dazu?
Ja, das Halford gibt es jetzt schon 25 Jahre, was aber auch nicht immer leicht war, da es ständig Ärger mit Vermietern wegen Lärmbelästigung, falsche Baugenehmigungen und Veränderung der einzelnen Musikstile im Heavy Metal gab. Da ich mit METALL voll ausgelastet bin, machen wir im HALFORD ab und zu kleine Konzerte, aber meistens Unplugged.

Abschließend, was steht für METALL 2017 noch auf dem Programm?
Unsere Tourtermine werden wöchentlich aktualisiert, da immer noch was dazu kommt [www.metall-heavyband.de].
Im November gehen unsere Gitarristen wieder ins Studio um den Nachfolger von "Metal Heads" einzuspielen. Veröffentlichung ist geplant für März 2018. Nachdem wir in neuer Besetzung schon vier Jahre lang viel unterwegs und auf Tour waren, und in der Setlist "Easy Rider" und "Metal For You" haben, kommen auf den Nachfolger drei Bonus-Tracks mit rauf im neuen Soundgewand, da es gerade in Ostdeutschland noch immer die Nachfrage gibt und es immer wieder schön ist, alte Fans zu sehen, wie sie bei den beiden Songs in Nostalgie verfallen. Ich freue mich immer wieder, wenn Fans mir im Internet alte Demos zusenden oder auf den Konzerten einen Stick und Bilder in die Hand drücken.
Da ich fast alle METALL-Titel geschrieben habe, befinden sich fast alle Tracks auch bei mir in der Schublade, um sie nach und nach aufzuarbeiten.


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