Interview: WARBRINGER - John Kevill

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Normaler Thrash Metal ist wie der normale T- Rex. Wir sind der Super Predator T-Rex!

WARBRINGER Shouter John Kevill spricht nicht nur gern über Musik.

Veröffentlicht am 05.05.2017

Im Zuge der HAVOK/WARBRINGER/GOROD/EXMORTUS-Tour hatte ich in Laibach die Gelegenheit, mit dem WARBRINGER-Shouter an der Theke der Orto Bar ein wenig zu plauschen.

Hallo John, erstmal Danke das du dir die Zeit nimmst, ein paar Fragen für Stormbringer.at zu beantworten. Wie läuft die Tour soweit?

Die Tour läuft bis jetzt gut. Ich bin schon ein wenig müde, aber ich freue mich auf den Rest der noch anstehenden Shows. Es ist die erste längere Tour seit knapp einem Jahr. Es macht mir echt Spaß.

Gibt es einen Unterschied zwischen dem europäischen Publikum und dem amerikanischen?

Das ist eine oft gestellte Frage, das Publikum unterscheidet sich in schon in Europa. In Slowenien reagieren die Fans anders als zum Beispiel in Spanien. In Amerika gibt's mehr Moshing und in Europa stehen die Leute mehr auf das "Hey, Hey!" Ding. Also mache ich in Europa mehr das "Hey, Hey!" Ding. Die Fans brauchen das hier anscheinend am Anfang, um sich dann im Moshing zu verlieren (lacht). Der wirkliche Unterschied besteht im Ablauf der Tour, also wie man von Ort zu Ort kommt und wie man an den Auftrittsorten behandelt wird. Im Grunde ist es in Europa einfacher zu touren als in den USA. Abgesehen von der Sprachbarriere, aber das ist zweitrangig. Musik ist eine universelle Sprache.

Die Tour läuft im Zuge der Veröffentlichung von "Woe To The Vanquished".

(lacht) Ich bin echt stolz auf diese Platte, sie repräsentiert alle Stärken der Band.

Jenseits der Musik sind deine Texte auf "Woe To The Vanquished" stark. Da ich mich selbst für Geschichte interessiere, habe ich sie mir genauer zu Gemüte geführt.

Ja, die Texte wie zum Beispiel "Shellfire" oder "When The Guns Fell Silent" haben viel mit meinem Geschichtsstudium zu tun, dem ich seit der letzten Platte nachgehe. Sie behandeln Themen aus dem Ersten Weltkrieg. Vieles ist ja gleich hier in der Nähe passiert. Es ist verrückt, wie ganze Abschnitte von Eurpoa zu riesigen Schlachtfeldern wurden. Stell dir das größte Konzert vor, auf dem du je warst. Kein Vergleich zu den zwölf Isonzo Schlachten. (Anmerkung: Laibach liegt vielleicht 60 Kilometer Luftlinie von diesen Orten entfernt.) Eine Idee der Platte, besonders bei "When The Guns Fell Silent" war, die Entbehrungen der Menschen und der Soldaten, die einen anoymen Tod gestorben sind und einfach vergessen worden sind. Die Welt hat sich weiter gedreht und keiner kümmert sich mehr darum, was diese Menschen durchstehen mussten. Heute gibt es, besonders in den USA, wieder diese Kultur von "Ich weiß nicht, ich will es nicht wissen, es kümmert mich nicht, wenn es nicht mich betrifft". Das ist traurig und diese Traurigkeit versuche ich in Songs wie zum Beispiel "When The Guns Fell Silent" wiederzugeben. Die Welt von heute ist auf Generationen gebaut, die vor uns gelebt haben und keinen interessierts mehr.

In Europa geht es auch schön langsam in diese Richtung mit der um sich greifenden Ignoranz.

Und mit dieser Ignoranz in den USA kommt dieser neue, "auf die Brust schlagende" Nationalismus. (Steht auf und trommelt sich auf die Brust). Es frustriert einen zu sehen, wie sich die Welt in Richtung Katastrophe bewegt. Das Schicksal der Welt ist abwendbar, nur dass nichts unternommen wird dieses Schicksal abzuwenden, ist traurig und frustrierend.

Kann es sein dass diverse Generationen den Geschichtsunterricht verschlafen haben?

Ähnlich wie die Europäer um die Zeit von 1914. Typen wie Conrad von Hötzendorf (siehe Wikipedia, falls Interesse besteht) forderten die Invasion von Serbien dreizehnmal. Solche Leute bestehen darauf, ihre nationalistischen Muskeln spielen zu lassen. In der Art "Wir sind die Stärksten", "Wir zuerst". All diese Menschen hatten bis 1914 keinen großen Krieg zu kämpfen. Heute haben wir eine ähnliche Situation. Vor zwei Tagen flogen Russische Bomber über der Küste von Alaska. Wirklich beängstigend. Der Eröffnungstrack der aktuellen Scheibe handelt davon, was passieren könnte. Vor hundert Jahren, vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges, wußten die Menschen nichts von den Auswirkungen neuer Waffenarten. Das ist jetzt hundert Jahre her. Ich denke Menschen oder Regierungen die heute Kriegshetze betreiben sind absolut fehlgeleitet. Sollte es wieder in so einem Ausmaß zum Krieg kommen, wäre dies das Ende von allem. Das ist jetzt keine Fantasie oder eine aufpolierte Geschichte, sondern die Welt in der wir leben. Das lustige daran ist, die weit verbreitete Angst im damaligen Kalten Krieg. Heute scheinen die Menschen alles vergessen zu haben. So als ob die Nuklearen Sprengköpfe irgendwohin verschwunden sind. Das Geld das heute noch für Rüstungsprogramme ausgeben wird, könnte immer noch den Hunger in der Welt und die Armut besiegen. Dwight Eisenhower sagte mal, ich versuche ihn zu zitieren: "Jede Patrone, jede Bombe, jedes Flugzeug das gebaut wird, ist ein Diebstahl an jedem der kein Dach über den Kopf hat und nicht satt wird." So schreiben wir unsere Songs, sie behandeln diese tragische Ironie. Bitter und wütend. Meine Sicht auf die Menschheit ist eher pessimistisch.

Du wirkst auf mich aber entspannt und interessiert an Historie, vielleicht wütend auf die derzeitige Weltlage.

Ich glaube das ist dieses fundamentale Ding, das Heavy Metal und im besondern Thrash Metal ausdrückt: Die Wut wie es in der Welt zugeht. Zur Zeit führe ich ein gutes Leben, ich mache Dinge die mir gefallen. Ich komme rum und spiele meine Songs (lacht). Ich bin glücklich, aber es gibt Dinge auf dieser Welt die mich wirklich wütend machen. Weißt du, meine Verlobte will Kinder mit mir haben und ich frage mich, ob es wirklich noch richtig ist Kinder in die Welt zu setzen. Es ist traurig sich selbst solche Fragen zu stellen. Trotz des Reichtums meines Landes, geht es meiner Generation nicht mehr so gut wie zum Beispiel den ein oder zwei Generationen zuvor.

Der Reichtum einer Minderheit.

Ja, auf diese Weise wiederholen wir die Fehler die zu Anfang des Industriezeitalters gemacht wurden. Obwohl wir diese Fehler beheben konnten, haben wir sie mittlerweile wieder ins Gegenteil verkehrt. Das ist blöd.

Wenn man die Masse dumm hält, haben es Firmen leichter, sie auszubeuten.

Genau, es ist seltsam was Gier und der Wille zur Macht ausrichten können.

Kain und Abel, Romulus und Remus immer die gleiche Geschichte.

Das ist lustig, das du Rom einbringst, denn im Titelsong "Woe to the Vanquished" geht es um diesen "Dämon" der in uns haust.

"Ich bin überlegen also erschlage ich dich."

Exakt, es geht zurück bis zu den Anfängen der Zivilisation. Deshalb gibt es bei "Silhouettes" auch keine positive Vorhersage. Es wird nicht gut ausgehen. Obwohl wir wissen wie es ausgeht, wir tun nichts dagegen. Im Gegenteil.

Wenn Erziehung und Sozialisierung wegfällt, bricht der Dämon aus?

Ja, das kann wohl sein. Man muss sich selbst bewußt werden, gegen diese Viehische Natur die unter der Oberfläche des Bewußtseins lauert. Bewußte Schritte um sich nicht in ein Vieh zu verwandeln in einer zivilisierten Welt. Das einzige Mal wo ich mich wie ein Tier aufführe ist auf der Bühne. (lacht)

Zurück zur Musik!

Gute Idee! (lacht) Ich schaffe es jedes Mal, mich in Geschichte und Philosophie zu verheddern. Lass mich diesen Teil abschließen indem ich folgendes sage: Wer auch immer zuhört, sollte sich Gedanken machen. Wenn du es nicht tust, suchst du es dir aus gewollt dumm zu bleiben. Intelligenz ist nichts mit dem man geboren wird. Geboren wird man mit Fragen auf die man Antworten suchen sollte. Wenn du nach Antworten auf deine Fragen suchst bist du intelligent. Du sollst Fragen stellen und du sollst Antworten darauf finden. Und du solltest fähig sein deine Anischten zu ändern, wenn du falsch liegst.

Gut gebrüllt Löwe, aber jetzt echt zurück zur Musik. Wo liegen deine Einflüsse?

Kurz gesagt Heavy Metal. Alles davon. WARBRINGER ist von den härteren, ruppigeren Thrashbands beeinflusst. Viele Leute meinen, wir haben viele Einflüsse aus der Bay Area in unserem Sound. Das stimmt eigentlich nur zu einem gewisseen Teil, denn wir sind eher auf der Death/Thrash-Seite unterwegs. DEMOLITION HAMMER sind ein großer Einfluss aber auch alte SEPULTURA. Ein bisschen klassischer Florida Death Metal, klassischer DeathMetal aus Schweden und früher Black Metal. Wir versuchen hyperaggressiven Thrash Metal zu erschaffen. So wie im neuen Jurassic Park Streifen, wo es diesen Super Predator T-Rex gibt. Mit der DNA aus allen Kreaturen. So in etwa versuchen wir es. Normaler Thrash Metal ist so wie der normale T-Rex. Wir sind der Super Predator T-Rex. Thrash Metal ist nicht so ein enges Genre, wie die Leute immer behaupten. Vergleich einfach "Kill 'em All" mit "Punishment of Decadence". Gibt es da irgendwelche Ähnlichkeiten? Nicht wirklich. Nimm "Pleasure to Kill", "By Inheritance" oder "Rust in Peace", ein geübter Hörer erkennt die Unterschiede nach ein paar Sekunden. Die großen Stärke des Thrash ist, das es sich die Grenzen mit anderen Spielarten des Heavy Metal teilt. Außer vielleicht Doom, aber da hast du wieder die Breaks und langsamen Mittelteile. Das Großartige am Thrash ist es, dass du das Agrressionslevel und die Energie von Punk und Hardcore mit Anspruch verbinden kannst. Es geht um Speed, Aggression, Riffs, Riffs, Riffs! Ich will Musik hören, die komponiert und kompliziert ist. Auf jeder unserer Platten ist der Anspruch höher gut komponierte Musik abzuliefern. Komplex aber catchy.

John, ich danke für dieses Gespräch.

Ich habe zu danken, es war mir eine Freude!

 


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